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Vanilla aus der Coladose

Vanilla aus der Coladose

Titel: Vanilla aus der Coladose
Autoren: Eva Hierteis
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wieder sinken.
    Was denn jetzt noch?
, hätte Laili am liebsten gebrüllt, hielt aber die Klappe.
    Beate lächelte breit. »Das mit
Nina Nackisch
bringt mich auf eine Idee . . . Ich nehme euch mit. Aber du musst in Unterwäsche ans Ufer fahren, Laili.«
    Hicks!
, machte Laili.
    Pffffffd!
, machte Vanilla und zeigte Beate einen Vogel.
    Beate zuckte die Schultern. »Na gut, ich kann auch ohne euch fahren.« Sie tauchte die Ruder ins Wasser und begann, das Boot zu wenden.
»Ich
muss ja nicht bei Nacht und Nebel und Regen auf einer einsamen Insel hocken. Von mir aus könnt ihr hier verrotten. Oder verhungern und erfrieren, wenn der Winter kommt. Glaubt nicht, dass ich euch was zum Essen rüberschippere.«
    »Regen?« Vanilla wurde blass um die Nasenspitze.
    Laili sah nach oben. Die Gewitterwolken, die sich vorhin noch in weiter Ferne aufgetürmt hatten, wurden von einem kräftigen Wind über den See getrieben. Düster und bedrohlich segelten sie wie eine riesige Piratenflotte mit dunklem Rumpf heran. In diesem Moment leuchtete der Himmel im Westen auf. Wetterleuchten! Es würde nicht mehr lange dauern, bis das Gewitter losbrach. Gewitter. Regen. Wasser . . .
    Laili war klar, warum Vanilla auf einmal so verängstigt war. Ein Gewitter war für Flaschengeister wahrscheinlich fast genauso gefährlich wie ein Bad im See.
    »Bitte, Laili, du musst es machen!«, flüsterte Vanilla ihr zu. »Ich . . . ich kann bei Regen nicht draußen sein . . .« Sie sah sie flehend an. Ihre Mandelaugen waren vor Angst ganz schwarz. »Du hast auch drei Wünsche bei mir frei.«
    Beate hatte endlich umständlich das Boot gewendet. Oder trödelte sie absichtlich, dieses Biest? Sie sollte wohl eher
Beate Biestisch
heißen, dachte Laili. Sie schluckte. Was war schon eine Fahrt im Unterhemdchen verglichen mit der Gefahr zu . . .zu verlöschen? »Warte, Beate!«, rief Laili ihr nach. »Ich mach’s!«
    Beate drehte sich um, ein triumphierendes Grinsen umspielte ihre Lippen. Am liebsten hätte Laili sie erwürgt.
    Vanilla warf Laili ein dankbares Lächeln zu. Laili lächelte nur schwach zurück. Ihr wurde heiß und kalt bei dem Gedanken daran, was sie heute Morgen wohl im Halbschlaf aus ihrer Wäscheschublade gezogen hatte.
    Sie konnte sich nicht mehr genau erinnern, hatte aber einen vagen Verdacht. Einen schrecklichen Verdacht.
    Umständlich begann sie, am Verschluss ihrer Jeans herumzunesteln, bis Beate ihr zurief: »Ich hab heute noch was vor!« Auch Vanilla nickte auffordernd und warf einen beunruhigten Blick nach oben.
    Mit hochrotem Kopf und wenig Stoff am Laib stand Laili schließlich vor ihnen: in einem hellblauen Unterhemd mit kleinen roten Autos drauf. Ein Erbstück von Olaf, das aus der Zeit
vor
seiner Totenkopfphase stammte. Schlaff und schlabberig schlackerte es mit viel zu weiten Armausschnitten um ihren mageren Oberkörper. Was hätte Laili jetzt für eines der weißen Feinripp-Unterhemden ihres Vaters gegeben! Das wäre wenigstens lang genug gewesen, um die Unterhose zu bedecken. Denn es kam noch schlimmer: Ausgerechnet die Unterhose, die Oma ihr zu Weihnachten geschenkt hatte, war ihrheute Morgen in die Hände gefallen: kein Slip, sondern eher ein Schlüpfer mit kurzen Beinen. Er war nicht nur schweinchenrosa, sondern hatte wirklich ein Schwein drauf. Auf der Vorderseite funkelten Glitzersteine in den Rüssellöchern. Hinten auf dem Po kringelte sich ein richtiger, kleiner Ringelschwanz. Dagegen waren Frau Speckfetts Schlüpfer todchic.
    »Oink, oink«, machte Beate.
    Laili hätte am liebsten geweint, als sie an sich herabsah. Und Vanillas betroffener Blick machte es auch nicht besser.
Ihr
wäre so was sicher nicht passiert.
    Beate dagegen grinste hochzufrieden, als sie das Boot erneut wendete (diesmal ging es erstaunlicherweise ganz schnell) und zum Steg ruderte.
    Laili drückte ihr Kleiderbündel schützend an sich und kletterte ins Ruderboot. Dann hievte sie mit Vanilla den Wäschekorb hinein und half dem Flaschengeistmädchen beim Einsteigen.
    »Heißes Teil«, kicherte Beate und zupfte an Lailis Ringelschwanz, ließ aber gleich wieder los, als Laili sie anzischte: »Finger weg und rudern!«
    Beate begann tatsächlich zu rudern. »Da werden die anderen Augen machen«, sagte sie beiläufig und stieß sich vom Steg ab.

    »Welche anderen?«, fragte Laili.
    »Na, die anderen aus unserer Klasse: Mia, Annabel, Emre, Felix, Nils, Rosario, Anke, Lars, Tine und Marvin«, zählte Beate mit fiesem Hamsterlächeln auf.
    Jeden einzelnen Namen
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