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Unverkäuflich!

Unverkäuflich!

Titel: Unverkäuflich!
Autoren: Bobby Dekeyser
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meistens sogar zu viele, und ich treibe Menschen in meinem Umfeld bisweilen zur Verzweiflung, weil eine Idee, die ich hatte, noch ganz am Anfang der Ausarbeitung steht, während ich schon zwei neue habe. Am liebsten natürlich alles sofort und alles gleichzeitig, und wenn sich alles miteinander verbinden lässt: umso besser. Es ist auch wichtig, Freunde zu haben, die einen wieder einfangen, wenn aus einem Plan eine Spinnerei wird.
    Ich bin ein emotionaler Mensch, ich treffe Entscheidungen schnell und oft auch aus einem Bauchgefühl heraus. Jeder Wirtschaftsberater, der mich länger als eine Woche begleitet, bekommt in meiner Anwesenheit Herzrhythmusstörungen. Als Unternehmer stehe ich aber auch für meine Entscheidungen und Fehler ein. Ich trage die Verantwortung und das Risiko, wenn etwas schiefgeht. Wie oft ich schon am Boden war, körperlich, geistig, finanziell  – das vermag ich gar nicht mehr zu sagen. Vor allem die ersten Jahre der Unternehmensgeschichte erinnern mich an eine Achterbahnfahrt: Es ging manchmal steil nach oben, aber ebenso oft rasant bergab, und auch Loopings gehörten dazu. Wer keine Nerven hat, wer es nicht schafft, Probleme zu verdrängen und sich manchmal auch ein wenig selbst zu belügen, wer kein unerschütterlicher Optimist ist, sollte sich nicht als Unternehmer versuchen. Damit wir uns richtig verstehen: Ich meine damit nicht, ein Spinner zu sein, der starrköpfig an irgendeinem Unfug festhält. Wer im Solarzeitalter einen Handel mit Braunkohle aufmacht, darf sich nicht beschweren. Etwas hochtrabend ausgedrückt könnte man sagen, dass ein Unternehmer gleichzeitig Visionär und Realist ist, und am besten ist er auch ein bisschen verrückt.
    Ich glaube daran, dass es im Leben Momente gibt, in denen alles eine neue Richtung bekommt. Begegnungen, Erlebnisse, vielleicht ein einziger Satz, der einen zum Nachdenken bringt oder dazu, alles infrage zu stellen. Sich immer wieder zu hinterfragen halte ich für eine wichtige Aufgabe. In der größten Hektik, im schlimmsten Trubel nehme ich mir die Zeit, mich und meine Entscheidungen zu hinterfragen. Das kann einige Stunden dauern, manchmal auch zwei Tage, so lange, wie ein guter Spaziergang am Meer oder in den Bergen oder im Park einer Großstadt eben dauert. Ich halte das aber für wichtig: sich selbst manchmal von außen zu sehen, wie mit der Kamera eines anderen. Sonst latscht man womöglich in eine Richtung, in die man nie gehen wollte. Man muss sich bewusst sein über das eigene Tun, das ist wichtig. Der erste Satz, der mein Leben prägte, kam von Edison Arantes do Nascimento, besser bekannt als Pelé. Er gab mir in New York einen Rat, den ich niemals vergessen habe, und das kam so.
    —
    Ich war zwölf Jahre alt, und wie für die meisten Jungen in diesem Alter gab es für mich nur drei wichtige Dinge: Fußball, Fußball und Fußball. Ich spielte jeden Tag, jede freie Minute, obwohl der Ball nie mein Freund war. Er springt mir heute noch oft vom Fuß, er lässt sich von mir schwer kontrollieren, er gehorcht mir ungern. Auf dem Feld durfte ich deshalb nicht ran, kleine Jungs sind brutal ehrlich. Sie stellten mich ins Tor. Die Dicken und die Doofen kamen ins Tor, das war mir klar, aber ich dachte daran, was mir mein Opa eingeprägt hatte: Wenn man etwas erreichen will, muss man durchhalten. Wir kickten in einer Grünanlage oder auf einem Parkplatz, eine Gruppe wilder Jungs aus einem der schlechteren Stadtteile von Worms. Neben dem Resultat ging es vor allem darum, die Mädchen zu beeindrucken. Die Mädchen waren eine wichtige Motivation. Selten ging es ohne Verletzung aus, Schürfwunden und Prellungen waren normal, aber auch wenn jemand einen Zahn verlor, machten wir keine große Sache daraus. Es war eigentlich kein Fußball, sondern eine Art Kampfsport mit Ball. Zwischen den Toren ließen wir unseren Aggressionen freien Lauf. Die meisten von uns waren Migranten oder entwurzelte Außenseiter, die nach eigenen Regeln lebten. Hamsa, ein bulliger Türke, der aufbrausend war und schnell zuschlug; Ralf, ein hagerer Typ mit schwierigem Elternhaus, Bogdan, ein kleiner, drahtiger Jugoslawe, ein liebenswerter Kerl und der beste Fußballer. Nachts stromerten wir durch die Straßen, stiegen in halb abgerissene Häuser ein, trieben uns auf Baustellen herum, untersuchten das Areal im Schein von Taschenlampen. Wir seilten uns an Ketten von oberen Stockwerken ab, wir wetteten, wer es wagte, aus der Höhe auf einen Sandhaufen zu springen, keine Mutprobe
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