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Venezianische Verlobung

Venezianische Verlobung

Titel: Venezianische Verlobung
Autoren: Nicolas Remin
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haben auch Beust erpresst? Wie Gutiérrez?»
    «Vermutlich. Aber es scheint der Liebe des Kapitänleutnants keinen Abbruch getan zu haben. Als Anna Slataper  aber den Erzherzog kennen lernte, brach sie den Kontakt mit Beust ab. Sie weigerte sich, ihn zu sehen.»
    «Deshalb die Briefe.»
    Tron nickte. «Jedenfalls teilte ihr Beust Ende Juli mit, dass er im Besitz von Photographien sei, die sie zusammen mit Maximilian zeigten – Photographien, die er offenbar Pucci abgekauft hatte. Immerhin konnte er sich denken, dass Anna Slataper und Pucci auch versuchen würden, Maximilian zu erpressen.» Tron nahm einen der Briefe und  klatschte ihn auf den Tisch. «In diesem Brief fordert er sie auf, sich von Maximilian zu trennen. Andernfalls würde er die Photographien an die Kirche verkaufen. Als er dann von Pucci erfuhr, dass Anna Slataper beschlossen hatte, Maximilian alles zu beichten …»

    «Brachte er sie um», ergänzte Bossi den Satz. «Weil er  sonst erledigt gewesen wäre.»
    Tron nickte. «Aber auch aus enttäuschter Liebe.» Er  überlegte einen Moment. «Wie dieser José die Zigeunerin in der Novelle von, äh …» Er runzelte die Stirn.
    «Mérimée», sagte die Principessa, ohne aufzusehen. Sie  zündete sich eine Zigarette an. «Prosper Mérimée. Er hat am Hof Napoleons verkehrt. Wir sind uns dort hin und wieder begegnet.»
    Am Hof Napoleons! Bossi warf einen weiteren Blick scheuer Bewunderung auf die Principessa.
    «Und anschließend tötete er Pucci», fuhr Tron fort.
    «Denn Pucci wusste, dass es Beust gewesen war, der Anna Slataper ermordet hatte.»
    «Wieso hat er Pucci nicht einfach in der nächsten dunklen Ecke erschossen?»
    «Wegen Maximilian», sagte Tron. «Beusts Briefe triefen vor Hass auf den Erzherzog. Auf diese Weise konnte er den Erzherzog in Furcht und Schrecken versetzen, sich der restlichen Photographien bemächtigen und zugleich das Geld kassieren.»
    «Also hat Beust Pucci dazu angestiftet, den Erzherzog zu erpressen», stellte Bossi fest.
    Tron senkte zustimmend den Kopf. «Beust muss über alle Einzelheiten des Plans informiert gewesen sein. Sonst hätte er Pucci und mir nicht auflauern können.»
    «Und Calderón?» Bossi strich mit der Hand über sein  Notizbuch. «Warum hat er uns nie von seiner Verbindung  zu Pucci in Kenntnis gesetzt?»
    Die Principessa sah Bossi an. «Vielleicht weil Pater Calderón selbst an den Photographien interessiert war.»
    Bossi stellte die Frage, die auf der Hand lag. «Ob er  wusste, dass Pucci und Beust sich kannten?»

    Tron nickte. «Es würde erklären, dass Pater Calderón die Botschaft an der Wand sofort auf Beust bezogen hat. Mehr konnte er nicht sagen, ohne die Bekanntschaft mit Pucci zuzugeben.»
    Bossi runzelte die Stirn.
    «Warum hat Pucci seine Nachricht überhaupt verschlüsselt? Warum hat er nicht einfach Beusts Namen an die  Wand geschrieben?»
    «Weil Beust seinen Namen dann abgewischt hätte», er widerte die Principessa. «Es durfte nicht auf den ersten Blick erkennbar sein, dass es sich um Schriftzeichen handelte.»
    «Bleibt nur noch der Mord an Gutiérrez», sagte Bossi.
    «Was für einen Grund hatte Beust, den Botschafter zu erschießen?»
    «Beust hat den Botschafter aus zwei Gründen erschossen», sagte Tron. «Vermutlich hat er erfahren, dass Anna Slataper ein Verhältnis mit Gutiérrez hatte. Und hat ihn dafür gehasst. Zum Zweiten konnte Beust damit den Verdacht ein weiteres Mal auf Calderón lenken. Der Mord an Gutiérrez sollte den Eindruck verstärken, dass es sich bei Pater Calderón um einen gefährlichen Fanatiker handelt.
    Der ohne mit der Wimper zu zucken noch einen Mord begeht.»
    «Zum Beispiel an einem harmlosen Kapitänleutnant, der  ihm eine goldenen Brücke bauen wollte», sagte Bossi. «Und zum Dank dafür beinahe erschossen worden wäre. Ich vermute, dass der Vorschlag zu diesem Treffen in Canareggio von Beust kam.»
    «Sie vermuten richtig, Sergente.»
    «Äußerst raffiniert», sagte die Principessa mit einer  Selbstbeherrschung, die Tron Bewunderung abnötigte.

    «Der Tod von Pater Calderón hätte natürlich das Ende der Ermittlungen bedeutet.» Sie sog an ihrer Zigarette, inhalierte und ließ einen drachenmäßigen Rauchschwall über Trons Schreibtisch schweben. «Täter tot, Fall gelöst.»
    Tron nippte an seinem Kaffee. «Es wären vier perfekte  Morde gewesen. Wir hätten Calderón noch von Angelina  Zolli identifizieren lassen, und dann wäre der Fall …»
    Moment mal – von Angelina
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