Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Untitled

Titel: Untitled
Autoren: Unknown Author
Vom Netzwerk:
Hand auf seine Stirn und zog sie hastig zurück: wenn's wenig war, dann hatte ihr Mann mindestens vierzig Grad Fieber.
     In seinem Bett im Hotel Gellia warf Giovanni sich hin und her. Er befand sich in den Fängen eines Nachtalbs, eines Drucks, einer Last, die ihn mit Angst erfüllte, so daß er ständig zusammenzuckte. Er stand in einer Mühle, doch in dieser Mühle war niemand. Er hatte angefangen zu rufen, doch niemand antwortete. Da trat er in einen großen Raum, aber auch dort war nichts, nicht einmal ein leerer Sack. In einer Ecke befand sich lediglich ein Haufen Mehl. Das war schmutzig, so, als wäre es mit fast schwarzem Schlamm vermischt worden. Die Tür in seinem Rücken hatte sich geschlossen. Er versuchte, sie zu öffnen, indem er an ihr rüttelte. Nichts. Als er wieder in den Raum blickte, bemerkte er, daß der Mehlhaufen größer und größer wurde, eine eigentümliche Form annahm, zu einer riesigen Spinne wurde und ganz langsam auf ihn zukrabbelte. Mit dem Rücken zur Wand sah er, wie dieses ekelerregende Tier ihm so nahe kam, daß es mit seinen behaarten Beinen fast schon sein Gesicht berührte. Die Augen dieses Tieres waren menschliche Augen und sie blickten ihn voller Mitleid an.
     »Mischineddru!« sagte die Spinne zu ihm auf sizilianisch, »du Armer!«
     Schweißgebadet wachte er auf, sein Herz raste. Was hatte das zu bedeuten?

    Sonntag, 2. September 1877

    Wie vereinbart, holte der Makler ihn im Hotel ab, zu einer Stunde, als man die Dunkelheit noch in Scheiben hätte zerschneiden können. Mit Hilfe zweier Träger luden sie die Koffertruhe und weitere drei Koffer auf die Kutsche und fuhren in Richtung Vigàta, wo der Makler ihm das Häuschen am Meer zur Miete besorgt hatte. »Sie wollen bitte meine Frage verzeihen, Signor Inspekteur, aber ist es wirklich sinnvoll für Euer Ehren, in Vigàta zu wohnen, wo ihre Amtsgeschäfte Sie doch in Montelusa halten?«
     »Ich bin gern in der Nähe des Meeres, ich mag's, wenn ich's höre. Übrigens, was das Herumkommen angeht, haben Sie da ein gutes Pferd für mich gefunden?«
     »Gut? Es scheint ganz heißblütig zu sein.«
     »Finde ich es drüben beim Haus?«
     »Nein. Die Eigentümerin wird es Ihnen heute nach dem Mittagessen bringen lassen. Sie ist übrigens dieselbe, die Ihnen das Haus vermietet. Donna Trisìna Cìcero heißt sie. Sie ist Witfrau, ihr Gatte hat ihr alles hinterlassen, was man sich nur wünschen kann.« Giovanni dachte, er habe nicht richtig verstanden.
     »Habt Ihr gesagt, sie sei eine reiche Witwe?«
     »An Geld fehlt es ihr sicherlich nicht.«
     »Wenn sie so reich ist, warum vermietet sie dann Häuser?«
     »Weil sie auf diese Weise noch reicher wird.« Dagegen konnte man nichts einwenden, die Erklärung überzeugte.
     »Auf dem Land und in den Dörfern der Provinz«, hatte Gigi Piràn in seinem Brief geschrieben, »ereignen sich blutige Verbrechen, offen oder auf Bestellung, wegen plötzlicher Auseinandersetzungen oder aus geplanter Rache, und von Schmiergeldern, Viehraub und Menschenentführung hört man ununterbrochen, derartige Fälle kann man gar nicht mehr zählen, sie sind das Ergebnis von Not und Elend, von unbändiger Unbildung, von Härte und Mühsal, die zu Verrohung führen, und auch der weiten, verbrannten, karstigen und schlecht bestellten Einöden.«
     Verbrannte, karstige Einöden? Nach nicht einmal zehn Reiseminuten war sein Kutscher einer prunkvollen Kutsche ausgewichen.
     »Das ist die Kutsche des Deputierten Casuccio«, hatte der Makler erklärt. Und dann kleine bemalte Fuhrwerke mit Familien in Festtagskleidung oben drauf. Und dann wieder Männer zu Pferd, auf Eseln und Maultieren. Die Kutsche fuhr zum Meer hinunter, zwischen Mandelbäumen, Weinhängen und Wäldern aus Sarazeneroliven. Jedenfalls vertagte Giovanni sein Urteil: schließlich kannte er weder einen Ort noch das Land im Inneren. »Der Ort, durch den wir jetzt fahren, heißt Villameta. Linker Hand die Villa von Advokat Fasùlo.« Fasùlo? Derselbe, der in Bendicòs Büro war?
     Nach fünfminütigem Schweigen sagte der Makler wieder etwas.
     »Rechts sehen Sie jetzt das Haus des Barons Trifirò.« Wieder fünf Minuten Stille.
     »Ebenfalls direkt vor uns die Villa des Marchese Torrenova.«
     Zehn Minuten Stille.
     »Links jetzt die schöne Villa von Don Cocò Afflitto.« Cocò Afflitto? War das nicht der, der versucht hatte, ihm die Mahlzeit zu spendieren?
     Sie fuhren über eine kleine Brücke. Das Flußbett darunter war völlig
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher