Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Untitled

Titel: Untitled
Autoren: Unknown Author
Vom Netzwerk:
zu sich, damit wir alle wieder in Frieden leben können und niemand unser Geheimnis entdeckt." Still ging sie zu dem Lehnstuhl am Fenster.
      Der Edle setzte sich kerzengerade auf. Seine Haltung drückte Entschlossenheit aus. Er wußte, es würde einen Kampf geben. Er aber würde siegen. Er war es seiner Liebe und seinen Freunden schuldig.
      „Hochwürden, darf ich Sie um eine letzte Gefälligkeit bitten?" fragte er höflich.
      „Ja, bitte, jederzeit!"
      „Würden Sie nur noch dieses eine Mal Ihr Zeichen der priesterlichen Würde in einem anderen Raum belassen? Ich kann mich dann freier bewegen, wenn es zu Schwierigkeiten kommen sollte." Natürlich konnte der Geistliche es ihm nicht abschlagen.
      Obwohl, wenn der Edle mit der Contessa nicht fertig werden sollte, wie sollte er sie dann hindern, erneut über die Witwe herzufallen? Seine Stirn legte sich in große Sorgenfalten. Wieder war es die alte Dame, die eine Lösung parat hatte. Sie schaute Hochwürden direkt in die Augen, klopfte unauffällig auf ihre rechte Schürzentasche und bewegte ihre Lippen zu einem unhörbaren „Knoblauch". Hochwürden war erleichtert.
      Dankbar sandte er einen Blick gen Himmel, bevor er der kleinen Dame beruhigt zuzwinkerte.
      Sie warteten geduldig, während der Arzt regelmäßig Puls und Blutdruck bei seiner Patientin kontrollierte. Erfreut stellte er fest, daß sich beide durch die vormittägliche Transfusion stabilisiert hatten.
      Die Uhr schlug zwölf. Alle hielten den Atem an. Kaum war der letzte Schlag verklungen, sahen sie, wie die Türklinke ganz langsam hinuntergedrückt wurde.
      Mit einem Satz war Herr von Grauenstein hinter die Tür gesprungen. Er wollte unter allen Umständen der Contessa den Rückweg abschneiden, da er fürchtete, sie könne auf der Stelle verschwinden, wenn sie die Versammelten erblicken würde. Damit aber wäre der ganze Plan hinfällig geworden.
      Die Contessa trat ein. Wunderschön war sie anzusehen in ihrem weißen Spitzengewand. Die langen, blond gelockten Haare verliehen ihr nahezu ein engelhaftes Aussehen. Nur ihre Augen störten das harmonische Bild. Sie glühten förmlich vor Haß und Wut. Ihre Oberlippe zuckte leicht. Für einen Moment schien sie unschlüssig. Madame richtete ihre Augen fest auf die Contessa, die diesem ehrlichen Blick nicht standzuhalten vermochte.
      Den Blick zum Priester gewandt, nahm sie erfreut zur Kenntnis, daß er kein Kruzifix trug. Ein satanisches Lächeln umspielte ihre Mundwinkel und ließ die Spitzen ihrer Reißzähne sichtbar werden.
      „Wagen Sie es nicht, Contessa!" Der Arzt war ihr entgegengetreten, doch mit einer knappen Handbewegung stieß sie ihn zur Seite, um sich, einen wilden Schrei von sich gebend, auf die Witwe zu stürzen.
      Bevor sie jedoch ihr schändliches Werk beginnen konnte, wurde sie von einem starken Arm nach hinten gerissen, und ehe sie es sich's versah, hatte der Edle sie ergriffen und über sein Knie gelegt. Mit Vehemenz versohlte er ihren zierlichen Vampir hintern so lange, bis ihr unheimliches Gefauche und Gekreische in ein Wimmern und schließlich in ein Flehen übergegangen waren.
      „Bitte, aufhören!" Wie ein ungezogenes Kind, das soeben seine Strafe bekommen hatte, stand sie trotzig vor dem sympathischen Vampir. Tränen rannen aus ihren großen Augen, und der Edle fühlte, daß er sie immer noch liebte. Er schaute zu der Witwe hinüber, die blaß in ihrem Bett lag, dann wieder zurück zur Contessa. Er war sichtlich verwirrt. „Ihr könntet Zwillingsschwestern sein", flüsterte er fassungslos. Die Contessa schluchzte: „Deshalb war ich ja so schrecklich eifersüchtig!"
      Schweigend sah sie der Edle eine Weile an.
      „Könntest du dich an Blutkonserven gewöhnen?" fragte er sie plötzlich und hob zart ihr Kinn empor.
      „Wenn das heißt, daß ich bei dir bleiben darf, jederzeit!"
      Sie strahlte. Jeglicher Haß war aus ihren Augen verschwunden, und ihre Zähne wirkten plötzlich längst nicht mehr so schaurig.
      Dankbar wandte sich Herr von Grauenstein an seine Freunde. „Es hat alles besser geklappt, als ich je zu hoffen wagte. Wir beide dürfen uns jetzt empfehlen? Ich glaube, wir haben vieles nachzuholen."
      Damit legte er den Arm zärtlich um die Contessa und führte sie sanft hinaus.
      „Ein bezauberndes Paar", hauchte Madame, und eine Träne lief über ihre Wange.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher