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Untitled

Titel: Untitled
Autoren: Unknown Author
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anderen Spitznamen nichts wußte. »Hier steht, Sie sind in Vigàta geboren, das ist nur wenige Kilometer von hier entfernt.«
     »Ja.«
     »Aus Ihren persönlichen Unterlagen geht hervor, daß Sie, kaum drei Monate alt, nach Genua gekommen sind, wo Ihr Vater Arbeit gefunden hatte.«
     »Ja.«
     »In Genua haben Sie die Schule besucht, das Diplom als Buchhalter erworben, an einer öffentlichen Stellenausschreibung für die Verwaltungslaufbahn teilgenommen, sie bestanden und glänzenden Dienst in Modena, Bologna und Reggio Emilia abgeleistet.«
     »Ja.«
     »Junggeselle?«
     »Ja.«
     »Wie finden Sie das Haus in Vigàta, das ich Ihnen durch den Makler verschafft habe?«
     »Ich hatte noch keine Zeit hinzufahren.«
     »Aber heute?«
     »Nein. Heute abend bleibe ich hier im Hotel, in Montelusa. Morgen früh werde ich umziehen, in aller Ruhe. Ich hielt es für meine Pflicht, mich nach meiner Ankunft zuerst meinem Vorgesetzten vorzustellen.«
     »Ich höre, daß nicht einmal in der Emilia die Lage ruhig ist.«
     »Tja.«
     »Hier ist es auch nicht gerade lustig, Wertester. Die Mahlsteuer ist, unter uns gesagt, verhaßt.«
     »Tja.«
     Commendatore La Pergola entschloß sich, das Thema zu wechseln, in der Hoffnung, nicht immer nur »Ja« und »Tja« von diesem Kaktuslappen zu hören. »Sind Sie schon einmal in Sizilien gewesen? Ich meine als Erwachsener.«
     »Nein.«
     »Wie Sie sicher wissen, haben Sie, um Ihrer Inspektionstätigkeit nachzukommen, Anrecht auf eine Kutsche mit zugehörigem Gnuri.«
     »Wie bitte?«
     »Sie sprechen unseren Dialekt nicht?«
     »Ich habe ihn fast völlig vergessen.«
     »Dann sind Sie ja ein Sizilianer, der genuesisch spricht«, sagte der Präsident, indem er mit seinen kleinen Augen zwinkerte und ein Kichern von sich gab, das in Bovaras Ohren wie ein Quieken klang.
     »Er ist wirklich eine blinde Ratte«, dachte er. Und antwortete nicht.
     »Gnuri bedeutet bei uns Kutscher«, erklärte der Präsident. Und er fuhr fort:
     »Natürlich ist das eine Ausgabe, die unser Amt Ihnen zurückerstatten wird, nach Vorlage der Belege.«
     »Ich glaube, ich brauche das nicht.«
     »Den Gnuri? Verzeihung, den Kutscher?«
     »Die Kutsche.«
     »Ach, nicht? Aber wie wollen Sie dann herumkommen?«
     »Mit dem Pferd. Ich reite ziemlich gut.«
     »Na, ja, wissen Sie, da Sie unseren Dialekt doch nicht sprechen, könnte es Ihnen gelegentlich schwerfallen sich zurechtzufinden.«
     »Ich werde es versuchen.«
     »Sie müssen auch daran denken, daß Sie unerwünschte Begegnungen haben könnten…«
     »Ich bin bewaffnet. Ich habe einen Waffenschein.«
    »Und wenn es regnet?«
    »Dann werde ich naß.«
     »Hören Sie, Wertester, denken Sie nur nicht, daß in Sizilien immer die Sonne scheint, wie man das gern glauben macht. Wenn es hier regnet, dann schüttet es.«
     »Verzeihen Sie, Commendatore. Aber gerade wenn es regnet, erhält man die besten Ergebnisse bei einer Inspektion. Keiner erwartet einen bei schlechtem Wetter.«
     »Tja«, sagte nun der Präsident nachdenklich. Nachdenklich aus zwei Gründen: Zum einen mußte er unverzüglich Advokat Fasùlo verständigen, damit dieser den Zuständigen benachrichtigt, daß der neue Inspekteur die Absicht habe, über Land zu reiten, und zwar auch bei schlechtem Wetter, und deshalb alle Mühlenbesitzer der Provinz in Alarmbereitschaft versetzt werden müßten; zum zweiten, damit der neue Hauptinspekteur nach Ablauf einiger Wochen in einer Schlucht, halb aufgefressen von Hunden, aufgefunden würde, wie der vielbeweinte Bendicò. »Und weil ich schon einmal da bin, würde ich gerne das Büro sehen, das mir zugewiesen worden ist.« Der wollte ja auf der Stelle sein Büro in Besitz nehmen, dem brannte ja richtig der Arsch, unverzüglich Unheil anzurichten, der war ja ganz auf Autopsie versessen.
     »Ich lasse Sie dorthin begleiten. Danach unterhalten wir uns noch ein bißchen, mit Muße.«
     »Haben Sie Befehle für mich?«
     »Befehle? Aber ich bitte Sie! Ratschläge bestenfalls. Nützliche Ratschläge für jemanden wie Sie, der noch nie in Sizilien war.«

    Selbstverständlich war ihm das Büro in der zweiten Etage zugewiesen worden, das vorher schon Bendicò und davor Tuttobene gehört hatte. Giovanni wollte erst die Finger an seine Geschlechtsteile legen, zur Abwehr von Unheil, schämte sich dann aber doch dieses Gedankens.
     Es war ein geräumiges Zimmer mit einem großen Balkon, von dem aus man das Land mit den Mandel- und
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