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Untitled

Untitled

Titel: Untitled
Autoren: Unknown Author
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nachließ, fühlte ich mich schwach, erschöpft und desorientiert. Ich stieg die Steintreppe aus dem Tunnel hinauf.
    Nachtmenschen kamen und gingen, zum Zeitungskiosk an der U-Bahn-Station, zur die ganze Nacht geöffneten Schnellgaststätte. Ich muß ein schlimmer Anblick gewesen sein, völlig mit Blut verschmiert. Trotzdem blieb niemand stehen. Kein einziger Mensch. Sie alle hatten in der Hauptstadt der Nation schon zuviel Grauen gesehen.
    Schließlich stellte ich mich vor einen Lastwagenfahrer, der ein Bündel Washington Posts ablud. Ich sagte ihm, ich sei Polizist. Der Blutverlust machte mich jetzt leicht schwindlig.
    »Ich hab' nichts Unrechtes getan«, sagte er zu mir.
    »Du hast also nicht auf mich geschossen, du Arsch?«
    »Nein, Sir. Was ist denn los mit Ihnen, spinnen Sie? Sind Sie wirklich ein Cop?«
    Ich brachte ihn dazu, mich im Zeitungslieferwagen nach Hause zu bringen. Auf der ganzen Fahrt über sechs Kreuzungen weg schwor der Mann, er werde die Stadt verklagen.
    »Verklagen Sie Bürgermeister Monroe«, sagte ich zu ihm. »Hängen Sie Monroe ein Scheißverfahren an.«
    »Sind Sie wirklich ein Cop?« fragte er mich wieder. »Sie sind doch kein Cop!«
    »Doch, ich bin ein Cop.«
    Streifenwagen und Ambulanzen standen schon vor meinem Haus. Das war mein wiederkehrender Alptraum – genau diese Szene. Nie zuvor waren die Polizei und die Sanitäter zu meinem Haus gekommen.
    Sampson war schon da. Er trug eine schwarze Lederjacke über einem lumpigen alten T-Shirt der Baltimore Orioles. Er hatte eine Mütze von der Tournee der Hoodoo Gurus auf.
    Er schaute mich an, als ob ich den Verstand verloren hätte. Hinter ihm kreisten blutrote und blaue Notfallichter. »Was ist denn los? Du siehst nicht gerade phantastisch aus. Bist du in Ordnung, Mann?«
    »Bin zweimal mit einem Jagdmesser gestochen worden. Nicht so schlimm wie damals, als wir in Garfield angeschossen wurden.«
    »So, so. Muß schlimmer aussehen, als es ist. Leg dich bloß auf den Rasen. Leg dich jetzt hin, Alex.«
    Ich nickte und ging von Sampson weg. Ich mußte das hier zu Ende bringen. Irgendwie mußte das aus der Welt.
    Die Sanitäter wollten mich auf den Rasen legen. Auf unseren winzigen Rasen. Oder auf die Bahre.
    Mir fiel etwas anderes ein. Die Haustür hatte weit offenge standen. Er hatte die Haustür offengelassen. Warum?
    »Bin gleich wieder da«, sagte ich zu den Sanitätern, als ich an ihnen vorbeiging. »Laßt die Bahre hier.«
    Leute brüllten mich an, aber ich schob mich an ihnen vorbei.
    Ich ging leise und zielstrebig durch das Wohnzimmer in die Küche. Ich machte die Tür über Eck zu unserer Hintertür auf und rannte hinunter.
    Im Keller sah ich nichts. Keine Bewegung. Nichts Ungewöhnliches. Der Keller war meine letzte gute Idee.
    Ich ging zu einer Tonne neben dem Ofen, in die Nana die ganze schmutzige Wäsche für die nächste Waschmaschinenladung wirft. Das ist von der Treppe aus der äußerste Kellerwinkel. Im dunklen Keller war kein Soneji/Murphy.
    Sampson kam die Kellertreppe heruntergerannt. »Er ist nicht hier! Jemand hat ihn in der Innenstadt gesehen. Er ist am Dupont Circle.«
    »Er will noch einen großen Auftritt«, murmelte ich. »Der Scheißkerl.« Lindberghs Sohn.
    Sampson versuchte nicht, mich davon abzuhalten, daß ich mitfuhr. Er sah in meinem Blick, daß er das sowieso nicht geschafft hätte. Wir rannten zu seinem Auto. Ich ging davon aus, ich sei in Ordnung. Falls ich es nicht war, würde ich einfach umfallen.
    Ein junger Lümmel aus der Nachbarschaft schaute sich das klebrige Blut auf meiner Hemdbrust an. »Stirbst du, Cross? Wär endlich mal 'ne gute Nachricht.« Er hielt meinen Nachruf.
    Wir brauchten etwa zehn Minuten, bis wir zum Dupont Circle kamen. Überall waren Streifenwagen geparkt – gespenstisch blitzende rote und blaue Lichter in der Morgendämmerung.
    Für die meisten dieser Jungs war es spät in der Nachtschicht. Niemand konnte in der Innenstadt von Washington einen Irren auf freiem Fuß brauchen.
    Noch ein großer Auftritt.
    Ich will jemand sein.
    Während der nächsten Stunde passierte gar nichts – bis darauf, daß es hell wurde. Fußgänger tauchten auf. Der Verkehr nahm zu, während Washington zum Leben erwachte.
    Die Frühaufsteher waren neugierig und blieben stehen, um den Polizisten Fragen zu stellen. Keiner von uns sagte ihnen etwas, außer »bitte, gehen Sie weiter. Gehen Sie einfach weiter. Hier gibt es nichts zu sehen.« Gott sei Dank.
    Ein Notarzt behandelte meine Wunden. Mehr Blut als
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