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Untot mit Biss

Untot mit Biss

Titel: Untot mit Biss
Autoren: Karen Chance
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Rasputin, und seine Stimme hallte durch meine Gedanken. Er bewegte sich ein wenig, und ich glaubte, ein blasses Gesicht zu sehen, umrahmt von öligem schwarzem Haar. Es gab nichts Attraktives darin, doch die Augen hatten etwas sonderbar Hypnotisches. »Selbst du kannst nicht gegen ein Dutzend Magier des Schwarzen Kreises gewinnen. Überlass uns den Vampir. Wir wollen dir kein Leid zufügen.« Die tiefe Stimme hatte einen starken Akzent, klang aber seltsam beruhigend. Ohne den Körper war Rasputins Vampirkraft zwar geschwächt, aber ganz offensichtlich noch immer vorhanden. Er versuchte, mich zu beeinflussen, und es funktionierte. Plötzlich verstand ich, was er meinte. Warum hier sterben, Hunderte von Jahren und Tausende von Kilometern von allem Vertrauten entfernt? Warum mein Leben für jemanden riskieren, den ich gar nicht kannte und der ohnehin besser dran war, wenn er schnell starb, anstatt Jahrhunderte zu leiden? Ich schien Radu praktisch einen Gefallen zu erweisen, wenn ich diese Leute vorbeiließ, damit sie ihn töteten. Rasputin würde dafür sorgen, dass es schnell ging, und dann konnte ich … Ich gab mir selbst eine Ohrfeige. Sie tat weh, aber der Schmerz brachte Klarheit in den geliehenen Kopf. Verdammt! Selbst als Geist hätte er mich fast geschafft. »Zwölf Magier?« Ich sah zu dem an der Wand liegenden Magier, der noch immer keinen Muskel rührte. Der Kopf war weit zur Seite geneigt, und ich bezweifelte plötzlich, dass sich dieser Mann jemals wieder bewegen würde. Meine Messer hatten drei weitere erledigt – die Klingen waren zu mir zurückgekehrt und schwebten rechts und links von meinem Kopf. Keiner der drei Männer auf dem Boden schien tot zu sein, und ihre Kumpel glaubten ebenfalls, dass sie noch lebten, denn sie ließen sie nicht liegen, sondern zogen sie zur Treppe. Allerdings: Für den Kampf taugten sie nichts mehr. »Ich zähle nur acht, Rasputin. Fragen Sie Ihre Freunde, wer von ihnen als Nächster sterben will.«
    Er machte sich nicht die Mühe. Vielleicht rechnete er nicht damit, eine Antwort zu bekommen, oder vielleicht waren seine Freunde gar nicht so freundlich, wenn es darum ging, sich für ihn zu opfern. Was auch immer der Fall sein mochte: Seine Geistertruppe wogte als schimmernde Wolke auf mich zu und war bis zum Rand des Wirkungsbereichs meines Schutzzaubers gekommen, als meine Gruppe angriff. »Dass mir die junge Frau nicht zu Schaden kommt!«, rief ich, als tausend Geister in einer flackernden Woge aus Farben und Schatten an mir vorbeihuschten. Grüne und weiße Funken stoben auf, als die Geister von Carcassonne über ihre Feinde herfielen und ihnen die Kraft entzogen. Ich hatte das Gefühl, dass es viele Vampirkörper geben würde, die nach dieser Nacht nicht wieder aufstehen würden.
    Während über unseren Köpfen eine Art Feuerwerk stattfand, beugte ich mich über die benommene Sibylle. Sie war blass und ängstlich, aber wenigstens lebte sie noch. Große graue Augen sahen mich aus einem kleinen, ovalen Gesicht an, gesäumt von blondem Haar. »Keine Sorge«, sagte ich zu ihr, obwohl das angesichts der Umstände sehr seltsam klingen musste. »Ich werde nicht zulassen, dass er dir etwas antut. Wir müssen …«
    Ich brachte den Satz nicht zu Ende, denn plötzlich erstarrte alles. Ich sah mich besorgt um und fragte mich, mit welcher neuen Gefahr ich es zu tun bekam.
    Dann bemerkte ich, dass die Sibylle noch immer das Messer in der Hand hielt, und nur wenige Millimeter trennten seine Spitze von meiner Brust.
    Ich starrte ungläubig darauf hinab. Das Miststück wollte mich erstechen! Und nach dem Winkel zu urteilen, hatte es die feine Dame auf mein Herz abgesehen. Zugegeben, es war nicht mein Körper, aber ich hielt es für höflich, ihn so zurückzugeben, wie ich ihn empfangen hatte, ohne große Löcher darin. Außerdem, ich wusste nicht, was mit mir passieren würde, wenn die Frau starb. Selbst Billy hatte das nicht gewusst. Vielleicht würde ich es überleben, vielleicht auch nicht, aber eins stand fest: Radu oder Louis-César konnte ich dann keine große Hilfe mehr sein. Ganz zu schweigen davon, dass dann noch ein weiterer Tod auf meinem Gewissen lastete.
    »Wie ich sehe, hast du meine Nachricht bekommen.« Eine Stimme schwebte durch den Raum, so silbrig klar wie läutende Glocken.
    Ich hob den Kopf und sah eine kleine, schlanke junge Frau mit langem dunklem Haar, das ihr fast bis zu den Knien reichte. Sie ging an den schwebenden Geistern vorbei – einige von ihnen hatten
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