Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vampire und andere Kleinigkeiten

Vampire und andere Kleinigkeiten

Titel: Vampire und andere Kleinigkeiten
Autoren: Charlaine Harris
Vom Netzwerk:
Sudoku-Buch gekauft hatte, war sein Vater im Kampf um das Amt des Leitwolfs gestorben und er selbst nach ein paar weiteren gewalt-tätigen Auseinandersetzungen zum Leitwolf aufgestiegen. Wie die Angelegenheiten des Rudels in Shreveport wohl liefen, fragte ich mich. Ich hatte schon seit zwei Monaten keinen der Werwölfe mehr gesprochen. Ehrlich gesagt, wusste ich nicht mal, wann der letzte Vollmond gewesen war. Letzte Nacht?

    Jetzt hatte ich bereits an Bill und an Alcide gedacht. Wenn ich nicht bald was unternähme, würde ich auch noch anfangen, über Quirin nachzugrübeln, der seit kurzem mein Exfreund war. Höchste Zeit, nach draußen zu gehen.
    Meine Familie wohnte bereits seit über hundertfünfzig Jahren in diesem bescheidenen Haus, das schon oft umgebaut worden war und mitten auf einer Lichtung im Wald jenseits der Hummingbird Road lag, nicht weit von der Kleinstadt Bon Temps im Landkreis Renard entfernt. Im östlichen Waldstück an der Rückseite meines Hauses stehen die Bäume dicht an dicht, weil dort schon seit fünfzig Jahren kein Holz mehr geschlagen wurde. Auf der südlichen Seite, wo der alte Friedhof liegt, ist der Wald dagegen viel lichter. Die Landschaft wellt sich sanft, und ganz am anderen Ende meines Grundstücks fließt ein Bach, doch den weiten Spaziergang dorthin hatte ich schon seit Urzeiten nicht mehr gemacht. Dazu war mein Leben viel zu hektisch gewesen mit Kellnern im Merlotte's, Telepathisieren (gibt's das Wort überhaupt?) für Vampire, unfreiwilliger Verstrickung in die Machtkämpfe der Vampir- und Werwolfgemeinden und anderen magischen wie auch banalen Dingen.
    Es tat gut, hier draußen im Wald zu sein, auch wenn die Luft kalt und feucht war. Und es tat gut, sich zu bewegen.
    Mindestens eine halbe Stunde lang strich ich durchs Unterholz, immer darauf gefasst, einen Hinweis auf die Ursache meiner nächtlichen Unruhe zu finden. Im Norden von Louisiana sind viele Tiere beheimatet, doch die meisten sind eher still und scheu: Beutelratten, Waschbären, Rotwild. Ein paar andere sind nicht ganz so still, aber immer noch recht scheu, Kojoten zum Beispiel und Füchse. Und es gibt noch weitere eindrucksvolle Lebewesen hier in der Gegend. Im Merlotte's höre ich dauernd irgendwelches Jägerlatein. Ein paar von den leidenschaftlicheren Jägern hatten in einem privaten Jagdrevier zwei Meilen von meinem Haus entfernt mal einen Schwarzbären gesichtet. Und Terry Bellefleur hatte mir geschworen, dass er vor knapp zwei Jahren sogar einen Panther gesehen habe. Razorbacks und andere Wildschweine waren den meisten der begeisterten Jäger schon öfter über den Weg gelaufen.
    Natürlich rechnete ich nicht damit, auf irgendetwas dergleichen zu treffen. Trotzdem hatte ich mein Handy in die Manteltasche gesteckt, nur für den Fall, auch wenn ich nicht wusste, ob ich hier draußen im Wald überhaupt Empfang haben würde.
    Als ich mir durch den dichten Wald endlich einen Weg bis zum Bach gebahnt hatte, war mir in meinem wattierten Mantel ziemlich warm geworden. Eine kurze Pause konnte nicht schaden, und so ging ich ein, zwei Minuten lang in die Hocke und nahm den weichen Boden am Ufer in Augenschein. Der Bach, der sonst nie viel Wasser führte, war nach den letzten Regenfällen fast über die Ufer getreten. Auch wenn ich nicht gerade ein Naturkind bin, konnte ich erkennen, dass Rotwild hier gewesen war; außerdem Waschbären, und ein Hund vielleicht. Oder auch zwei. Oder drei. Das ist gar nicht gut, dachte ich mit leichtem Unbehagen. Ein Rudel Hunde konnte jederzeit gefährlich werden. Ich hatte nicht annähernd genug Ahnung, um zu beurteilen, wie alt die Spuren waren. Aber sie hätten wohl trockener ausgesehen, wenn sie schon älter als einen Tag gewesen wären.
    Aus dem Unterholz zu meiner Linken drang plötzlich ein Geräusch. Ich erstarrte, zu verängstigt, um auch nur den Kopf zu heben und in die Richtung zu schauen, aus der es kam. Vorsichtig zog ich mein Handy aus der Manteltasche. KEIN EMPFANG prangte auf dem kleinen Display. Scheiße, dachte ich. Obwohl auch das eigentlich noch viel zu milde ausgedrückt war.
    Da, wieder das Geräusch. Es war ein Stöhnen, entschied ich. Ob von einem Menschen oder einem Tier, konnte ich allerdings nicht sagen. Ich biss mir fest auf die Unterlippe und zwang mich aufzustehen, sehr langsam und bedächtig. Nichts geschah.
    Auch das Geräusch wiederholte sich nicht. Ich riss mich zusammen, drehte mich vorsichtig nach links und schob die Blätter eines großen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher