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Urbi et Orbi

Urbi et Orbi

Titel: Urbi et Orbi
Autoren: berry
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irgendetwas Entscheidendes vorgefallen war, aber er hatte nichts erzählt, und sie hatte ihn nicht bedrängt.
    Bevor er auf ihre Frage eingehen konnte, brach eine alte Frau bei einem der Brunnen weinend zusammen. Mehrere Menschen eilten der jammernden, den Verlust des Papstes laut beklagenden Alten zur Hilfe. Michener sah zu, wie zwei Männer die hemmungslos Schluchzende in den Schatten führten.
    Nachrichtenteams strömten auf den Platz, um Interviewpartner zu finden. Bald würde die Weltpresse hierher zurü ckk ehren, um über die Frage nachzugrübeln, welche Entscheidung das Kardinalskollegium in der Sixtinischen Kapelle wohl treffen würde.
    »Bestimmt ist Tom Kealy auch wieder da«, sagte Katerina.
    »Das habe ich auch gerade gedacht. Der Mann, der auf alles eine Antwort hat.« Sie schenkte ihm ein bedeutungsvolles Lächeln.
    Sie näherten sich dem Petersdom und blieben mit den Trauernden vor der Absperrung stehen. Der Dom war geschlossen, da er für die Bestattungszeremonie vorbereitet wurde. Der Balkon war schwarz verhüllt. Michener sah nach rechts. Die Fensterläden des Papstschlafzimmers waren geschlossen. Dahinter war vor wenigen Stunden die Leiche Alberto Valendreas gefunden worden. Den Medienberichten zufolge hatte er gebetet, als sein Herz versagte, denn die Leiche hatte unter einem Bildnis Jesu auf dem Boden gelegen. Diese letzte Dreistigkeit Valendreas brachte Michener zum Lächeln.
    Jemand ergriff seinen Arm.
    Er drehte sich um.
    Der Mann vor ihm hatte einen Bart, eine Hakennase und dichtes, rötliches Haar. »Sagen Sie mir, Padre, was sollen wir tun? Warum hat der Herr uns unseren Heiligen Vater genommen? Was hat all das zu bedeuten?«
    Michener nahm an, dass seine schwarze Soutane den Mann zu dieser Frage veranlasst hatte, und er hatte die Erwiderung sofort parat. »Warum muss alles immer eine Bedeutung haben? Müssen Sie den Willen des Herrn ständig hinterfragen? Können Sie ihn nicht einfach hinnehmen?«
    »Petrus hätte ein großer Papst werden können. Endlich saß wieder ein Italiener auf dem Heiligen Stuhl. Wir haben uns solche Hoffnungen gemacht. «
    »Viele Männer der Kirche haben das Zeug dazu, ein große r P apst zu werden. Und sie müssen dafür nicht unbedingt Italiener sein.« Sein Zuhörer bedachte ihn mit einem sonderbaren Blick. »Das Einzige, was zählt, ist der Wille, dem Herrn zu dienen. «
    Er wusste, dass von den Tausenden Versammelten nur er selbst und Katerina das Wesentliche verstanden hatten. Gott lebte. Er war da. Er hörte ihnen zu.
    Sein Blick wanderte von dem vor ihm Stehenden zur großartigen Fassade des Petersdoms. Trotz aller Pracht war auch diese Basilika nur ein Bauwerk aus Mörtel und Stein. Irgendwann würde der Zahn der Zeit sie zerstören. Doch das, wofür sie stand, würde immer bestehen. Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein.
    Er wandte sich wieder seinem Gesprächspartner zu, der gerade etwas sagte.
    »Es ist zu Ende, Hochwürden. Der Papst ist tot. Alles ist zu Ende, bevor es überhaupt angefangen hat.«
    Das würde er so nicht stehen lassen und den Defätismus dieses Fremden nicht einfach hinnehmen. »Sie irren sich. Es ist nicht zu Ende.« Er lächelte dem Mann aufmunternd zu . » Es fängt nämlich gerade erst an.«
    Anmerkungen des Autors
    F ür die Recherchen zu diesem Roman bin ich nach Italien und Deutschland gereist, doch ist dieses Buch letztlich aus der katholischen Erziehung meiner Kindheit und einer lebenslangen Faszination durch Fatima erwachsen. In den letzten zweitausend Jahren ist das Phänomen der Marienvisionen mit überraschender Regelmäßigkeit aufgetreten. In der Neuzeit sind die Marienerscheinungen von La Salette, Lourdes, Fatima und Medjugorje die Bedeutendsten, doch es gibt noch zahlreiche weitere, weniger bekannte Erfahrungen dieser Art. Wie in meinen ersten beiden Romanen wollte ich den Leser sowohl unterhalten als auch bilden. Daher enthält dieses Buch noch mehr reale Tatsachen als die vorangegangenen Romane.
    Die im Prolog nacherzählte Szene in Fatima beruht auf den Berichten von Augenzeugen. Sie basiert in erster Linie auf Lucias eigener Darstellung der Ereignisse, die sie in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts veröffentlichte.
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