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Urmel aus dem Eis

Urmel aus dem Eis

Titel: Urmel aus dem Eis
Autoren: Max Kruse
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um nachzudenken. „Soso—“, brummte er, „dör Könög möt döm stönkögön Käsö öst ön dör Höhlö vörschüttöt... Söhr, söhr traurög. Dös öst eun wondörvollös Thöma für eunö Balladö:

    O Könög ön dör Höhlö do,
    dör do dort lögst ön öw’ger Roh...“

    Schusch flatterte mit den Flügeln: „Bätte, Seele-Fant, sänge doch später! Äch meine, wenn wär wässen, wo der Zufluß äst...“
    Seele-Fant schloß gekränkt die Schnauze. Nach einer Pause sagte er: „Öch glaubö, eun paar Föschö wössön ös. Meunö Mottör hat eun altös Löd gösongön, könnst do ös?“
    Schusch kannte es nicht. Und obwohl Seele-Fant dies betrüblich fand, sprang er doch mit unnachahmlicher Leichtigkeit ins Meer, um die Fische zu befragen.
    Schusch wartete. Er hatte Zeit, die kleinen Steinzacken auf den Felsen einzeln zu zählen. „Hoffentläch“, dachte er, „hat Seele-Fant keinen Fäsch gefunden, der seine Läder hören wäll... Aber kann er unter Wasser überhaupt sängen?“
    Dies war eine so interessante Frage, daß Schusch beschloß, den Professor gelegentlich um Auskunft zu bitten.



Sechsundzwanzigstes Kapitel
In dem es Nacht wird und die Riesenkrabbe zu wandern beginnt

    Warten... warten... warten... Das mußten auch die drei Verschütteten. Lange hatten sie nach einem Ausweg gesucht. Wawa war an Felswänden und Tropfsteinsäulen emporgeklettert in der Hoffnung, irgendwo einen schmalen Spalt zu finden, durch den wenigstens er sich hindurchzwängen konnte. Vergeblich!
    Entmutigt ließen sie sich am Ufer nieder. Der Proviant war aufgezehrt, die Flasche bis auf den letzten Tropfen ausgetrunken. Wawa kostete das Wasser des Sees, aber es war salzig wie das Meer und für Mensch und Tier ungenießbar.
    Die Riesenkrabbe, durch den Streifschuß aus ihrer Erstarrung geschreckt, durchbohrte sie mit den Kugelaugen. Sie bewegte die Spinnenbeine und Zangen langsam — wie wenn sie übte, als ob sie erst wieder lernte, sie zu bewegen, vielleicht nach jahrhundertelanger Versteinerung...
    Und ständig heulte der Wind wie durch Orgelpfeifen, mal lauter, mal leiser. Es war ein Geräusch, das den dreien grauenhaft in den Ohren klang, eine Höllenmusik, angestimmt, um sie gänzlich zu zermürben.
    Längst hatte der König, der sich nun gänzlich „futsch“ fühlte, das Urmel vergessen. Sein einziger Gedanke war, lebend hier wieder herauszukommen. Aber wie konnte das geschehen?
    Auch Wawa fürchtete sich. Und Sami verbiß sich mühsam die Tränen: er sehnte sich nach dem freien Himmel.

    Zu jeder anderen Zeit hätten sie das Schauspiel des wechselnden Lichtes im unterirdischen See bewundert. Seine Farben wandelten sich mit der Tageszeit. Am hellsten strahlte er um die Mittagsstunde, da färbte er das Gewölbe mit grünem Schimmer. Gegen Nachmittag und Abend aber wurde er gelblich, dann orange und glühte schließlich in dunklem Rot, bis alles in Schwärze überging.
    Dann kam die Finsternis.
    Zwar hatte Sami eine Taschenlampe mitgebracht, aber ihre Batterie war nahezu verbraucht. Ihr matter Strahl scheuchte Tausende von Fledermäusen auf, die schwirrend durch das Gewölbe kreisten, weil sie den Durchschlupf ins Freie nicht mehr fanden. Der Luftzug ihrer Flügel berührte die drei wie ein Hauch des Todes.
    Die Stunden schlichen dahin, als seien sie Ewigkeiten.
    Und das Schlimmste war, daß die Laterne allmählich erlosch. In ihrem letzten, fahlen Schein sahen sie, wie sich die Riesenkrabbe unendlich langsam von ihrem Felsblock löste. Sie schob eines ihrer staksigen Beine nach dem anderen hinab und tauchte es vorsichtig ins Wasser. Dann wartete sie wieder Minuten oder gar Stunden, bis sie das nächste hob und absetzte. Zuletzt schwammen nur die stierenden Augen auf der Oberfläche. Es war fast, als ob sie den Schrecken bis zum Äußersten treiben wollte. Unsere drei zogen sich an den äußersten Rand der Höhle zurück, aber der See schob kleine Wellen in ihre Richtung, und schließlich tauchten Panzer, Scheren und Beißwerkzeuge aus dem Wasser.
    Da ging die Lampe aus! Tiefe, undurchdringliche Finsternis umhüllte sie, die Höhlenorgel verhauchte noch einige schwache Töne. Dann verstummte sie, und über das Geröll schleifte und knarrte es heran...



Siebenundzwanzigstes Kapitel:
In dem der König einen Schwur leistet

    Strahlend stieg die Sonne am nächsten Morgen über den dunstigen Horizont des Ozeans.
    Schusch saß fröstelnd und mit müden, ständig zuklappenden Augenlidern auf dem Felsen und
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