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Vater Mond und seine Kinder (German Edition)

Vater Mond und seine Kinder (German Edition)

Titel: Vater Mond und seine Kinder (German Edition)
Autoren: Franziska von Sassen
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sich die Kralle immer fester zog. „Unmöglich“ flüsterte Goldor, „so wird das nichts.“ Zunächst schien der Mond noch, doch dann türmten sich mehr und mehr düstere Wolken am Himmel auf. Es wurde zusehends dunkler und er brauchte Licht. Hektisch suchte er in seinem Rucksack nach einer Ersatzbatterie für die Taschenlampe. Nichts zu finden. Verzweifelt starrte er zum Nachthimmel empor. Wo bekomme ich nur Licht her? Ich hab’s, ich bitte den Mond um Hilfe. Er reckte sich hoch auf und rief: „Hallo, Vater Mond, ich brauche dringend Licht.“ Kostbare Minuten verstrichen. Vater Mond reagierte nicht. Goldor formte mit beiden Händen einen Trichter vor den Mund und brüllte aus Leibeskräften „Moooond, Mooond, aufwachen.“
    Robin zappelte auf Vater Monds Schulter hin und her, wuselte in seinem Bart herum und wies mit der Hand nach unten. „Da, sieh nur, ich hab’s doch gesagt, das ist Goldor, der da um Hilfe ruft. „Hilfe, Hilfe, lieber Mond“ schallte es hinauf ins weite Himmelszelt „ich brauche deine Mondstrahlen, sonst kann ich nichts sehen und dem Wolf Brutus nicht helfen.“ Entgeistert schaute Vater Mond auf den tief verschneiten Wald hinunter und versuchte etwas zu erkennen. „Wo bist du?“ „Hallo, hier bin ich, hinter der großen Tanne.“ Etwas irritiert über den Anblick Goldors, der in einer Grube hockte und knietief im Schnee steckte, fragte er „was treibst du denn da mitten in der Nacht?“ „Frag nicht lang, schick mir ein paar Mondstrahlen und schieb die Wolken beiseite. Brutus sitzt in der Falle und kann sich allein nicht befreien.“ Robin schwenkte aufgeregt sein Laternchen, denn auch er wollte Goldor sein Lichtlein schicken. „Eigentlich bin ich sehr in Eile“ lamentierte Vater Mond noch ein Weilchen herum, meine Schicht ist fast zu Ende, und ich befinde mich bereits auf dem Landeanflug. Außerdem hat Brutus heute versucht, Oskar zu töten. Weshalb sollte ich ihm also helfen?“ Dann besann er sich jedoch. Um nicht noch weitere, kostbare Zeit zu verlieren, befahl er den Sternenkindern, ihre Laternchen nochmals anzuzünden. Geschwind und ohne Murren hüpften sie zurück auf die Milchstraße, drehten die Flämmchen besonders hoch, und schauten gebannt zu, wie Goldor sich behutsam dem Wolf näherte.
    Das war gar nicht so einfach. Immer wieder schnappte Brutus nach Goldors Händen. „Brutus“, fauchte er ihn an, „verhalt dich ruhig, sonst kann ich dich nicht befreien.“ In seiner Raserei hörte Brutus gar nicht, was Goldor sagte. Er tobte vor Zorn und Schmerzen. Seine Augen glühten vor Zorn. Als Brutus endlich begriff, dass er wehrlos war, ließ er ein wimmerndes Seufzen hören und heulte in seiner Not einen verzweifelten Hilferuf in die Nacht.
    Goldor tat das Einzige, was ihm zu tun übrig blieb. Mit einer schwungvollen Bewegung schlug er kurzerhand seine Taschenlampe auf Brutus Kopf. „Entschuldige bitte“ quetschte er zwischen den Zähnen hervor, „ich will dich doch nur befreien.“ Endlich sackte Brutus in sich zusammen. Vorsichtshalber band er ihm mit seinem dickem Schal die Schnauze zu. „Nun aber rasch ans Werk“, murmelte er, „bald ist die Nacht zu Ende und bevor die Fallensteller auftauchen, muss ich Brutus befreit haben.“
    Ungeduldig wischte er mit seinen Händen den tiefen Schnee zur Seite. „Wo ist die Falle? Autsch“, schimpfte er, „Mist, jetzt hab ich auch noch die Handschuhe zerfetzt.“ Er riss sie ab und warf sie mit einem Ruck hinter sich ins Gebüsch. Inzwischen waren seine Finger vor Kälte fast erstarrt und blau angelaufen. Ohne richtig sehen zu können, tastete er sich weiter durch den Schnee und stieß schließlich auf einen Widerstand. „Na endlich“, murmelte er erleichtert. Er kratzte den Restschnee ab, beugte sich vor, umfasste mit beiden Händen die Klammer, und versuchte sie nach oben zu drücken. Vergeblich. Sie ließ sich nicht lockern, sie war festgefroren. „Verflixt“ fluchte er vor sich hin, „auch das noch“. Mit ungelenken und steifen Fingern riss er die Schnur seines Rucksacks auf und fand darin glücklicherweise das Feuerzeug, das er für Notfälle immer dabei hatte.
    „Goldor“ polterte Vater Mond vom Himmel, „beeil dich, ich muss landen.“ „Gleich, gleich“ schrie Goldor zurück, „nur noch eine Minute.“ Er hielt das Flämmchen des Feuerzeugs auf das Eis, das allmählich zu schmelzen begann. Mit einer letzten und verzweifelten Kraftanstrengung bog er die Klammer nach oben. Endlich gab sie nach und
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