Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vampire schlafen fest

Vampire schlafen fest

Titel: Vampire schlafen fest
Autoren: Charlaine Harris
Vom Netzwerk:
verdient.
    Ich zuckte die Achseln. »Das musst du selbst entscheiden. Wir haben alle eine andere Schmerzgrenze dessen, womit wir leben können.«
    Darüber dachte Barry einen Augenblick nach. »Ja«, sagte er schließlich. »Ich weiß. Und im Moment ist es besser, wir gehen jeder unseren eigenen Weg. Ich fahre zum Flughafen und hänge da herum, bis ich wegkomme. Fährst du ins Krankenhaus?«
    Inzwischen war ich zu vorsichtig, um es ihm zu erzählen. »Keine Ahnung. Aber ich finde schon ein Auto oder einen Bus, mit dem ich nach Hause komme.«
    Er nahm mich in den Arm, ganz egal, wie unglücklich er über meine Entscheidung war. Ich konnte das Mitgefühl und das Bedauern in seinem Herzen spüren. Ich drückte ihn auch. Er hatte seine eigene Entscheidung getroffen.
    Ich ließ zehn Dollar für das Zimmermädchen da, als ich mich fünf Minuten, nachdem Barry mit einem Taxi abgefahren war, zu Fuß auf den Weg machte. Ich wartete, bis ich zwei Blocks vom Hotel entfernt war, erst dann fragte ich einen Passanten nach dem Weg zum Krankenhaus St. Cosmas. Es war ein recht langer Spaziergang über zehn Blocks, doch es war ein wunderschöner Tag, kühl und frisch und mit strahlendem Sonnenschein. Herrlich, mal allein zu sein! Ich mochte ja vielleicht Hausschuhe mit Gummisohlen tragen, aber ich war sauber und hübsch genug angezogen. Auf dem Weg zum Krankenhaus aß ich einen Hotdog, den ich mir bei einem Straßenhändler kaufte; so was hatte ich noch nie getan. Und ich kaufte einen ziemlich formlosen Hut, auch von einem Straßenhändler, unter den ich all mein Haar stopfte. Der Händler hatte auch Sonnenbrillen. Und bei diesem sonnigen Wetter und der leichten Brise, die vom Michigansee herüberwehte, wirkte die Kombination nicht mal allzu merkwürdig.
    Das Krankenhaus St. Cosmas war ein altes, mit vielen architektonischen Schnörkeln verziertes Gebäude und enorm groß. Ich fragte nach Quinns Befinden, und eine der Frauen an der belebten Rezeption sagte, diese Information dürfe sie nicht herausgeben. Doch um nachzusehen, ob er überhaupt in St. Cosmas lag, musste sie einen Blick in seine Krankenakte werfen, und ich las seine Zimmernummer aus ihren Gedanken. Ich wartete, bis alle drei Frauen mit Fragen anderer Besucher beschäftigt waren, dann verdrückte ich mich in einen Fahrstuhl und fuhr hinauf.
    Quinn lag im zehnten Stockwerk. Ein so riesiges und so betriebsames Krankenhaus hatte ich noch nie gesehen. Es war ganz einfach, herumzulaufen, als hätte ich ein bestimmtes Ziel und wüsste, wohin ich wollte.
    Niemand stand Wache vor seinem Zimmer.
    Ich klopfte leise, aber es drang nicht ein Laut heraus. Also öffnete ich vorsichtig die Tür und trat ein. Quinn lag schlafend im Bett, an Geräte und Schläuche angeschlossen. Da er Gestaltwandler war, deren Wunden in der Regel schnell heilten, musste er schwer verletzt gewesen sein. Seine Schwester saß an seiner Seite. Ihr verbundener Kopf, den sie in die Hand gestützt hatte, fuhr hoch, als sie mich bemerkte. Ich nahm die Sonnenbrille und den Hut ab.
    »Sie«, sagte sie.
    »Ja, ich, Sookie. Sagen wir doch du. Wofür ist Frannie eigentlich die Kurzform?«
    »Für Francine, aber alle nennen mich Frannie.« Sie sah jünger aus, als sie das sagte.
    Ein Glück, die Feindseligkeit zwischen uns hatte sich etwas gelegt. Aber ich beschloss, doch lieber erst mal auf meiner Seite des Zimmers zu bleiben. »Wie geht's ihm?«, fragte ich und wies mit dem Kinn auf den schlafenden Quinn.
    »Er kommt immer mal wieder zu sich.« Einen Augenblick herrschte Schweigen, während sie einen Schluck aus einem weißen Plastikbecher trank, der auf dem Nachttisch stand. »Nach deinem Anruf hat er mich gleich geweckt«, sagte sie plötzlich. »Wir haben die Treppe genommen. Doch ein großes Stück Decke ist auf ihn gefallen, und dann gab der Boden unter unseren Füßen nach. Und danach erinnere ich mich nur noch daran, dass ein Feuerwehrmann mir erzählt, irgendeine verrückte Frau habe mich gefunden, weil ich noch lebte, und dass sie alle möglichen Untersuchungen mit mir machen und dass Quinn mir ständig sagt, er würde sich um mich kümmern, bis ich wieder gesund bin. Erst da haben sie mir erzählt, dass er selbst zwei gebrochene Beine hat.«
    Es stand noch ein Stuhl im Zimmer, und ich sank darauf nieder. Meine Beine hielten mich einfach nicht mehr. »Was sagt der Arzt?«
    »Welcher?«, fragte Frannie niedergeschlagen.
    »Na, alle.« Ich griff nach Quinns Hand. Frannie hätte mich beinahe davon abgehalten,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher