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v204525

v204525

Titel: v204525
Autoren: Jean Fellber
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Sartre, Kafka, Paul Celan. Von ihr bekam ich das Buch Zeit der Reife von Sartre. Ein halbes Jahr lang trafen wir uns nur in den großen Pausen. Ich hatte schon früh den Wunsch, sie zu küssen, aber ich traute mich nicht. Die Initiative ging von ihr aus, nach der Schule. Wir hatten uns schon ab und zu vorher verabredet, aber nach dem Unterrichtsende verschwand sie sofort. Unsere Gespräche wurden intensiver. Sie verschwand wieder, aber eines Tages entschuldigte sie sich dafür. Sie war wie immer nachlässig gekleidet und nach Schulschluss nahm sie mich mit zu ihr. Ihre Eltern waren nicht da, wir gingen in ihr Zimmer, in dem sich die Bücher stapelten, selbst ihr Bett war voller Bücher. Sie legte eine Schallplatte von The Doors auf, drehte eine Zigarette und bot sie mir an. Wir rauchten, mir wurde ein wenig schwindelig. Als ich die Zigarette ausdrückte, gab sie mir einen Kuss und führte meine Hand an ihren Busen. Ich weiß noch, wie aufgeregt ich war. Geküsst hatte ich vorher schon, aber es war das erste Mal, dass ich einen Busen streichelte. Anne zog ihren grauen Pullover aus, ich meinen Pullover. Ich fühlte mich seltsam nackt und unwohl in meiner Haut. Wir umarmten uns, ihre kleinen Brüste – sie hatte sehr kleine Brüste – berührten meine Brust. Mir wurde warm, wir küssten uns und zogen uns weiter aus. Sie legte sich auf das Bett, auf die Bücher. Ich drang in sie ein. Wahrscheinlich war ich nicht der erste Junge, mit dem sie schlief. Ich kam fast sofort und hatte das Gefühl, dass es vorbei war bevor es angefangen hatte.
    Wir sahen uns noch ein halbes Jahr lang, aber geschlafen haben wir nicht mehr miteinander. Wenn ich, selten genug, bei ihr war, dann küssten und streichelten wir uns, mehr passierte nicht. Wir redeten weiter über Literatur, ich brachte ihr Georges Bataille mit, sie mir Simon de Beauvoir. Nach dem halben Jahr verließ sie die Schule. Ich traf ein Jahr danach Anne in einem Café wieder, in dem sie las, Kaffee trank und rauchte, wie eine Existenzialistin das eben tut. Ich setzte mich zu ihr und ich erzählte ihr, dass ich gerade die Liebesgedichte von Pablo Neruda lese. Anne sagte, dass sie die Gedichte liebe. In diesem Augenblick beschloss ich, ebenfalls Gedichte zu schreiben. So entstand mein erster Gedichtband. Ich hatte ihn Anne gewidmet, aber sie zog weg und ich sah und hörte nie wieder etwas von ihr.«
    »Das ist eine traurige Geschichte. Aber wissen Sie, Herr André, die Gedichte von Pablo Neruda liebe ich auch. Ich werde Ihnen von meinem ersten Freund erzählen. Er hieß Manuel. Seltsam, dass man immer erst mit dem Namen beginnt. Wir waren beide 16. Er war zurückhaltender als die anderen Jungs im Dorf, vielleicht hatte ich deshalb ein Auge auf ihn geworfen. Es war ein hartes Stück Arbeit, bis er mich endlich gefragt hat, ob ich mit ihm gehen will. Wir waren unglaublich ungeschickt, beim Küssen und beim Sex. Er stopfte mir seine Zunge in den Mund wie einen nassen Waschlappen und ich fragte mich, was daran so toll sein soll. Wir kämpften darum, welche Zunge in welchem Mund war. Wahrscheinlich fand er es auch nicht so toll und machte es nur, weil er glaubte, dass man es eben so macht. Das erste Mal, als wir versuchten miteinander zu schlafen, war eine Katastrophe. Es gelang ihm nicht, mein Jungfernhäutchen zu durchstoßen, es tat nur weh. Wir probierten es einige Male, er stocherte mit seinem Schwanz herum. Als es dann endlich klappte, war er nach kaum einer Minute fertig, streichelte mich noch kurz, drehte sich um und schlief ein. Ich weinte fast die ganze Nacht. Ich hatte mir diesen Augenblick größer, erschütternder, dramatischer und erregender vorgestellt. Die Wirklichkeit hatte mich enttäuschte. Trotzdem blieb ich mit ihm zusammen. Wir waren ein bisschen wie Bruder und Schwester, die sich gut verstehen. Ich fand heraus, dass es mir mehr Freude machte, mit seinem Schwanz zu spielen, ihn zu necken und zu küssen, als mit ihm zu schlafen. Manuel leckte mich auch, aber er leckte wie ein Hund, nass und irgendwie labbrig. Trotzdem war es ein schönes, warmes Gefühl, auch wenn er mich nicht zum Höhepunkt bringen konnte. Meinen Kitzler hat er nie gefunden. Ich habe ihm aber auch nie gezeigt, wie er es machen soll, da ich Angst hatte, ihn zu verletzen. Er sollte nicht glauben, dass er ein schlechter Liebhaber ist.“ Sie atmete einmal kurz durch, dann fuhrt sie fort: „Am Ende unserer Küsse schliefen wir natürlich trotzdem fast jedes Mal miteinander. Es wurde besser, er
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