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Untot, Intrige und viel Tee (German Edition)

Untot, Intrige und viel Tee (German Edition)

Titel: Untot, Intrige und viel Tee (German Edition)
Autoren: Uwe Post
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abgeschafft«, meinte Wahrmut. »Und der wichtigtuerische Titel des Hauptherrvaters gleich dazu. Manche Leute glauben, dass ich den erfunden habe.«
    »Jeder weiß«, sagte Materia, »dass Olger Mit Dem Bart der erste war, der sich so genannt hat.«
    » Ich wusste das nicht«, warf Jakeed ein.
    »Nun ...«, begann Materia, aber Wahrmut unterbrach sie. »Du, Gultuweiti, bist das wirkliche Oberhaupt der Grauen Kirche. Und ab sofort«, er nahm einen Schluck Tee, »geleitest Du die graue Hälfte der Kirche von Zweiland in die Vereinigte Kirche Aller Farben.«
    Materia nickte. »Ich habe so etwas kommen sehen.«
    »Aber sie ist tot!«, schimpfte Armia.
    »Es laufen ziemlich viele Untote in Zweiland umher«, wandte Wahrmut sich ihr vieldeutig zu. »Weil sie mich davon überzeugt haben, dass sie noch hier vor Ort gebraucht werden.«
    »Aber ist nicht jeder Mensch ersetzbar?«, fragte Jakeed zweifelnd.
    »Natürlich nicht«, wehrte Wahrmut ab. »Ist denn ein Senfkorn einfach so ersetzbar?«
    »Absolut«, nickte Jakeed.
    »Richtig«, stimmte Wahrmut zu. »Aber Menschen sind keine Senfkörner.«
    »Das war jetzt ein Gleichnis, oder?«, fragte Armia.
    »So was ähnliches«, lächelte der Schöpfer und erhob sich. »Morgen werde ich diese Wichtige Wanderung beenden. Und übermorgen wird das Oberhaupt der Grauen Kirche genau wie jenes der Lilanen in die zweifarbige Stadt Amaui reisen, um dort über die Zukunft von Zweiland zu beraten.« Wahrmut griff nach einem Stück Kuchen. »Und ich bin sicher, es wird eine fruchtbare Zukunft. Denn nur, wenn zwei sich vereinigen, wächst etwas neues. Ich gehe jetzt schlafen.«
    Armia flüsterte Jakeed ins Ohr: »Reibst du mich noch ein bisschen ein?«
    »Ach ja«, sagte Wahrmut, der schon an der Tür war. »Der Raum hier könnte etwas Farbe vertragen, findet ihr nicht?«
     
    Lila, grau, lila, grau, grau ... nein. Lila. Sausig Werbert schüttelte den Kopf. Er griff in seinen Eimer und zog einen lilanen Wimpel hervor. Sorgfältig band er das Stoffdreieck an das Halteseil, das entlang der Straße gespannt worden war.
    »Wie die Welt seltsam geworden ist«, murmelte Sausig vor sich hin. Er griff in seinen Eimer, der auf der obersten Sprosse der Leiter stand, und erwischte auf Anhieb einen grauen Wimpel. Er befestigte ihn, dann hörte er lautes Rufen, und er sah hinab auf die Straße.
    Eine Gruppe Kinder winkte ihm zu und rief einen fröhlichen Morgengruß. Sie waren so früh am Tag offenbar unterwegs zur Schule. Sausig traute seinen Augen kaum. Fast jedes Kind trug Kleider, Jacken und Hosen in verschiedenen Farben. Es schien fast so, als hätten sie die bunten Klamotten schon ewig extra für diesen Tag im Schrank aufbewahrt. Oder alle möglichen Stoffe waren eilig eingefärbt worden. Der Wimpelaufhänger lächelte zu den Kindern hinunter und winkte zurück.
    »Zweiland, rot, grün, gelb und blau; lila, braun, orange und grau, so bunt, unser Land ist bunt«, sangen die Kinder.
    »Die Welt ist wirklich seltsam«, murmelte Sausig, während die Kinder unter ihm vorbei liefen. Plötzlich summte er: »Unser Land ist bunt, so bunt ...«
    Dann fingen ein paar vorwitzige Jungs an, an Sausigs Leiter zu wackeln.
     
    Jakeed und Armia trafen Wahrmut auf dem Balkon, von dem aus sie über die ganze Stadt schauen konnten. Es war Bedanktag – nach dem wahren Kalender natürlich – und die Straßen waren voller Leute, die winkten, sangen, tranken und ein paar kleinere Schlägereien anzettelten.
    »Das ist das Ende unserer Wanderung«, begrüßte Wahrmut die beiden. »Aber für Zweiland der Beginn einer neuen Zeit.«
    Jakeed nickte. »Kirchenspione werden jetzt jedenfalls nicht mehr gebraucht. Ich wollte meine Arbeit als Grauer Agent glücklicherweise sowieso längst aufgeben.«
    »Was du künftig tun wirst«, sagte Wahrmut, »wirst du für dich tun, nicht für Graue Häupter.«
    Jakeed zeigte auf den kleinen, gedeckten Tisch neben der Brüstung. »Bleib noch ein wenig, es ist noch Tee in der Kanne.«
    »Wie ihr nach mir geschickt habt, schicke ich euch. Um neuen Tee zu holen, wenn dieser leer getrunken ist, und um allen eure Geschichte zu erzählen, die sie hören wollen. Aber übertreibt nicht zu sehr, sonst denken die Leute wer weiß was von mir.« Wahrmut goss sich den kläglichen Rest dreifach gezupften Kreuztee in die Tasse, dann reichte er sie Jakeed. Der sah erstaunt hinein, denn sie war bis oben hin voll. »Ich werde das Teetrinken mit dir vermissen«, murmelte er kopfschüttelnd.
    »Ein Ende ist
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