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v204525

v204525

Titel: v204525
Autoren: Jean Fellber
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Zunge. »Maga ist eine verdammt gute Köchin, sie könnte sogar aus einer Schuhsohle eine Köstlichkeit zubereiten. Ich kenne sie schon sehr lange, und ihre Tochter, seitdem es sie gibt. Sie werden Maga bewundern, wie alle Menschen, die mit ihr zu tun haben. Ihr Mann ist vor einigen Jahren gestorben. Eine Frau ohne Mann ist wie ein Schiff ohne Wind, es treibt richtungslos dahin.«
    »Und die Männer, wenn sie verlassen werden?«
    »Sie sind der Wind. Heute hier, morgen dort. Maga ist anders. Sie ist eine starke Frau. Bleiben Sie bei Maga. Wozu eine eigene Wohnung? Das macht nur Arbeit und Sie werden nach dem Tag im Museum dankbar für die Gesellschaft und das gute Essen sein.«
    »Ich überlege es mir. Was ist in den Flaschen?«
    »Es ist eine Essenz. Ich bitte Sie nur, vorsichtig zu sein, wenn Sie die Flaschen öffnen. Sehr vorsichtig. Ich werde Ihnen später einiges erklären, alles, was Sie wissen müssen.« Er stand auf, ergriff meine Hand und drückte sie stark.
    »Am Dienstag fangen Sie an«, sagte er. »Passen Sie auf, die Tochter, Lou, ist in einem gefährlichen Alter. In dem Alter, in dem ein junges Mädchen den Männern den Kopf verdrehen kann.«
    »Ich passe auf«, sagte ich. »Ich bin hier um zu vergessen.«
    Er sah mich aufmerksam an. Dann nickte er. »Geht mich nichts an. Kommen Sie, André, ich schließe ab.«
    Ich stand ebenfalls auf. Draußen wies er mit einer auf das Meer. »Das hier, das gehört uns. Sie können baden, sich waschen, sich erfrischen, wenn Sie eine kleine Pause brauchen. Hinter dem Gebäude ist eine kleine Toilette. Ursprünglich ist das Museum erbaut worden, um Besucher an dieses Stückchen Meer zu locken. Aber unser Dorf hat nicht viel zu bieten, es liegt im Nirgendwo, zu weit entfernt von den Touristenzentren. Ich bin nicht traurig darum. Hol die Touristen doch der Teufel. Sie verderben den Charakter der Menschen, die hier leben. Die Jungen gehen dahin, wo die Touristen sind, sie verdienen dort ihr Geld. Wenn sie da sind, dann glauben sie, dass das Leben nichts als ein endloses Fest wäre. Sie gehen mit den Touristinnen ins Bett, haben jeden Tag eine andere, prahlen damit herum und machen sich lustig über die Frauen, die in ihren Augen Schlampen sind. Und die Freundinnen der Jungen bleiben mit gebrochenem Herzen im Dorf zurück.«
    Er schüttelte den Kopf und kickte einen Kieselstein von sich fort.
    »Ich rede zu viel, Herr André. Sie kommen aus der Hauptstadt, da ist das Leben sicher anders als hier.«
    »Nein, ich danke Ihnen. Das ist genau der Ort, den ich gesucht habe.«
    Wieder packte er meine Hand und drückte sie.

2. Kapitel
    Bis Dienstags hatte ich frei. Julio hatte recht: Mein Zimmer bei Maga, das im ersten Stock lag, war sauber und schlicht. Das Mobiliar bestand vorwiegend aus dunklem Holz. Es gab ein Bett, einen Nachttisch, eine Lampe, einen kleinen Tisch am Fenster, auf dem eine weitere Lampe stand, einen gedrungenen Kleiderschrank und einen Stuhl. Die gelbe Bettwäsche roch frisch, ein Kreuz hing über dem Bett und im Nachttisch lag eine Bibel, die so oft gelesen worden war, dass sich die Seiten vom Buchrücken gelöst hatten und nun in wahlloser Folge im Einband lagen. Vom Fenster aus konnte man auf den großzügigen, von Olivenbäumen umsäumten Platz sehen, der gleichzeitig das Zentrum des Dorfes darstellte. Hier traf und verabredete man sich, stritt, säugte Babys, diskutierte, klatschte, trank Rum, spielte Musik, feierte Feste und küsste sich heimlich in der Nacht.
    Was mir an Maga auffiel, war ihre Eleganz. Sie bevorzugte schwarze Kleidung, die ihren schlanken, fast knochigen Körper betonte. Selbst ihre Gesichtsfalten wirkten elegant, und sie erzählten die Geschichte eines langen, erfüllten Lebens. Maga rauchte Zigaretten mit Spitze, was mir sympathisch war. Ich fühlte mich willkommen. Das Essen nahmen wir gemeinsam ein. Sie entschuldigte sich: »Ich koche einfache Gerichte. Wenn Sie aus der Stadt kommen, werden Sie Raffinierteres gewohnt sein.«
    »In den großen Städten versucht man, den mangelnden Geschmack der einzelnen Zutaten durch komplizierte Rezepte zu überdecken.« Ab diesem Augenblick, glaube ich, schätzte sie mich.
    Wir saßen im Wohnzimmer im Erdgeschoss, die Tür stand offen, nur ein bunter Perlenvorhang trennte uns von der Straße. Der Fernseher in der Ecke lief ohne Ton, auf dem weißen Spitzentischtuch stand das Essen, das Maga zubereitet hatte. Kartoffeln mit Blutwurst und Olivenöl, dazu ein einfacher Wein und eine Karaffe mit
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