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Valeron der Barbar

Valeron der Barbar

Titel: Valeron der Barbar
Autoren: Andrew J. Offut
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anerkennen. Wirklich und ohne Falschheit? Würden sie die Knie vor ihm beugen? Wie lange würden er und Vidul die Militärexperten sein, wenn Nyors Wissen bald allen anderen übertragen würde?
    Was war das beste für das Reich – für Branarius – für Aleysha – für ihn selbst?
    Es gab keine Wunderlösung. Etwas würde geopfert werden müssen. Er konnte nicht alles haben, das wäre auch nicht richtig. Doch das bedeutete natürlich, dass das Glück nicht vollständig sein würde.
    Imperiale Politik! Selbst die Platzwahl hier war nicht zufällig. Er hatte den Stuhl vermieden, auf dem Saldon nun saß, um Aleysha nicht zu nahe zu sein, damit nicht der Eindruck erweckt würde, er führe den Vorsitz – aus dem gleichen Grund hatte er auch den am Fuß der Tafel nicht gewählt: er war ihrem gegenüber, und die anderen mochten denken, er wolle die Aufmerksamkeit auf sich lenken. Ihr Götter! Auf was man alles achten musste! Wie umständlich das Benehmen in der Zivilisation war – und das Herrschen! Wie unbehaglich sich die meisten der Gekrönten fühlten! Der Stuhl am Fußende der Tafel – vielleicht war er von Rechts wegen Lextons Platz? Aber der König von Maruthia hatte alle damit überrascht, dass er Jheru mitbrachte und sich neben sie setzte. Vielleicht stand der Platz dem neuen Helden, Jallad, zu. Aber Jallad hatte sich so nahe wie möglich zu Aleysha gesetzt. Vidul? Nein, Vidul stand abseits.
    Wir stehen beide abseits, dachte Valeron, und sein Blick wanderte wieder über die Anwesenden.
    Saldon gegenüber, zu Aleyshas Rechten, saß Eshara, und neben ihr Narran mit den fanatischen Augen, dem Bart mit den zwei gezwirbelten Spitzen und der roten Seidenrobe mit goldviolettem Besatz. Dann kam Burgon vom Branarius, der sich hier genauso fehl am Platz fühlte wie Jheru. Der nächste war Vidul, mit voller Absicht zwischen all der Farbenpracht und dem glitzernden Schmuck der anderen schwarz gewandet. Zu Viduls Rechten hatte Graylon von Maruthia Platz genommen, und seinem Blick nach schien er den barbarischen Kriegslord, ihm unmittelbar gegenüber, zu vergöttern. Der zwölfte Stuhl, am Fußende – oder alternativem Kopfende? –, war dem stattlichen Priesteradjutanten Narrans, Abd ol-Haled, zugefallen, der sich hier ebenfalls nicht sehr wohl zu fühlen schien, bis Valeron seinen Rat einholte, was die Etikette betraf.
    Politik! dachte Valeron erneut abfällig. Überall die feinen Abstufungen, sogar bei den Plätzen an der Tafel. Jeder hatte den Stuhl am Fußende vermieden, um keinen falschen oder zumindest ungewollten Eindruck zu erwecken. Und der neuen Kaiserin fehlt noch die Stärke, ihn einem zuzuteilen.
    »Könnt Ihr Euch vorstellen, dass ich einmal so muskulös war wie Ihr?« sagte Narran ol-Shalkh. »Jetzt versuchen meine Ärzte mich mit dem Unsinn zu erschrecken, dass mein Bauch mein Herz einenge oder so ähnlich und dadurch mein Leben in Gefahr bringe. Hütet Euch, Valeron von Branarius! Hütet Euch vor dem  süßen Leben und allzu üppigem Essen – und Banketten wie diesem! Ihr solltet den Göttern danken, dass Branarius’ Berge Euch genügend Feinde bieten, dass Ihr stets wachsam und kampffähig sein müsst!«
    Valeron schüttelte grinsend den Kopf, doch seine Gedanken waren nicht bei diesem Grinsen. Er wusste genau, was Narran mit seinen Worten hatte ausdrücken wollen.
    Sie hatten gespeist, und ihre Kelche waren mit Nyors Hauptexportartikel, dem köstlichen Wein, nachgefüllt worden. Sie unterhielten sich über die Ereignisse des Tages, doch jeder hatte es bisher vermieden, auf Jallads Waffe zu sprechen zu kommen, als die Kaiserin sich erhob.
    Sie war von bezaubernder Schönheit. Die Kaiserkette der Sieben Welten schimmerte und glitzerte zwischen den kleinen Brüsten, die in dem engen Mieder ihres Krönungsgewandes eingesperrt waren. Ein seegrünes Cape ruhte auf ihren Schultern, und darüber wallte in etwas hellerem Ton das seidenweiche Haar. Ein breiter Goldgürtel mit funkelnden Edelsteinen schmückte ihre Taille.
    »Ich hatte bisher nur wenig Gelegenheit, Reden zu halten«, begann Kaiserin Aleysha, und jetzt war sie Kaiserin, nicht Aleysha oder Leysha. »Aber – darf ich euch allen versichern, dass ich stolz bin, von Monarchen, wie ihr es seid, Kaiserin genannt zu werden? Jallad, Lexton, Valeron …« Ihre Augen wanderten den Tisch abwärts, von Gesicht zu Gesicht, während sie die Namen aufzählte. »Vidul, Narran, Eshara … Könige ohne Furcht und Tadel – und mehr noch, echte Krieger. Und die
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