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Untot mit Biss

Untot mit Biss

Titel: Untot mit Biss
Autoren: Karen Chance
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halten und mich warnen, wenn die bösen Buben zu nahe kamen. Vorausgesetzt natürlich, dass ich ihn fand, was manchmal ein wenig Geisterhilfe erforderte.
    Es gab viele Geister in Atlanta, und die meisten von ihnen waren ganz gewöhnliche Spuken-wir-ein-bisschen-herum bis-man-uns-bemerkt-oder-wir-ganz-dahinschwinden-Typen wie Billy Joe. Hinzu kamen einige Schutzgeister und Gepräge, die allerdings nicht den Geistern zuzurechnen waren. Bei Geprägen handelte es sich um so etwas wie übernatürliche Kinos, die immer wieder den gleichen Film zeigten, bis man schreien mochte. Es war nicht unbedingt lustig, auf ein Gepräge zu stoßen, denn normalerweise präsentierten sie traumatische Szenen. Während der ersten Monate in Atlanta hatte ich meine freie Zeit damit verbracht, mir die Straßen meiner Gegend anzusehen und dabei insbesondere auf Geprägezonen zu achten. Ich fand etwa fünfzig, in denen es um den Brand der Stadt zur Zeit des Bürgerkriegs ging, aber die meisten von ihnen waren so schwach, dass sie mir nur leichtes Unbehagen bereiteten, mehr nicht. Doch es gab ein großes Gepräge zwischen meiner Wohnung und dem Reisebüro, und es zeigte einen Sklaven, der von mehreren Hunden zerfleischt wurde. Nachdem ich eines Tages mitten hineingeraten war, machte ich einen weiten Bogen darum. Ich hatte viele Erinnerungen, die ich lieber vergessen würde; die Albträume anderer Leute hatten mir gerade noch gefehlt.
    Portia war kein Gepräge. Manchmal hielt ich sie für schlimmer. Sie gehörte zu den Geistern, die die tragischen Phasen ihres Lebens immer wieder erlebten, aber nicht wie in einem stumpfsinnigen Film. Sie waren regelrecht davon besessen und mit Menschen vergleichbar, die dem unwiderstehlichen Drang nachgeben müssen, sich fünfzigmal am Tag die Hände zu waschen. Und sie waren mobil, was bedeutete, dass sie einem folgten und rund um die Uhr sieben Tage in der Woche von den Dingen erzählten, die sie nicht in Ruhe ließen. Billy Joe hatte ich das schnell abgewöhnt. Er trauerte darüber, jung gestorben zu sein, und ständig sein Was-hätte-ich-für-ein-Leben-haben-können-Geschwafel in den Ohren zu haben … Früher oder später hätte es mich um den Verstand gebracht. Unglücklicherweise befand sich Portia gerade in ihrem geschwätzigen Modus, und mehr als zehn Minuten vergingen, bis ich herausfand, dass sie Billy Joe nicht gesehen hatte – während dieser Zeit beschrieb sie mir detailliert, wie sie Elfenbeinknöpfe an ihr nie benutztes Hochzeitskleid genäht hatte. Typisch. Ich verbrachte den größten Teil meiner Zeit mit dem Wunsch, dass er endlich verschwinden sollte, und er war nur dann nicht da, wenn ich ihn brauchte. Offenbar sah man mir meinen Arger an, denn Portia unterbrach sich mitten in einer Geschichte, in der es um zwei Offiziere ging, die sich um den letzten Platz auf ihrer Tanzkarte gestritten hatten. Es war eine ihrer Lieblingsgeschichten, und es missfiel ihr ganz offensichtlich, dass ich nicht mit voller Aufmerksamkeit bei der Sache war. »Du hörst nicht zu, Cassie. Stimmt was nicht?« Ein ärgerliches Schnippen mit dem spitzenbesetzten Fächer wies darauf hin, dass ich besser einen guten Grund haben sollte.
    »Tony hat mich gefunden, und ich brauche Hilfe dabei, die Stadt zu verlassen. Aber zuerst muss ich zum Club und benötige jemanden, der Ausschau hält.« Ich hatte die Worte kaum ausgesprochen, als ich sie auch schon bereute. Portias Augen wurden noch größer, und entzückt klatschte sie in die Hände. »Oh, das macht Spaß! Ich helfe dir!«
    »Ah, das ist sehr großzügig von dir, Portia, aber ich glaube nicht … Ich meine, es gibt viele Wege zum Club, und du könntest sie nicht alle überwachen.« Doch in Portias Augen zeigte sich bereits ein vertrauter stählerner Glanz, und ich gab sofort nach. Die meiste Zeit über war sie zuckersüß, aber wenn man sich ihren Zorn zuzog, konnten die Dinge schnell ungemütlich werden.
    »Ich hole Hilfe«, versprach sie. »Es wird wie eine Party!« Sie verschwand mit wirbelndem Reifrock, und ich seufzte. Einige von Portias Freunden nervten noch mehr als sie selbst, aber wenigstens hatte ich jemanden, der Ausschau hielt. Und ich brauchte mir keine Sorgen darüber zu machen, dass Tonys Leute sie bemerkten. Selbst wenn er Vampire geschickt hatte – sie würden überhaupt nichts von ihr sehen.
    So seltsam es auch klang: Viele Angehörige der übernatürlichen Gemeinschaft glaubten nicht an Geister. Oh, manche räumten ein, dass es gelegentlich eine
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