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Unverkäuflich!

Unverkäuflich!

Titel: Unverkäuflich!
Autoren: Bobby Dekeyser
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später in einer kleiner werdenden Welt zurechtfinden können?
    Die Organisation der Schule, wie sie bei uns Praxis ist, gibt Familien einen Rhythmus vor, der zerstörerisch sein kann. Die Tage beginnen mit Stress, mit Zeitdruck, und für niemanden ist es schön, Kinder in der Dunkelheit des Winters in die Schule zu schicken. Ich habe mich an manchen Tagen entschieden, mit meinen Kindern lieber einen Ausflug zu machen, gemeinsame Zeit zu verbringen. Wir waren oft im See baden, Skilaufen, wir haben etwas gemacht, was uns Spaß machte, und ich nahm in Kauf, dass es deshalb Ärger gab. Verstehen Sie mich nicht falsch: Regeln, feste Regeln sind wichtig, und auch die Einhaltung dieser Regeln. Aber warum muss es so statisch ablaufen, ohne Freiräume? Was lernen Kinder wirklich in der Schule? Was steht in den Büchern, das sie auf das Leben vorbereitet? Sie sollten ganz oft herausgehen dürfen, an einem schönen Tag in den Wald oder irgendwo anders in die Natur. Sie sollten morgens mal früh aufstehen und einem Bäcker zusehen, um Respekt vor Handwerk und ehrlicher Arbeit zu lernen. Oder mal mit einem DJ eine Nacht verbringen oder mit einem Straßenkehrer eine Schicht schieben oder mit einem Bauer den Stall ausmisten, um eine ganz andere Seite des Lebens kennenzulernen. Ich kann nicht begreifen, dass so viele Jugendliche jeden Tag Stunden im Internet verbringen und sich mit virtuellen Freunden treffen, anstatt die Dinge selbst in die Hand zu nehmen  – und etwas zu erleben. Facebook, YouTube, Twitter  – nennen Sie mich altmodisch, aber ich muss gestehen, dass ich die Faszination für solche Zeitdiebe nicht verstehe. In Maßen genutzt mag es bereichernd sein, aber wenn ich höre, wie viele Nutzer wie viele Stunden in die Bildschirme starren, macht mich das ratlos.
    Ich habe manchen Vortrag an Schulen gehalten, weil man mich eingeladen hat, über Erfolg und den Weg dorthin zu sprechen. Lehrer und Vertreter von Wirtschaftsvereinen saßen irritiert daneben, wenn ich den Schülern zugerufen habe: Lasst euch nicht manipulieren, Angst machen oder von anderen erklären, was Erfolg ist. Was ist denn wahrer Erfolg? Ein pralles Geldkonto? Macht? Einfluss? Oder ist es der Bäcker, der noch Jahrzehnte mit Freude aufsteht, um das beste Brot der Gegend zu backen? Der Vater, der sich mit seinen Kindern gut versteht, der eine Familie hat, die zusammenhält, wenn das Schicksal einmal zuschlägt? Ich nehme nichts hin, was mir vorgegeben wird. Ist die Jugend nicht die beste Zeit, sich auszuprobieren, auch mal Verrücktes zu tun, nach ganz neuen Horizonten zu streben? Die beste Schule ist das Leben.
    In meinen Zeugnissen, die ich bis heute aufhebe, stehen Kommentare wie: Mangelhaft wegen deiner Faulheit! Du musst mehr arbeiten!, oder: Faul! Kann viel mehr leisten! Ich fälschte dann die Unterschrift meiner Mutter. Meine Sache war der Sport, egal welche Disziplin: Handball, Schwimmen, Fußball, ich stand in der Auswahl jeder Schule. Die Schulen wechselten oft. Wenn ich die Leistung so sehr verweigerte, dass die Lehrer an mir verzweifelten, wenn die Noten so schlecht wurden, dass kein Ausweg mehr blieb, schickten mich meine Eltern aufs Internat. Und aufs nächste. Ich wechselte die Schulen öfter als mancher Spieler seinen Verein, und das machte die Dinge nicht einfacher. Ich fand nirgendwo richtig Anschluss, weder im Schlaftrakt  – wo die anderen Jungs ohne mich zu den Mädchen hinüberschlichen  – noch im Klassenzimmer. Intelligent, aber der klassische Fall des Leistungsverweigerers , schrieb eine Lehrerin in einem Brief an meine Mutter. Um irgendwie zurechtzukommen mit mir und der Welt, trainierte ich. Ich trainierte wie ein Besessener, nach Plänen, die ich spätabends im Schein einer Taschenlampe auf Malblocks kritzelte. Darin hielt ich genau fest, wie viele dutzend Sit-ups, wie viele hundert Liegestütze, wie viele Sprints und Ausdauerkilometer ich absolvieren musste. Ich notierte jede Banane, die ich aß. Ich rationierte mein Müsli. Ich nahm es ganz genau. Ich war dreizehn, als die Schmerzen begannen.
    Mein rechtes Bein fühlte sich abends an, als sei ein Auto drübergefahren. Ich versuchte die Schmerzen zu ignorieren und trainierte weiter. Auf dem Spielfeld oder dem Sportplatz gab es für mich die Anerkennung, nach der ich mich so sehnte. Das sollte ich aufgeben? Doch die Schmerzen wurden so stark, dass nichts anderes mehr übrig blieb, als die Einladung zum Spiel der Südwestauswahl auszuschlagen. Meine Mutter ging mit mir zu
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