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Valeron der Barbar

Valeron der Barbar

Titel: Valeron der Barbar
Autoren: Andrew J. Offut
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Kraft und doch ein wenig zu stark in ihrem Bemühen, sanft  zu sein. Er beugte sich zu Jallad vor und hob seinen Kelch zum König von Nyor.
    »Alles Gute, Jallad!« sagte er. Jallad grinste und erwiderte seinen guten Wunsch.
    Aus dem Augenwinkel bemerkte Valeron, dass Jheru zu Boden blickte und dass Saldons Augen sich verengten, während sie das Gesicht seines Herrschers zu deuten suchten. Erst ein wenig verspätet wurde er sich bewusst, dass Eshara – die in ihrem ein wenig übertriebenen Make-up weder schön noch hässlich aussah, wohl aber pathetisch wirkte – ihre Worte an ihn gerichtet hatte.
    »Und was hat der neueste König zu seinen Amtskollegen zu sagen?«
    »Die auch seine Kampfgenossen sind«, sagte Lexton.
    »Und seine Freunde«, warf Vidul mit schiefem Grinsen ein.
    Sofort richteten aller Blicke sich gespannt auf Valeron car Nadh.
    »Ja, mein Lord König Valeron«, sagte nun Aleysha mit ruhiger, sehr ruhiger Stimme. »Wir verdanken Euch das Reich – und Unser Leben –, Freund meines Vaters.«
    Sie bietet mir die Chance, dachte er. Selbst mit ihrem unsicheren neuen Majestätsplural bietet sie mir die Chance und das Recht, die Worte zu sagen, die sie, die Krone und den Thron mein machen würden. Eine wahre Frau ist sie, eine treue edle Frau – eine echte Kaiserin. Und sanft ist sie, bei den Göttern, sanft und biegsam – und noch zu formbar. Gerade ihre Sanftheit lässt nicht zu, dass sie selbst eine Erklärung abgibt. Sie überlässt diese Erklärung und ihre Zukunft mir! Darcus Cannu hatte recht. Sie braucht Hilfe, Festigkeit …
    Er sah sie der Reihe nach an, diese Menschen von edler Geburt, die ihn nun als Ebenbürtigen anerkannten. Er war sich ihrer erwartungsvollen Blicke wohl bewusst, ihrer unausgesprochenen Fragen, ihrer – war es Besorgnis? Ganz sicher erkannten zumindest einige unter ihnen die Bedeutung dieses Augenblicks: Lexton, ohne Zweifel, und Eshara, ja, und Vidul. Aleysha gewährte ihm das Privileg, zu sprechen und zu beanspruchen, was ihres Vaters Brief hatte durchblicken lassen.
     
    Was, grübelte Valeron, denkt ihr, meine Lords und Ladies, meine »Amtskollegen«? Einem Barbaren im Kampf zu folgen, sich ihm als geborenen Kriegsführer zu unterstellen und so den Sieg zu erringen ist etwas anderes, als sich ihn im Palast vorzustellen. Darcus Cannus Worte sind uns allen unvergesslich. Malt ihr euch vielleicht gerade aus, was er auf so gemeine Weise zur Sprache brachte: ich im Bett mit dem zarten sanften Mädchen mit dem seegrünen Seidenhaar und der zerbrechlich wirkenden Figur? Oder, meine Lords und Ladies, seht ihr mich in dem blassen Aquamarin der Kaiserroben?
    Seine früheren Gedanken kehrten wie ein nie endender Fluch zurück: Was war das beste für das Reich, für Branarius, für Aleysha – und für ihn selbst? Und noch immer hatte er das Wundermittel nicht gefunden, das alle Probleme lösen würde.
    Weil er König war, war keiner dieser Gedanken seinem Gesicht abzulesen. Er lächelte.
    »Zuerst möchte ich eines sagen: Der Ältere Abd und ich haben die kaiserliche Tafel durch unsere Bemerkung ungewollt beleidigt, dass keine Salzstreuer auf dem Tisch stehen. Nun ist mir klar geworden, dass Salz auf Carmeis knapp ist. Genau wie für Nyoris Exportartikel, den köstlichen Wein, werdet ihr bestimmt bald gern einen guten Preis für das bezahlen, was Branarius ausführen kann. Unsere Berge schimmern weiß von Salz, das sich, ohne dass ein Mangel eintritt, auf eine lange Zeit abbauen lassen wird. Ich freue mich, dass wir zum Interwelthandel beitragen können.« Er lachte mit ihnen und wusste, dass sie wussten, dass es sich nur um eine Einleitung handelte – obwohl es natürlich eine erfreuliche Neuigkeit war.
    »Ich fürchte, für Branarius wird Wisensa noch weiter ein Gott bleiben, der mit seiner Gunst zurückhält, und das alte Wissen muss noch längere Zeit eine unbewiesene – und unbeweisbare – Legende bleiben. Ich fürchte, sein Herrscher ist ein narbenübersäter Krieger, der etwas vom Krieg versteht und von Taktik und Strategie, aber von kaum mehr, und der den Göttern danken kann, dass er den Älteren Saldon als Ratgeber hat, denn ohne ihn wäre er jetzt nicht König. Danken möchte er – oder vielmehr ich  – auch den Göttern für den Älteren Abd hier zu meiner Linken, der mir half, dass ich mich bei den komplizierten Tischsitten hier nicht allzu sehr danebenbenahm.«
    Er grinste, und sie lächelten. Abd ol-Haled lachte, dass sein beachtlicher Bauch wackelte.
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