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Vanilla aus der Coladose

Vanilla aus der Coladose

Titel: Vanilla aus der Coladose
Autoren: Eva Hierteis
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ließ sie sich auf der Zunge zerschmelzen wie eine Kugel Eis. Genüsslich betrachtete sie das pure Entsetzen auf Lailis Gesicht, die sich auf einmal fragte, ob sie nicht doch lieber auf der Insel bleiben sollte. Aber es war zu spät. Beate hatte bereits abgelegt.

P latsch. Plitsch. Pladatsch. Pliditsch.
Die Ruder tauchten ein und wieder auf und das Boot trug die drei Mädchen Stück für Stück weiter weg von der Insel und näher ans Ufer. Im Boot herrschte, bis auf ein gelegentliches Hicksen, eisiges Schweigen. Laili brütete halbnackisch vor sich hin, Vanilla zupfte nachdenklisch an ihren Haaren herum und Beate grinste biestisch. Die Wellen ließen das kleine Ruderboot heftiger als auf der Hinfahrt auf und ab schaukeln und Beate muss sich ganz schön abkämpfen. Aber sie ließ sich davon nicht die gute Laune verderben und pfiff vor sich hin. Dazwischen gab sie immer wieder kleine Grunzgeräusche von sich.
    Lailis Schluckauf kam jetzt im Zehn-Sekunden-Takt und steigerte sich, je mehr sie sich dem Ufer näherten. Auch die schwarzen Wolken rückten näher. Und so bestand für Laili noch ein Hauch von Hoff-nung, dass die Badegäste bereits alle vor dem nahenden Gewitter geflüchtet waren – oder wenigstens gerade zusammenpackten, sodass keiner von ihr Notiz nahm.
    Doch ihre Hoffnung erfüllte sich nur zum Teil. Die Familien mit Kindern waren fast schon alle weg, aber Felix, Anke, Nils und Emre saßen im Kreis auf der Wiese und warfen lachend einen Ball hin und her. Sie waren so beschäftigt, dass sie das kleine Ruderboot nicht gleich bemerkten.
    Aber Beate passte schon auf, dass Laili nicht unerkannt davonkam. Kurz vor dem Ufer hob sie den Arm, winkte und schrie: »Huuuuuuhuu! Felix, Anke, Emre, Ni-hils. Schaut mal, wen ich da mitgebracht habe!«
    Vier Köpfe fuhren herum. Acht Augen starrten auf das rot-weiße Ruderboot, in dem Lailis Kopf wie Abendsonne glühte. In diesem Moment traf Laili einen Entschluss. Nie wieder wollte sie Anke, Felix, Emre und Nils gegenübertreten. Ja, sie würde die Schule wechseln. Am besten auch die Wohnung. Oder gleich die Stadt. Ein anderes Land. Australien sollte angeblich sehr schön sein . . .
    Laili versteckte sich hinter ihren Haaren wie sonst ihr Bruder und wünschte sich, auf der Stelle im Boden zu versinken. Und das brachte sie auf eine Idee: auf die zweite Erleuchtung des Tages. Schnell entfaltete sie ihre langen Beine und Arme. Drückte das Kleiderbündel, das sie noch immer schützend gegen die Brust gepresst hatte, fester an sich und sprang mit einem Satz über Bord.
    Sie hörte noch Vanillas erschrockenen Aufschrei, dann blubberte das Wasser laut in ihren Ohren, als sie unterging.
    Und tiefer und immer tiefer sank.
    Blubb
.
    Blubbel
.
    Blubb.
    »Hallöchen!«, hörte Laili Vanilla flöten, als sie triefend aus dem Wasser watete. Sie strich ihre nasse Strubbelmähne zurück und staunte. Vanilla war aus dem Boot ans Ufer gehopst und tänzelte nun leichtfüßig mit wiegenden Hüften über die Wiese auf Lailis Mitschüler zu.

    »Hallohalli! Wie zauberhaft, euch kennenzulernen. Laili hat mir schon viel von euch erzählt. Ich bin Vanilla.« Sie machte eine kurze Pause. »Vanilla von Dose«, fügte sie noch hinzu.
    Acht Augen waren auf sie gerichtet.
    »Bist du . . . eine Adelige?«, fragte Anke.
Pong
, bekam sie den Ball, den Felix noch geworfen hatte, gegen den Kopf. »Aua!« Sie rieb sich die Stirn und sah Vanilla, die sich einfach mitten in den Kreis gestellt hatte, ehrfürchtig an.
    Das Flaschengeistmädchen lächelte huldvoll. »Vanilla
von
Dose. Sag ich doch«, wiederholte sie und drehte sich einmal um die eigene Achse, wobei ihr wunderschönes Wallehaar sie wie ein schwarzer Schleier umwehte. Dann überkreuzte sie die Arme vor der Brust und deutete eine Verneigung an. Sie sah so umwerfend aus, dass Laili nicht anders konnte, als sie bewundernd anzustarren. Auch wenn sie Vanillas Auftritt reichlich übertrieben fand. Die führte sich auf, als wäre sie ein Filmstar. Und die anderen waren das Publikum, das gefälligst nur Augen für
sie
haben durfte.
    Doch dann verstand Laili, was Vanilla damit bezweckte. Es war das perfekte Ablenkungsmanöver!
    Vanilla konnte ja nicht ahnen, dass das gar nicht mehr nötig war. Dass Laili längst wieder in voller Montur war. Laili war nämlich nicht zufällig aus dem Boot gefallen, sondern hatte einen Plan gehabt. Einen sehr hervorragenden und sehr nassen Plan: Das letzte Stück zum Ufer war sie geschwommen. Gar nicht so leicht mit einem
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