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Vanilla aus der Coladose

Vanilla aus der Coladose

Titel: Vanilla aus der Coladose
Autoren: Eva Hierteis
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dann decke ich dich noch schön zu. Gemütlich, oder?« Vanilla war erstaunt. Anscheinend war die Kleine zur Abwechslung mal friedlich. Von Ulaya und Olaf fehlte noch immer jede Spur. Zum Glück.
    In Lailis Zimmer warf Vanilla ihre Regen-Ausrüstung über den Schreibtischstuhl und ließ sich erschöpft aufs Bett plumpsen. Sie stützte das Kinn in die Hände und brütete vor sich hin. Wie sollte sie es Olaf nur beibringen, dass sie aus Versehen seine Giftschlange freigelassen hatte? Und was konnte sie tun, damit er ihr verzieh? Beim Flaschengeisterfurz! Konnte sie etwas für ihn zaubern, damit er wieder mit ihr gut war? Einen sprechenden Totenkopf? Aber was, wenn der Zauber danebenging und sie ein lebendiges Skelett erschuf? Ihr lief ein Schauer über den Rücken. Zu gefährlich. Eine Spinne fürs Terrarium? Zu popelig. Sie kannte ja keine Gifttiere. Einen Totenkopfohrring? Aber hatte Olaf überhaupt ein Ohrloch? Sie seufzte. Warum waren Männer nur so unglaublich schwer zu beschenken?
    Laili schälte sich aus ihren nassen Sachen. Nebenan riss Mathildas Redefluss nicht ab. »Ja, schau mal . . .da hast du noch ein Kissen zum Drauflegen. Nein. NEIN! So . . . Genau. Für den Kopf«, plapperte sie unermüdlich weiter. »Und dann hab ich noch eine Decke-Zu. So . . . Gut. Brav.«
    Laili seufzte. Auch sie fragte sich, wie es nun weitergehen sollte. Sie konnten doch nicht einfach eine Giftschlange durch die Stadt rennen lassen. Sie mussten es Papa erzählen. Und Mama. Und Olaf. Und am besten auch gleich der Polizei. Sie schlüpfte in ein langes froschgrünes T-Shirt. Schöner Blödmist. Und zog sich eine neue Jeans an. So eine Furzkacke!
    »Ach Männo! Jetzt bleib doch mal lieeeeegen!«, maulte drüben Mathilda. »Ich hab dich so schön zugedecken. Und du kriechst immer wieder raus! Ich will dich doch AUSFAHREN!« Ihre Stimme nahm einen schrillen Tonfall an. »Bleib endlich liegen. Du sollst doch mein Baby sein! NEIN! . . . NEIIIIIIIN!«
    Laili hob den Kopf. Das waren aber komische Selbstgespräche, die Mathilda führte. Sonst ließen ihre Puppen und Tierchen doch immer alles brav mit sich machen. Aber heute schienen sie bockig zu sein. Mindestens so bockig wie ihre Puppenmutti.
    Rrrrrtsch!
, zog sie energisch den Reißverschluss ihrer Hose zu. »Komm, Vanilla, wir schauen mal, was Mathilda da drüben treibt. »Sie marschierte über den Flur und machte die Zimmertür ihrer kleinen Schwester auf. »Weißt du, rumhocken und grübeln bringt uns auch nicht wei . . .« Sie schlug sich die Hand vor den Mund und klammerte sich am Türrahmen fest. Hinter ihr stieß Vanilla einen unterdrückten Schrei aus. Aus Mathildas hellrosa Puppenwagen hing seitlich etwas heraus. Ein Schwanz. Ein langer, dünner Schwanz. Hellbeige und an der Unterseite etwas dunkler. Und dann zuckte er auf einmal und baumelte lässig hin und her. Laili fühlte sich, als hätte ihr jemand in den Bauch geboxt. Ganz fest. Ihr blieb die Luft weg. Vor lauter Schreck vergaß sie sogar, Schluckauf zu bekommen. Mathilda . . . stand so entsetzlich nah . . . an diesem Biest dran!

    »Fräulein Müller!«, quiekste Vanilla.
    »Mathilda!«, schrie Laili und zerrte ihre kleine Schwester, die sich über den Puppenwagen gebeugt hatte, hektisch davon weg. »Liebe kleine Mathilda«, brachte sie mit brüchiger Stimme hervor und drückte Mathilda auf ihrem Arm fest an sich. Tränen schossen ihr in die Augen. »Meine liebe, liebe kleine Mathilda.«
    Die liebe kleine Mathilda zappelte. »He. Lass mich los!«, kreischte sie und versetzte Laili einen Tritt gegen das Knie.
    Vanilla war unterdessen in Lailis Zimmer gerannt. Jetzt kam sie mit Korb und Flöte bewaffnet zurück.
    Während Laili sich die noch immer um sich tretende Mathilda fest unter den Arm klemmte, schubste Vanilla mit spitzen Fingern den Puppenwagen vor sich her in Olafs Zimmer. Neben dem Terrarium blieb sie stehen und nahm den Deckel ab. Dann setzte sie sich im Schneidersitz vor den rosafarbenen Wagen und begann, auf der Flöte eine merkwürdige, unharmonische und sehr, sehr schrille Melodie zu dudeln.
Fieeeeep. Fiediiiiieeeep. Fööööp. Fidilieeep.
    Grauenhaft! Laili verzog das Gesicht, als hätte sie Zahnschmerzen. Also wenn ich die Schlange wäre, dachte sie, würde ich jetzt bestimmt nicht tanzen, sondern mich noch tiefer unter die Decke verkriechen. Oder mir die Ohren zuhalten. Und dann dachte sie: Stopp – das kann die Schlange ja gar nicht. Keine Hände. Pech für sie. Aber Glück für mich! Sie stellte
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