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Untitled

Titel: Untitled
Autoren: Unknown Author
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nicht im mindesten von Bedeutung. Das Baby war gerettet, die Belohnung gesichert ... und zurück blieb ein unbeachteter, trauriger Vampir.
      Wie ungerecht diese Welt doch war.
      Der Doktor fand aus seiner Gedankenwelt zurück in die Gegenwart und war glücklich, selbst nicht dieser Unbill des Broterwerbs unterworfen zu sein.
      „Sie sind zu beneiden, mein Lieber, diese Komplimente!"
      „Wie meinen Sie bitte?" Der Vampir konnte nicht so schnell die Zusammenhänge erfassen, da er sich bereits intensiv auf den ersten Schachzug konzentriert hatte. Er wußte schon, wie er auch heute den Doktor mit wenigen Zügen matt setzen konnte, und schwankte zwischen Großmut und Eitelkeit, ob er seinen Besucher nun endlich auch einmal gewinnen lassen sollte.
      „Na, ich meine doch den Vergleich zwischen Ihnen und Christopher Lee! Die hübsche Schwester damals im Krankenhaus, bei der unglückseligen Babyaffäre ... und daß sie sich gleich – Verzeihung – entblößte!"
      „Sie eröffnen das Spiel!" Dem Vampir war die Erinnerung an diesen Vorfall äußerst peinlich, und er bemühte sich daher, den Doktor abzulenken, was jedoch nicht sofort gelang.
      „Was Komplimente dieser Art angeht, sind wir älteren Herren ja schließlich besonders empfänglich. Zumal aus so lieblichem Munde ...!"
      „Hochwürden! Das schlägt dem Faß den Boden aus", empörte sich Madame und wollte nach Hause zurückkehren. „Gleich erzählt man noch schlüpfrige Witze!"
      Der Priester hatte seine liebe Not, Madame Vanille von ihrem Vorhaben abzubringen. Energisch hielt er sie zurück und fuhr sie um einige Nuancen zu barsch an, was sie jedoch nur vorübergehend einschüchterte:
      „Wollen Sie uns wegen falscher Moralvorstellungen dieses amüsante Schauspiel verderben? Wir werden morgen zusammen der Heiligen Jungfrau eine Kerze opfern und sie um Verzeihung bitten. Jetzt aber möchte ich wissen, wie das hier ausgeht."
      „Ich für meinen Teil, Herr Pfarrer, finde das alles äußerst skandalös. Und das versichere ich Ihnen, so etwas hat es zu meiner Zeit nicht gegeben, daß ältere Herren sich öffentlich mit Komplimenten junger Dinger brüsten."
    „Ach wirklich?"
      „Jawohl, schließlich ist es kein Geheimnis im Dorf, daß unser so ehrenwerter Herr Doktor keine Gelegenheit ausläßt, die Kellnerin im Gasthaus, in den – na, Sie wissen schon – zu kneifen. Und das in seinem Alter!"
      Hochwürden ereiferte sich: „Auch ich als Mann des geistlichen Standes kann mich einer gewissen Weltoffenheit nicht enthalten. Sie sollten unserem gestreßten Herrn Doktor dieses kleine Vergnügen gönnen, liebe Nachbarin."
      „Herr Pfarrer, und das aus Ihrem Munde!" Madame Vanille war entsetzt. „Na ja, es scheint ja wohl nichts mehr so zu sein wie zu meiner Zeit. Aber wenn Sie vielleicht auch in diverse – na, Sie wissen schon – kneifen, dann dürften wir kurz vor einem zweiten Sodom und Gomorrha stehen!"
      Madame schaute spitz, und der Geistliche war sprachlos. Der Vampir und der Doktor saßen tief versunken bei ihrem Schachspiel. Es schien, als hätte der Arzt heute abend seine Glückssträhne.
      Mit dem Vorsatz, nicht nur eine Kerze zu opfern, sondern sich den Doktor einmal gründlich vorzuknöpfen, hielt Hochwürden den Zeitpunkt für gekommen, sich so leise wie möglich mit seiner Begleiterin auf den Heimweg zu begeben. Morgen wollte man dann weitersehen.

    II.

    Als unsere Freundin am nächsten Morgen erwachte, rief sie sich die Erlebnisse der letzten Nacht ins Gedächtnis zurück. Sie mußte sich davon überzeugen, daß nicht alles nur ein Traum gewesen war.
      „Netter Kerl, dieser Edle. Und der Vergleich mit Christopher Lee ... gar nicht so abwegig."
      Sie hatte alle Filme mit diesem großartigen Vampirdarsteller gesehen. Ja, da war schon eine gewisse Ähnlichkeit. Nicht nur bei den Zähnen. Er läßt gewiß die Mutterherzen heiratsfähiger Töchter höherschlagen, denn er verkörpert den Typ, den man sich als Schwiegersohn wünscht ...
      Diese und ähnliche Gedanken schossen ihr durch den Kopf, während sie ihr Frühstückstablett richtete. Nie hätte sie geglaubt, daß ihr ein so spannendes Erlebnis auf ihre alten Tage beschieden sein würde. Trotz ihrer reichlich vorhandenen Ängste war sie auf das Ende der Geschichte nur zu neugierig.
      Nachdem sie gemütlich gefrühstückt hatte, zog sie ihr Kirchgangskleid an, setzte den schwarzen Hut mit Schleierchen – den ihr Gottseliger so an ihr
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