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Untitled

Titel: Untitled
Autoren: Unknown Author
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zogen.

    Als Giovanni das Büro des Polizeiamtsleiters Spampinato betrat, fand er zwei Männer vor. Beide waren mit Grabungs- und Räumungsarbeiten beschäftigt. Der, der hinter dem Schreibtisch saß, hatte seinen rechten Zeigefinger in der Nase; der andere saß rittlings auf einem Stuhl und reinigte sich die Zähne mit dem ungewöhnlich lang gewachsenen Fingernagel seines kleinen Fingers. Der Eindruck, den Giovanni vom Leiter der Polizeidienststelle gewann, war der, daß es sich bei ihm um einen ganz gewöhnlichen Mann handelte, der alles tat, um noch gewöhnlicher zu wirken: ungepflegt, die Jacke mit wer weiß was befleckt, aufgeknöpfte Hose. Er war dick und schwitzte. Der andere dagegen war dürr und hatte ein Pferdegebiß.
     »Setzen Sie sich doch«, sagte der Amtsleiter, ohne auch nur die geringste Anstalt zu machen aufzustehen. Und auf den anderen weisend: »Das da ist mein Bruder Gnazio.«
     Giovanni wollte keine Minute länger als unbedingt nötig in der Gegenwart dieser beiden verbringen und blieb deshalb stehen.
     »Sie wollten mich sprechen? Worum geht es?«
     »Wissen Sie, daß der Signor Polizeipräsident mir einen ganz ungeheuerlichen Refsenserm gehalten hat?«
     »Ich habe nicht verstanden, was der Polizeipräsident Ihnen gehalten hat. Aber hat das etwas mit mir zu tun?«
     »Sicherja. Zumindest wird es was mit Ihnen zu tun bekommen. Es handelt sich darum: der Signor Polizeipräsident hat mir vorgeworfen, daß ich Ihren Exkollegen Bendicò, der, unter uns und ganz offen gesagt, an Stelle des Kopfes eine aufgeblähte Schwanzeichel hatte, ohne Begleitschutz gelassen habe, nachdem der eine oder andere anonyme Brief gekommen war.«
     »Ich verstehe immer noch nicht, warum die Sache etwas mit mir zu tun haben sollte.«
     Amtsleiter Spampinato antwortete nicht gleich, er musterte den Fremden von Kopf bis Fuß und gelangte zu der Überzeugung, daß dieser Inspekteur mit all seinem Überlegenheitsdünkel ihm die Eier zum Dampfen brachte.
     »Hat sie! Denn sobald Sie am Montag Ihren Dienst an treten, müssen Sie mir mitteilen, in welchen Mühlen Sie Ihre Inspektion durchführen wollen.«
     »Nicht im Traum.«
     »Schauen Sie: Ich muß, auf höheren Befehl, einen Begleitschutz für Sie auf die Beine stellen. Auf diese Weise habe ich, sollte zufällig jemand auf Sie schießen, keine Verantwortung.« Giovanni sah ihn an und sagte nichts.
     »Hören Sie mir gut zu, Signor Inspekteur. Ihr Exkollege Tuttobene ist sehr wahrscheinlich umgebracht und den Fischen zum Fraße vorgeworfen worden, die eigentlich er essen wollte. Ihr anderer Kollege Bendicò ist erschossen worden, und die Hunde haben ihn in Stücke gerissen. Hab' ich mich klar ausgedrückt?«
     »Durchaus. Und ich sage noch einmal: Nicht im Traum.«
     »Kann man die Gründe dafür erfahren?«
     »Sicher. Aus Gewohnheit entscheide ich über Inspektionen am Abend zuvor. Und ich teile mein Ziel niemandem mit. Würde es jemand erfahren, könnte er, auch ganz unbeabsichtigt, Außenstehenden den einen oder anderen Hinweis zukommen lassen. Dann ist die Überraschung im Eimer.«
     »Dann habe ich wahrscheinlich richtig verstanden, daß wir vorher nichts darüber erfahren werden, was Ihnen durch den Kopf geht im Hinblick auf das angepeilte Ziel.«
     »Das haben Sie ganz richtig verstanden.« Der Leiter der Polizeidienststelle verzog sein Gesicht. »Tja, Geduld. Wenn Sie eines Abends nicht nach Hause zurückkehren, werden wir uns auf die Suche nach Ihnen irgendwo in einer Schlucht machen.« Der Dürre brach in schallendes Gelächter aus, während er sich gleichzeitig weiter die Zähne reinigte. Spampinato steckte wieder seinen Finger in die Nase. Offenkundig war das Gespräch beendet. Giovanni ging hinaus, ohne zu grüßen.
     »Gnazio«, sagte der Amtsleiter zu seinem Bruder. »Lauf schnell zu Advokat Fasùlo und sag ihm, daß der Inspekteur nicht angebissen hätte. Sag ihm auch, er soll mich bei Don Cocò entschuldigen: das Mögliche hätte ich versucht.«
     Nach dem Gespräch mit dem Makler, der gekommen war, um mit ihm den Umzug am folgenden Morgen abzusprechen, aß Giovanni im Hotel. Allerfrischeste Meerbarben aus dem nahen Vigàta. Und weil er eben ein Mann mit Sinn für kulinarische Köstlichkeiten war, verging seine schlechte Laune nach der Begegnung mit dem Polizeiamtsleiter im Nu. Er stieg in sein Zimmer hinauf, zog sich aus, wusch sich und öffnete den Koffer, in welchem sein Nachthemd lag. Im Bett gingen ihm noch einmal die drei jungen
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