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Urbi et Orbi

Urbi et Orbi

Titel: Urbi et Orbi
Autoren: berry
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ging quer durch den Raum auf die Regale zu, dabei sah er aus wie ein eingesperrtes Tier, das seinen Käfig abmisst. »Seit langem schon haben die Päpste Gott missachtet. Die Botschaft aus La Salette ist seit einem Jahrhundert aus dem Archiv verschwunden. Ich wette, dass die Jungfrau jenen Sehern damals genau dasselbe mitgeteilt hat.«
    »Das Handeln der damaligen Päpste«, entgegnete Ngovi , » war verzeihlich. Sie betrachteten die Botschaften als Einbildung der Seher und nicht als das Wort der Jungfrau. Sie hielten Zurückhaltung für angebracht. Ihnen fehlte der Beweis, den Sie hatten. Denn Sie wussten, dass die Worte von Gott kamen, und trotzdem wollten Sie Michener und Katerina ermorden lassen, um das Wort Gottes zu unterdrücken.«
    Valendreas Augen blitzten wütend auf. »Sie scheinheiliges Arschloch. Was sollte ich denn tun? Zulassen, dass die Kirche zerbricht? Ist Ihnen denn nicht klar, was diese Offenbarungen anrichten werden? Zweitausend Jahre Kirchenlehre werden plötzlich als Irrtum dastehen.«
    »Wir haben nicht das Recht, das Schicksal der Kirche zu manipulieren«, gab Ngovi zurück. »Gottes Wort allein entscheidet, und offensichtlich ist seine Geduld zu Ende. «
    Valendrea schüttelte den Kopf. »Wir müssen die Kirche bewahren. Welcher Katholik auf Erden würde denn noch auf Rom hören, wenn er wüsste, dass wir gelogen haben? Und wir reden hier nicht über Nebensächlichkeiten. Der Zölibat? Die Priesterweihe für Frauen? Abtreibung? Homosexualität? Und sogar das Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit?«
    Ngovi schienen diese Worte nicht zu berühren. »Ich an Ihrer Stelle würde mir eher Sorgen darüber machen, wie ich meinem Gott die Missachtung seines Befehls erkläre.«
    Michener trat Valendrea gegenüber. »Als Sie damals im Jahr 1978 die Riserva betraten, gab es noch kein zehntes Geheimnis von Medjugorje. Und doch haben Sie einen Teil der Botschaft unterschlagen. Woher wussten Sie denn um die Wahrheit von Schwester Lucias Worten?«
    »Ich sah die Angst in Pauls Augen, als er die Botschaft las. Wenn dieser Mensch Angst bekam, war wirklich Gefahr im Anzug. Als Clemens mir an jenem Freitagabend in der Riserv a v on Tibors Übersetzungskopie erzählte und mir dann einen Teil der Originalbotschaft zeigte, war mir, als wäre ein Teufel zurückgekehrt. «
    »In gewisser Weise ist auch genau das passiert«, merkte Michener an.
    Valendrea starrte ihn an.
    »Wenn Gott existiert, dann auch der Teufel.«
    »Und welcher von beiden hat dann Hochwürden Tibors Tod veranlasst?«, fragte Valendrea trotzig. »War es der Herrgott, um die Wahrheit ans Licht zu bringen? Oder der Teufel, um die Wahrheit ans Licht zu bringen? Beide hätten dasselbe Ziel gehabt, oder etwa nicht?«
    »Und deswegen haben Sie Hochwürden Tibor ermordet?«, fragte Michener. »Um das zu verhindern?«
    »In jeder religiösen Bewegung hat es Märtyrer gegeben. « K eine Spur von Reue lag in diesen Worten.
    Ngovi trat vor. »Das stimmt. Und nun wollen wir einen weiteren Märtyrer schaffen.«
    »Ich hatte mir fast schon gedacht, dass Sie so etwas im Sinn haben. Sie wollen mich anklagen lassen?«
    »Aber durchaus nicht«, erwiderte Ngovi.
    Michener hielt Valendrea ein kleines, karamellfarbenes Fläschchen hin. »Wir erwarten von Ihnen, dass Sie sich der Reihe der Märtyrer anschließen.«
    Valendreas Augenbrauen schnellten erstaunt nach oben.
    »Das hier ist das Schlafmittel, das auch Clemens genommen hat«, erläuterte Michener. »Es ist mehr als ausreichend, um Sie umzubringen. Wenn man morgen früh Ihre Leiche findet, erhalten Sie ein Papstbegräbnis und werden mit aller Feierlichkeiten im Petersdom bestattet. Sie hatten dann zwar nur eine kurze Amtszeit, aber man wird Ihrer ganz ähnlich gedenken wie Johannes Pauls I. Falls Sie allerdings morgen Frü h n och am Leben sein sollten, werden wir das Kardinalskollegium über alles informieren, was wir wissen. Dann werden Sie als der erste Papst in die Geschichte eingehen, der je vor Gericht stand. «
    Valendrea nahm das Fläschchen nicht entgegen. »Sie wollen, dass ich mir selbst das Leben nehme?«
    Michener zuckte mit keiner Wimper. »Sie können als ein verehrter Papst sterben oder als erbärmlicher Verbrecher dastehen. Ich persönlich ziehe Letzteres vor, daher hoffe ich, dass Sie nicht den Schneid haben, es Clemens nachzutun.«
    »Ich kann mich wehren.«
    »Sie haben keine Chance. Wir wissen mehr als genug, und ich nehme an, dass es im Kardinalskollegium einige Würdenträger gibt, die
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