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Untot, Intrige und viel Tee (German Edition)

Untot, Intrige und viel Tee (German Edition)

Titel: Untot, Intrige und viel Tee (German Edition)
Autoren: Uwe Post
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hättest du das jetzt nicht gesagt.«
     
    Gultuweiti Materia ging im Ratssaal auf und ab. Sie hatte viel zu erledigen und wusste nicht, womit sie anfangen sollte. Der Empfang für Wahrmut musste vorbereitet werden. Sie musste eine Rede schreiben. Ein Kleid aussuchen.
    Und herausfinden, warum ein leerer Sarg unter dem Tisch stand.
    Der Himmel hatte sich aufgeklart. Die Rauchsäule von Savi war bis Etria zu sehen. Die zurückgekehrten Moviker hatten berichtet, dass Wahrmut wohlauf sei und seinen Weg nach Etria fortsetzte. Er würde noch heute Abend eintreffen.
    Inkmuht!
    Er war noch nicht zurück. Vermutlich war etwas dazwischen gekommen.
    Es gab noch keine Listen mit Verletzten. Oder mit Toten.
    Aber es war offensichtlich, dass nicht alle Moviker zurückkehren würden. Auch unter jenen, die Etria wieder erreicht hatten, waren Verwundete. Das verhieß nichts Gutes.
    Die Hauptdame zögerte, dann bückte sie sich und sah unter den Tisch. Der Sarg war kaum verziert, bestand aus hellgrauem Holz mit schwarzen Beschlägen. Der Deckel lag daneben. Materia strich mit der Hand vorsichtig über den Rand. Das Holz fühlte sich angenehm weich an.
    Langsam schob sich Materia weiter unter den Tisch. Sie streifte die Schuhe ab, dann stieg sie mit den Beinen voran in den Sarg. Sie musste ein Stück nach unten rutschen, um bequem hinein zu passen. Mit auf der Brust gefalteten Händen blieb sie liegen und starrte auf die Unterseite des Tisches.
    Sie hörte, wie jemand den Ratssaal betrat. Als sie ihren Kopf ein Stück hob, konnte sie die Beine eines Hauptes sehen, das sich unschlüssig hin und her drehte.
    Zielstrebig stieg Materia aus dem Sarg und kam unter dem Tisch hervor.
    »Hauptdame!«, entfuhr es dem älteren Mann. Es handelte sich um Haupt Hurgolt, einen ihrer Berater in Glaubensfragen.
    »Was ist dein Begehr, Haupt Hurgolt?«
    Der Berater versuchte an Materia vorbei unter den Tisch zu schielen, als könne er nicht glauben, was er da sah. »Möge ... der Herr in dir sein für immer.«
    »Und in dir«, lächelte Materia freundlich.
    »Ja«, entgegnete Hurgolt abwesend. »Der Schöpfer wird in Kürze Etria betreten. Ich habe eine Gruppe Fackelträger als Eskorte befohlen. Und, nun ...«
    »Jetzt willst du mir einige Empfehlungen geben, wie ich mit dem Schöpfer umgehen soll.«
    Hurgolt holte tief Luft. Die folgenden Worte hatte er sich nach ausführlicher Meditation und Rücksprache mit anderen schlauen Köpfen sowie einer Hure im Hafenviertel zurechtgelegt. Er hoffte, dass sie der Situation angemessen waren, allerdings war seine Selbstsicherheit durch einige spitze Bemerkungen der Prostituierten arg in Mitleidenschaft gezogen worden. »Ich wollte empfehlen, eine fruchtbare Diskussion über das Zweite Kapitel der Wichtigen Wanderung zu beginnen, gefolgt vom Dritten Gesang, unterstützt von Mädchenchor ...«
    »Hurgolt«, unterbrach ihn Materia. »Sorg einfach dafür, dass es den ganzen Abend ständig heißen Tee gibt. Und vielleicht ein paar Käsebrote.« Als der Berater fassungslos gaffte und nichts entgegnete, trat die Hauptdame gefährlich lächelnd auf ihn zu. »Glaub mir, ich weiß Bescheid.« Sie fasste ihn an der Schulter und drehte ihn Richtung Tür. »Nun kümmere dich um alles.«
    Entmutigt machte Hurgolt sich auf den Weg.
    »Hurgolt?«, hielt Materia ihn plötzlich auf.
    »Ja?« Der Berater drehte sich zu seiner Hauptdame um. Er warf ihr einen Blick zu, als hätte er erwartet, dass sie schon wieder in ihrem Sarg lag.
    »Wenn du weißt, was mit Inkmuht ist, sag es mir sofort.«
    »Natürlich, Hauptdame.«
    Damit ging er hinaus.
    Ein dünner Sonnenstrahl wagte sich in den Ratssaal, streichelte das Grau der Wände und schlich deprimiert wieder davon. Das Zwielicht nahm an Gewicht zu und verdunkelte den Verstand.
    Gultuweiti Materia fragte sich, ob man den Deckel auf den Sarg legen konnte, wenn man sich darin befand.
     
    Der Regen durchnässte die Häuser von Etria, den von Pfützen übersäten Weg sowie die Wanderer, die darauf unterwegs waren. Die Fackeln des Empfangskomitees zischten und flackerten, zeichneten eine Linie der Wärme hinauf zur Burg.
    Vor dem Tor wartete ein Mädchenchor, der etwas zittrig »Wahrmut wir danken dir« sang. Jakeed staunte nicht schlecht: Die Mädchen trugen gelbe, teilweise sogar ganz und gar bunte Kleidchen. Einige sahen aus, als wären sie erst am Nachmittag eilig geschneidert worden.
    Wahrmut, Jakeed und Armia wurden von einem grauen Kuttenmann in Empfang genommen und in die Burg
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