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Untot mit Biss

Untot mit Biss

Titel: Untot mit Biss
Autoren: Karen Chance
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durch die Finger an. Sie ließ die Hände sinken und musterte mich neugierig. Ich zuckte mit den Schultern. Wenn man bedachte, wo ich aufgewachsen bin … Was erwartete sie von mir? Sie seufzte und gab die Show auf. »Na schön, ich habe mich geirrt. Mein Fehler. Aber jetzt müssen wir die Dinge in Ordnung bringen. Ich kann dich nicht richtig ausbilden, weil mir die Zeit fehlt, aber wir dürfen ganz offensichtlich nicht zulassen, dass die Macht auf Myra übergeht. Entweder steckt sie freiwillig in dieser Sache oder man hat sie gezwungen. Ersteres bedeutet, dass sie böse ist. Letzteres weist auf Schwäche hin. Was auch immer der Fall sein mag: Sie ist aus dem Rennen.« Ich betrachtete das lange, scharfe Messer in den Händen der Sibylle, sah das Funkeln in ihren Augen und tippte auf freiwillig. Sie wirkte zu zornig, um von jemand anders kontrolliert zu werden. Allmählich begann ich, Mirceas Standpunkt zu verstehen.
    »Na schön, in Ordnung, sie ist eine böse Sibylle. Du willst sie mitnehmen und ihr die Leviten lesen, wie? Nur zu.«
    »Das steht nicht auf dem Programm.«
    Ich war nicht in der Stimmung für ein längeres Frage-und-Antwort-Spiel. »Würdest du auf den Punkt kommen? Ich habe hier zu tun.« Agnes warf die Hände hoch. »Natürlich. Bitte entschuldige das Quasseln. Dies ist eine gute Gelegenheit, weißt du. Ich versuche nur, alles etwas feierlicher zu machen.«
    Ich hatte ein ungutes Gefühl. »Was für eine gute Gelegenheit?« Agnes richtete einen Blick auf mich, der nichts von der vorherigen Verspieltheit hatte. »Die Macht hat dich gewählt. Du bist die neue Pythia.« Sie schnitt eine Grimasse. »Herzlichen Glückwunsch und so weiter.«
    Ich kam zu dem Schluss, dass bei Agnes einige Schrauben locker saßen. »Du kannst es nicht einfach so auf mich abladen! Was ist, wenn ich gar nicht die neue Pythia sein will?«
    Agnes hob und senkte die Schultern. »Und wenn schon.«
    Ich sah sie groß an. Eine solche Frechheit! »Das kannst du vergessen, Teuerste.
    Such dir eine andere Hellseherin.«
    Agnes stemmte kleine Fäuste an ihre schmalen Hüften und starrte mich an. »Je länger ich mit dir rede, umso mehr glaube ich, dass du entweder die beste von uns wirst oder die schlimmste. Wenn es eine andere Möglichkeit gäbe, würde ich Gebrauch davon machen, das versichere ich dir. Aber es gibt keine Alternative. Die Macht will zu dir. Hör auf meinen Rat und erleichtere den Übergang. Je mehr du dich widersetzt, umso größer werden die Schwierigkeiten für dich.«
    »Glaubst du?« Zum Glück hatte ich noch ein Ass im Ärmel. »Deine Macht kann nicht auf eine Jungfrau übergehen. Und genau genommen bin ich noch immer rein und unberührt.«
    Ein oder zwei Sekunden lang war Agnes sprachlos, und dann begann sie zu kichern. Schließlich beruhigte sie sich wieder. »Wer behauptet so etwas? Hast du dir das von den Magiern einreden lassen? Ich bitte dich!«
    »Moment mal. Die Vampire glauben es ebenfalls. Alle sind davon überzeugt.«
    Agnes schüttelte den Kopf und versuchte, ernst bleiben. Aber es gelang ihr nicht, und sie gab dem Grinsen nach. »Gott, was bist du naiv. Wer hat ihnen das wohl gesagt, hm? Eine der alten Pythien hatte die Vorschrift satt, nach der eine Priesterin ›rein und unberührte sein muss. Sie verkündete den Priestern von Delphi, sie hätte eine Vision gehabt. Die Macht, so behauptete sie, wäre viel stärker, wenn sie auf eine erfahrene Frau überginge.
    Sie kam damit durch und konnte sich einen Liebhaber zulegen. In Wirklichkeit spielt es keine Rolle. Zumindest nicht für den Übergang der Macht.«
    »Was soll das heißen?«
    Agnes lachte erneut und tänzelte ein wenig durch den Raum, trat dabei durch mehrere Magier. Sie erzitterten kurz, erwachten aber nicht aus ihrer Starre. »Es bedeutet, dass du das Ritual so schnell wie möglich vervollständigen solltest, wenn du dein Talent kontrollieren willst, anstatt dich von ihm kontrollieren zu lassen.« Sie lächelte. »Und ich bin nicht unbedingt in der Lage, dir dabei zu helfen.« Sie hielt inne, beobachtete meine verschränkten Arme und den trotzigen Eigensinn in meinem Gesicht. Auf ihrer Stirn bildeten sich dünne Falten und wiesen mich daraufhin, dass sie keine Widerworte gewöhnt war.
    »Na schön, mach, was du willst. Aber wenn du das Ritual unvollständig lässt, hast du nicht nur ungenügende Kontrolle – dann sehen die Magier nicht mehr in dir als die Erbin. Die Pythia ist tabu, aber ihre Erbin nicht. Du bleibst verwundbar, bis du es
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