Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Untot mit Biss

Untot mit Biss

Titel: Untot mit Biss
Autoren: Karen Chance
Vom Netzwerk:
Wahrheit lautete, dass man nie mehr als ein Werkzeug in mir sehen würde. Wenn ich zur Pythia wurde, konnte ich mir Freiheit abschminken. Verdammt. Ich hoffte, dass metaphysischer Sex nicht zählte.
    »Ja, natürlich.« Ich setzte mich aufs Bett, und er nahm meine Füße, streifte mir einen der langen weißen Strümpfe der Frau über. Ich ließ mich weiter von ihm anziehen und überlegte, wie ich die Sibylle retten konnte – Worte Mircea gegenüber reichten ganz offensichtlich nicht aus. Ich musste irgendwie dafür sorgen, dass er mir nicht in die Quere kam, während ich die Sibylle suchte und feststellte, ob sie freiwillig in dieser Sache steckte oder nicht. Andernfalls würde der sehr praktisch denkende Vampir, der mich begleitete, sie einfach töten. Das löste zwar das Problem, aber es war keine Lösung, mit der ich leben konnte.
    Etwas fiel mir ein, als Mircea das letzte Strumpfband an die richtige Stelle schob. »Du hast mir gesagt, dass dein Bruder Louis-César geschaffen hat.
    Deshalb hat das, was Tomas und ich getan haben, nicht alles verändert. Anstatt von Françoises Großmutter mit Vampirismus verflucht zu werden, hat Radu ihn auf die übliche Weise verwandelt, nicht wahr?«
    »Ja. Offenbar erwartete unseren Franzosen ein Schicksal, das sich nicht betrügen ließ.«
    »Also braucht Rasputin gar nicht gegen Louis-César direkt vorzugehen, oder?
    Wenn er Radu eliminiert, gibt es niemanden, der Louis-César beißt, und dann stirbt er am Ende eines normalen Lebens, anstatt zu einem Meistervampir zu werden. Radu muss irgendwie gebändigt werden, denn sonst wären sie nicht in der Lage gewesen, ihn hierzubehalten. Und für einen Geist wäre es viel einfacher, einen gefesselten, hilflosen Mann zu töten, als einen starken und freien, oder?«
    Mircea erbleichte. »Ich bin hundertmal ein Narr, Cassie! Komm, schnell!
    Vielleicht sind sie bereits dort gewesen!«
    Ich widersetzte mich, als er versuchte, mich auf die Beine zu ziehen. »Geh voraus. Ich bleibe hier für den Fall, dass ich mich irre und sie hierherkommen.«
    »Rasputin ist ein Meistervampir! Was könntest du gegen ihn ausrichten?«
    »Er mag in unserer Zeit ein Meister sein, aber hier ist er nur ein Geist. Ich habe einen Körper, und deshalb bin ich stärker. Außerdem halte ich Radu für das wahrscheinlichere Ziel. Was meinst du?«
    Mircea wollte widersprechen, doch die Sorge um seinen Bruder setzte sich gegen Vorsicht durch, und schließlich machte er sich auf den Weg. Ich wartete dreißig Sekunden, schlich dann hinter ihm her und erreichte den Flur, in dem ich den Geistern begegnet war. Mit ein wenig Mühe gelang es mir, sie auch in meinem geliehenen Körper zu fühlen. Ich bedauerte, dass ich sie nicht sehen konnte, wozu ich als Geist fähig gewesen war, aber wenigstens spürte ich ihre Präsenz. Mitten in dem kalten, steinernen Korridor blieb ich stehen und fühlte, wie sie mich frostigem Nebel gleich umgaben. Eine Sekunde später ging die Tür zur Folterkammer auf, und ich trat in die Schatten an den Wänden. »Ich helfe euch, wenn ihr mich versteckt«, flüsterte ich.
    Die Schatten hüllten mich wie in einen tarnenden Mantel und bewahrten mich vor den benommenen Blick der gequälten Frau, die in der Tür zu schweben schien. Sie hing etwa einen Meter über dem Boden, getragen von jemandem, den ich nicht sehen konnte, dessen Identität ich aber sehr wohl kannte. Ich wartete, bis die Frau in Tomas’ unsichtbaren Armen die Treppe herabgeschwebt war, zuckte dann zusammen, als mir eine verwirrte Stimme eine Frage ins Ohr flüsterte.
    »Bitte auf Englisch«, sagte ich ungeduldig. In diesem Körper konnte ich Französisch verstehen, wenn ich mich konzentrierte, aber es war erhebliche Mühe damit verbunden, und ich brauchte meine Kraft für andere Dinge. Langsam erschien Pierre vor mir. Er war nicht annähernd so deutlich zu sehen wie vorher, aber ich beklagte mich nicht.
    »Wie könnt Ihr uns wahrnehmen,
Madame}«
Ich begriff, dass er die Frau sah, in der ich stecke, nicht mich. »Es ist eine lange Geschichte, und wir haben nicht genug Zeit dafür. Es geht um Folgendes: Wir wollen beide Rache, und ich glaube, ich habe eine Möglichkeit gefunden, Vergeltung zu üben.«
    Kurze Zeit später zogen meine Geisterarmee und ich in den unteren Kerkerbereich. Ich glaubte, schon das Schlimmste von Carcassonne gesehen zu haben, aber das erwies sich als Irrtum. Im Vergleich zu diesen Verliesen wirkten die Räume weiter oben fast einladend, zumindest auf mich. Die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher