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Untitled

Titel: Untitled
Autoren: Unknown Author
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einem feinen Lächeln zeigte Padre Carnazza ihr, was er aus der Vorratskammer geholt hatte. Gebannt schaute Trisìna darauf. Ganz sicher waren es Früchte, aber sie hatte sie vorher noch nie gesehen.
     »Das sind Bananen«, erklärte Padre Carnazza. »Sie wachsen in Afrika. Ein Freund, der zur See fährt, hat sie mir gestern nach dem Mittagessen vorbeigebracht. Eine habe ich gegessen. Eine Frucht wie im Paradies. Und mit diesen beiden hier spielen wir unser Spielchen.« Er setzte sich vor die Frau und schälte eine Banane. Kaum war er damit fertig, streckte Trisìna ihre Hand aus. Doch Padre Carnazza wich ihr aus. »Ich füttere dich«, sagte er, »wie man's mit den Kleinen macht.«
     Folgsam schloß Trisìna die Augen und machte ihr Mündchen auf. Gefühlvoll führte Padre Carnazza zwischen ihre Lippen die Spitze der Banane ein, die die Frau augenblicklich köpfte. Der Gottesmann zuckte zusammen. Trisìna kaute, schluckte und öffnete die Augen wieder. »Mehr.«
     Als sie die Banane gegessen hatte, zeigte sie sich enttäuscht.
     »War das schon das Spielchen?«
     »Nein, das Spielchen kommt jetzt erst«, antwortete Padre Carnazza. Er nahm die Banane, die er auf den Tisch gelegt hatte, und fing an sie zu schälen. »Jetzt stehe ich auf und stelle mich mit der Banane in der Hand vor dich hin. Du bleibst sitzen und hältst die Augen geschlossen. Einmal beißt du schön in die Banane, danach gibst du mir schön einen Kuß. Wenn du dich vertust, wenn du zwei Küsse nacheinander gibst oder zweimal nacheinander hineinbeißt, zahlst du ein Pfand. Und das Pfand bestimme ich. Wenn du es richtig machst, schenk ich dir die Lampe.«
     »Also gut«, sagte Trisìna, kniff die Augen fest zusammen und befeuchtete ihre Lippen mit der Zunge. Sie hatte genau verstanden, was für ein Spielchen der geistliche Herr spielen wollte. Beim Gedanken an Trisìnas Zähne brach Padre Carnazza der kalte Schweiß aus: Wenn die sich vertut, hätte das schlimme Folgen.

    Der »Mistkäfer« trägt den wissenschaftlichen Namen »Scarabaeus sacer«, obwohl er durchaus nichts Heiliges an sich hat. Ihn zeichnet die Besonderheit aus, daß er Kugeln aus Scheiße dreht, ob menschliche oder tierische ist einerlei, und diese dann zu seinem Bau rollt. Er braucht sie als Nahrungsvorrat für die Winterzeit. Die Montelusaner hatten die Eigenart, jeder Person, die in ihrem Blickfeld auftauchte, den geeigneten Spitznamen anzuheften, und so hatten sie den Finanzpräsidenten, Commendatore Felice La Pergola, von Beginn an »Mistkäfer« genannt. Man erzählte sich, daß er, sobald ihm ein Bündel Geldscheine zugesteckt worden war, diese schnell zusammenrollte, in die Tasche stopfte und zu Hause versteckte, denn es war bekannt, daß er keine Geldeinlagen in einer der beiden Banken der Stadt hatte. Unter den vielen Mistkugeln, die der Präsident sich in seiner fünfjährigen Amtszeit in Montelusa eingesackt hatte, kamen die größten und gespicktesten zunächst vom Hauptinspekteur der Mühlen, Tuttobene Gerlando, der während einer einsamen Angelpartie auf dem Meere verschollen und nie mehr an Land zurückgekehrt war, und danach von seinem Nachfolger, Bendicò Filiberto, der zwar aufgefunden worden war, jedoch in einer Schlucht und halb aufgefressen von Hunden, ausgelöscht durch einen Schuß aus einer Lupara. Nach diesen tristen Geschehnissen hatte der in Rom amtierende Generaldirektor sich lange vor der Frage gesperrt, wer den beiden Ehemaligen auf ihrem Posten nachfolgen sollte und schließlich die Entscheidung getroffen, einen Hauptinspekteur nach Montelusa zu schicken, der alle Voraussetzungen erfüllte, die Angelegenheiten zu ordnen.
     Allein schon beim Anblick dieses neuen Hauptinspekteurs hatte der Mistkäfer gleich zu Beginn zweierlei begriffen. Das erste war, daß eine Zeit ungeheueren Mistmangels bevorstand, und das zweite, daß man mit diesem Menschen sehr vorsichtig umgehen und jedes Wort auf die Goldwaage legen mußte. Giovanni Bovara sah im Grunde eher wie ein Berufsmilitär in Zivil aus und weniger wie ein Beamter der öffentlichen Verwaltung. Ein Mann um die vierzig mit Bürstenhaarschnitt und äußerst gepflegtem, herunterhängendem Oberlippenbart, in einem dunklen Anzug aus gutem Zwirn, von aufrechter Haltung. Seine Augen waren hellblau. Commendatore La Pergola war er unsympathisch. Er richtete seinen Blick auf die vor ihm liegenden Papiere und hielt in einer Hand den Kneifer. »Eine blinde Ratte«, so qualifizierte ihn Bovara, der von dem
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