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Urmel aus dem Eis

Urmel aus dem Eis

Titel: Urmel aus dem Eis
Autoren: Max Kruse
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den Bauch!“ meinte Wawa besorgt.
    „Pf! Hast du eine Ahnung von Pinguinen! Wir leben doch gewöhnlich auf dem Eis! Übrigens taut es leider schon.“ Kleine Bäche rieselten. Es sah aus wie Tränenspuren.
    Ping Pinguin pickte eine Zacke ab. Aufgeregt kreischte er: „Hier steckt etwas! Etwas Eingefrorenes! Eine große Mupfel oder ein Ball oder ein...“ Platsch!
    Der Eisberg war auf den Strand aufgelaufen, und Ping Pinguin schlug kopfüber ins Wasser.
    Als er wieder auftauchte, schüttelte er sein Gefieder und rief: „Rapf! Wir müssen den Professor holen! Pfnell!“



Zweites Kapitel:
Weshalb Professor Tibatong auf die Insel Titiwu kam und wen er mitbrachte

    Vor einigen Jahren bewohnte Professor Habakuk Tibatong ein Häuschen in der Universitätsstadt Winkelberg. Dort hielt man ihn für einen Sonderling, mit dem niemand gern zu tun hatte. Es hat nun einmal nicht jedermann Spaß daran, in der Wohnung einem grunzenden Schwein zu begegnen.
    Und das konnte einem bei Professor Habakuk Tibatong geschehen. Wutz war, wie viele Schweine, ausnehmend klug. Sie war eine Dame, deswegen muß auch von „ihr“ und nicht von „ihm“ gesprochen werden, obwohl es „das“ Schwein heißt.
    Sie war eigentlich schuld daran, daß der Professor sich überlegte, ob man den Tieren nicht das Sprechen beibringen könnte. Denn Wutz sah ihn oft scharfsinniger an als mancher Student in der Universität.
    Außer Wutz wohnte bei Professor Tibatong nur noch ein Waisenknabe, der eines Tages in seiner Tür stand. Und der Professor brachte es nicht übers Herz, ihn wegzuschicken. Er hieß mit Vornamen Tim, mehr wußte man nicht. Damit er aber auch einen Nachnamen bekam, wie jeder anständige Mensch, nannte Tibatong ihn Tim Tintenklecks. Warum, braucht wohl nicht erklärt zu werden.
    Tim Tintenklecks war zwar nicht gerade fleißig, aber er war ein lieber Kerl, und das war Professor Tibatong das Wichtigste. Auch Wutz mochte ihn sehr gern. Und Tim störte es nicht, mit ihr in einem Haus zu wohnen.
    Während der Nacht war sie allerdings nur im Winter drinnen; im Sommer zog sie in den Garten, denn sie liebte es, in die Sterne zu blicken und die Bäume rauschen zu hören.
    Tim Tintenklecks hatte ihr aus einer geräumigen alten Regentonne, die seit Jahren unbenutzt an der Hausecke stand, ein transportables Schlafzimmer gemacht, eine Schweinehütte — oder eine Schlummertonne, wie man will. Sie war wirklich wunderschön! Die Matratze, die ihr der Professor in der Babyabteilung des Kaufhauses besorgt hatte, war aus feinstem Drillich. Vor der Öffnung hing ein blaugrundiger, mit roten Rosen bedruckter Vorhang, und außerdem konnte Wutz die Tür schließen. Der runde Deckel, der mit einem Scharnier seitlich angeschraubt war, lag so fest an, daß selbst bei Wolkenbruch und Hagel kein Tropfen in die Tonne kam. Dann dröhnte es innen ganz gewaltig, wie im Bauch einer Urwaldtrommel.
    Dieses Faß stand natürlich nicht aufrecht, es lag — und damit es nicht herumkollerte, wenn Wutz sich von der rechten auf die linke Speckseite wälzte, waren seitlich Keile unterlegt. Und noch etwas: oben hatte Tim Tintenklecks einen eisernen Handgriff angebracht, was einerseits recht praktisch war, denn es erleichterte das Tragen; aber andererseits ließ sich die Tonne nun nicht mehr so gut rollen...
    Nun, um aber bei Wutz zu bleiben: Eines Tages fing Professor Tibatong an, mit allerhand Kräutern zu experimentieren. Er forschte nach einer Medizin, die eine ganz bestimmte Wirkung auf ganz bestimmte Zentren des Gehirns ausübte. Diese Tropfen gab er Wutz ins Fressen, morgens, mittags und abends je zehn. Etwas später begann er außerdem, mit Wutz eine seltsame Mundgymnastik zu treiben. Stundenlang kauerte er auf dem Boden, schaute sie fest an und machte ihr Zungenbewegungen vor, wobei er schweineartige Grunzlaute ausstieß. Es ist deshalb nicht verwunderlich, daß man ihn bald für nicht mehr ganz normal hielt. Denn natürlich kam doch hier und da einmal jemand in sein Haus, etwa der Briefträger oder der Gasmann.

    Auf diese Leute wirkte es ziemlich sonderbar, den Professor vor einem Schwein auf dem Teppich knien zu sehen und „Ö! — ö! — ö! — ö!“ grunzen zu hören. Als schließlich die Sau — wie die Leute die arme Wutz unfreundlich nannten — ebenfalls „Ö! — ö! — ö! — ö!“ erwiderte und sich die beiden auf diese Weise verständigten, war es endgültig um den guten Ruf des Professors geschehen. Man riet ihm, freiwillig auf sein Lehramt zu
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