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Urmels großer Flug

Urmels großer Flug

Titel: Urmels großer Flug
Autoren: Max Kruse
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war
womöglich noch röter geworden. Die Adern traten hervor. Er stand dicht vor
einer seelischen Explosion. Vergeblich flüsterte ihm sein persönlicher Referent
ins Ohr, daß sich unter seinen Wählern so viele Tierfreunde befänden und ein
sprechendes Urwelttier wäre vielleicht doch auch eine wunderbare Sensation. Der
Herr Oberbürgermeister fühlte sich genasführt und veralbert. Das Urmel spürte,
wie sich eine gefährliche Stimmung zusammenbraute. All die feierlichen Herren
sahen aus, als wollten sie ihm höchstpersönlich den Hals umdrehen. Und nirgends
gab es ein offenes Fenster, durch das es entfliehen konnte.
    Aber
die Tür ging auf, die hinterste Saaltür. Herein stürmte ein Schwein, ohne
Rücksicht zu nehmen. Da, wo es hindurchstürmte, mähte es die feierlichen Herren
nur so nieder. Es entstand eine breite Schneise.
    Ein
Vogel flatterte über alle Köpfe und setzte sich mitten auf das Goldene Buch.
Entsetzlich, er hatte ja schmutzige Krallen!
    Und
durch die Schneise umgeworfener Herren spazierte ein Mann, der aussah wie ein
gerade aus dem Rohr gekrochener Kanalarbeiter, so dreckig und verschmiert.
    »Hinaus«,
schrie der Oberbürgermeister, und er meinte alle zusammen. »Polizei! Verhaften!
Das ist Hausfriedensbruch, das ist grober Unfug! Da gibt es nichts zu lachen!«
    »Ach
so«, sagte der dickliche verschmierte Herr mit dem Schnurrbart. Er blieb
stehen. Sein Gesichtsausdruck wurde sehr verschmitzt. »Daß ich daran noch nicht
gedacht habe«, murmelte er. Er griff in seine rechte Brusttasche. Er zog eine
Glasflasche heraus, er entkorkte sie, er benetzte seinen Zeigefinger mit dem
Inhalt. Er strich dem Oberbürgermeister über die Oberlippe. Und dann
verspritzte er Tropfen für Tropfen in den Saal.
    Der
Oberbürgermeister begann zu grinsen, zu lachen, zu glucksen, all die
feierlichen Herren, die Beleuchter, Reporter und Kameramänner feixten, kicherten,
krümmten sich vor Vergnügen.
    »Professor-Habakuk-Tibatong-Original-Lachbrunnen,
garantiert frisch aus der Quelle« tat seine wunderbare, unübertreffliche
Wirkung. Da zitterten die Wände, die Bilder wackelten, der Kronleuchter geriet
in Schwingung. Und es platzten drei Fensterscheiben.
    Trotzdem
gelang es einem in seinen Beruf vernarrten Fotografen eine Aufnahme vom Urmel
zu machen, wie es von Wutz in die Arme geschlossen wurde.
    Ein
hinreißendes Bild für die Weltpresse.

Achtundzwanzigstes
Kapitel

In dem König Futsch den Professor würdig vertritt und das Urmel Wawa
weckt, um ihm eine Frage zu beantworten
     
    So löste
sich aller Ärger in Gelächter auf. Und danach konnte niemand mehr böse sein. Nun
gab es auch nichts mehr zu verheimlichen, zu verbergen. Die Verstimmung
darüber, daß der kleine grüne Herr vom anderen Stern gar nicht existierte, wich
rasch einem großen Erstaunen über das wiederauferstandene Urzeitgeschöpf, einem
Erstaunen, aus dem mehr und mehr aufrichtige Bewunderung wurde.
    Wie
mühelos konnte es sich doch in der menschlichen Sprache unterhalten!
    Der
Beifall galt natürlich ebenso Wutz und Schusch, die beide so klug und geschwind
zu plaudern vermochten und zudem einen weitgereisten und welterfahrenen
Eindruck machten. Ja, man durfte ohne Übertreibung sagen, daß dieses
erstaunliche Schwein mindestens die umfassende Bildung besaß, wie man sie durch
gründliches Lesen der wohlbekannten Frauenzeitschriften erwerben konnte.
    Nur
eines war ein bißchen ärgerlich: König Futsch weigerte sich entschieden zu
verraten, wo sich das paradiesische Eiland, die Insel Titiwu, befand. Man würde
es daher wohl suchen müssen und — darüber konnte es keinen Zweifel geben —
eines Tages auch finden.
    König
Futsch genoß in den folgenden Tagen in der Stadt all den Ruhm, der eigentlich
dem Professor zugekommen wäre. Er tat es aber mit dessen ausdrücklicher
Billigung. Von seinem Hotelzimmer aus führte er ein Funkgespräch mit Habakuk
Tibatong auf der Insel Titiwu, und der Professor sagte ihm: »Ich flehe Sie an,
Majestät, lieber Freund, lassen Sie mich aus dem Spiel. Vertreten Sie mich.
Niemand kann das besser als Sie, Sie sind ja auf dem internationalen Parkett zu
Hause. Schon Ihre Geburt vollzog sich, wenn ich so sagen darf, im
Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit.«
    »Sie
dürfen sich auf mich verlassen«, antwortete der König.
    So
war es also eine Ehrenpflicht, das ungeheure Interesse der Weltöffentlichkeit
vom Professor abzulenken. König Futsch mietete eine Zimmerflucht im besten
Hotel. Und auch der Portier in seiner
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