Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Untitled

Titel: Untitled
Autoren: Unknown Author
Vom Netzwerk:
Olivenbäumen sah. In einer Ecke stand die Vervielfältigungspresse, an der linken Wand ein hoher Karteikastenschrank, verschlossen zwar, aber der Schlüssel steckte. Dann waren da noch der Schreibtisch, ein kleines Kanapee, zwei Sessel und drei Stühle. Giovanni war bestürzt über die Unordnung der überall verstreut herumliegenden Blätter, nicht nur auf dem Schreibtisch, den Sesseln, dem Kanapee, den Stühlen, sondern auch auf dem Fußboden. Er drehte sich um und sah Caminiti, den Amtsdiener, an.
     »Woher diese Unordnung?«
     »Ehee!«
     »Was heißt das?«
     »Das heißt, daß keiner Hand an die Papiere von dem Cavaliere Bendicò nicht legen will«, sagte Caminiti. Und präzisierte: »Keiner nicht von der Direktion.«
     »Und wieso?«
     Der Amtsdiener fing an zu grinsen, was Giovanni verwirrte.
     »Antwortet lieber, statt albern zu grinsen.«
     »Xellenza, möglich, daß, wenn einer Hand an diese Papiere legt, er von einem giftigen Dier gebissen wird.«
     »Dier?«
     »Ja, ja, giftiges Tier, Bestie. Einer Tanzlibelle vielleicht oder irgend so einer Viper… solche Diere eben.«
     »Soll das ein Witz sein?«
     »Nicht doch, Xellenza. Ich mach keine Witze nicht, nie. Und auch Ihr müßt aufpassen bei diesen Papieren… Man sollte nicht in ihnen herumstochern. Macht einfach ein paar Pakete daraus, danach bringe ich sie raus zum Verbrennen. Hab ich mich verständlich ausgedrückt?«
     »Nein, Ihr habt euch überhaupt nicht verständlich ausgedrückt«, sagte Giovanni barsch und entließ ihn auf der Stelle.
     Ein vertrottelter Amtsdiener, das hatte ihm gerade noch gefehlt. Wie konnte er nur glauben, daß ein giftiges Tier seinen Bau ausgerechnet inmitten von Papieren eines Amtsbüros errichten würde? Das, so nahm er sich vor, würde er Tante Giovanna schreiben. Die würde sich vor lauter Lachen bäuchlings auf dem Boden wälzen.

    »Den erschieß' ich, diesen ausgekochten Hurensohn von Pfaff«, platzte Memè Moro heraus, kaum daß er das Gerichtsgebäude verlassen hatte. Advokat Losurdo packte ihn am Arm.
     »So beruhigen Sie sich doch, Don Memè.«
     »Beruhigen Sie sich, 'nen Scheißdreck! Ich erschieß' den, dieses gehörnte Rindvieh von Padre Carnazza, so wahr Christus ans Kreuz genagelt wurde!«
     »Sprechen Sie doch leiser, Don Memè, man kann Sie ja hören.«
     »Das kümmert mich einen Scheißdreck, ob man mich hört!«
     Memè Moro hatte gerade den letzten Prozeß gegen seinen Cousin, Padre Carnazza, verloren, einen Cousin aus der mütterlichen Linie. Es ging um eine Erbschaftsangelegenheit, die sich ungefähr zehn Jahre hingezogen hatte. Mit der Zeit, nach jedem weiteren Prozeß, hatte sich Padre Carnazza das genommen, wovon Memè Moro glaubte, es gehöre rechtens ihm, Land und Häuser.
     »Sie werden schon sehen, daß der Schiedsentscheid über das Landstück Pircoco zu unseren Gunsten ausfällt«, versuchte der Advokat ihn zu besänftigen. »Soviel ich von Recht und Gesetz verstehe, besteht diesmal überhaupt kein Zweifel…«
     »Sie, Signor Advokat, verstehen von Recht und Gesetz so viel wie ein Ziegenbock! Nachdem Sie alle Prozesse verloren haben, haben Sie jetzt auch noch für das Landstück Pircoco das Schiedsgericht angerufen. Und wissen Sie, wie's ausgehen wird? Man wird es mir in den Arsch jagen, mitsamt dem Schiedsentscheid!«
     »Gehen wir einen Espresso trinken«, schlug der Advokat vor.
     Er mochte es nicht, wenn die Leute, die ins Gericht gingen und herauskamen, hörten, was sein Mandant über seinen Rechtsbeistand dachte. Memè Moro antwortete nicht einmal und ging weg. »Den erschieß' ich! Den erschieß' ich, wie er's verdient hat!«
     Das verkündete er lauthals vor der Urbs und dem Orbis. Und die Leute drehten sich nach ihm um und schauten ihm nach.

    Immer noch Samstag, 1. September 1877

    Er begriff, daß er dieses Zimmer unmöglich am Montag, dem Tag seines Dienstantritts, beziehen konnte, wenn er es nicht augenblicklich in Ordnung brachte.
     »Könntet Ihr mir wohl ein bißchen Brot kaufen, ein Stück Käse und ein Glas Wein?« Caminiti sah ihn an wie ein völliger Tölpel. »Was soll das, Euer Ehren? Wollen Sie sich etwa hier hinsetzen und essen?«
     »Ja. Ist das verboten?«
     »Wie Sie wollen, Euer Ehren. Was für einen Käse wünschen Sie? Tuma?«
     »Was Ihr wollt.«
     Giovanni räumte einen Stuhl frei, setzte sich niedergeschlagen hin und blickte sich im Raum um. Wo beginnen? Vielleicht wäre es sinnvoll, einen flüchtigen Blick auf die Papiere zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher