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Unterwegs in der Weltgeschichte

Unterwegs in der Weltgeschichte

Titel: Unterwegs in der Weltgeschichte
Autoren: Hans-Christian Huf
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Kopf, wenn wir gedanklich durch die Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts wandern: Hingemeuchelte Schwarzafrikaner, die wie Jagdtrophäen neben belgischen Soldaten aufgereiht liegen. Inder in pompösen englischen Uniformen und gleich daneben ein entsagungsvoller Prediger des Friedens, den ein religiöser Fanatiker ermorden wird: Mahatma Gandhi. Dokumentarbilder stalinistischer Schauprozesse in den Dreißigerjahren, in denen sich verdiente Kommunisten auf Befehl Stalins selbst als Staatsverbrecher bezichtigen müssen und für sich die Todesstrafe fordern. Der Horror des Archipels Gulag, der russischen Arbeitslager, wie ihn Alexander Solschenizyn oder zuletzt Herta Müller plastisch beschrieben haben. Fleischerhaken im Nazi-Gefängnis Berlin-Plötzensee, an die die Widerständler gegen Hitler gehängt wurden. Mittelalterlich verhüllte Ku-Klux-Klan-Fanatiker in den Südstaaten der USA , die Menschen ermorden, nur weil sie eine andere Hautfarbe haben. Eine Mauer mit Schießbefehl, die mitten durch Deutschland geht und angeblich dem Frieden dient. Atomraketen auf Kuba, die um ein Haar den atomaren Holocaust ausgelöst hätten. Sowjetische Panzer, die Prager Frühlingsträume überrollen. Ein schreiendes nacktes Kind aus Vietnam, das vor Napalm-Feuer flieht. Fanatische Steinzeit-Kommunisten, die Roten Khmer in Kambodscha, die jeden Brillenträger als Intellektuellen identifizieren und ihn deswegen sogleich auf offener Straße mit Kopfschuss töten. Maoistische Funktionäre, die begeistert die großen Traditionszeugnisse chinesischer Kultur zerschlagen und diese Revolution den »großen Sprung nach vorne« nennen. Süd- und mittelamerikanische Militärjuntas, die unliebsame Kritiker massenhaft in Folterkellern verschwinden lassen. Die einstige »Perle des Orients«, Beirut, in Trümmern. Blutige Konflikte zwischen Israelis und Palästinensern. Oder zwischen afrikanischen Hutus und Tutsis, die im vermeintlichen Musterland Ruanda plötzlich beginnen, sich gegenseitig mit Macheten die Köpfe abzuschlagen. Schwarze Südafrikaner, denen man brennende Autoreifen um den Hals gehängt hat. Taliban, die in Fußballstadien öffentlich »ungehorsame« Frauen hinrichten und Kunstschätze von welthistorischer Bedeutung in die Luft jagen. Hungernde Kinder in der sogenannten »Dritten Welt«. Notschreiende Gesichter, herausgegriffen aus der unvorstellbaren Masse jener zwei Milliarden Menschen, die auf unserer Welt noch nicht einmal Zugang zu sauberem Trinkwasser haben, obwohl doch weltweit täglich Lebensmittel für 14 Milliarden Menschen produziert werden. Riesige Bagger, die Gemüseberge der europäischen Agrar-Überproduktion zermalmen. Die Flugzeugtrümmerteile von Lockerbie. Im ehemaligen Jugoslawien »ethnische Säuberungen« – ein Wort, das allein deswegen die Menschheit beschämen müsste, weil es nach den Gräueln des Zweiten Weltkriegs überhaupt noch existiert und tatsächlich in den Mund genommen wird. Brennende, einstürzende Twin Towers in New York. Das geplünderte Museum von Bagdad. Humoristische Mohammed-Zeichnungen, die mit Mordaufrufen und blutigen Anschlägen quittiert werden. Radikale Islamisten, die als Selbstmordattentäter nicht nur in Bagdad oder Alexandria christliche Kirchen in die Luft jagen.
    Diese Bilder sind nicht nur geschichtliche Zeugnisse, sondern sie ragen direkt in unsere Gegenwart hinein. Sie sind nicht bloß Geschichte. Sie sind Aufgabe und Auftrag. Wegweiser für unsere Zukunft. Hinweis auf das, was zu tun ist.
    Viel Unversöhnlichkeit, viel Hass, viel Fanatismus und bodenlose Brutalität haben das 20. Jahrhundert geprägt. Aber auch zahllose Ansätze und Impulse gibt es, die unsere Welt schöner, erträglicher, freundlicher machen könnten. Das 20. Jahrhundert ist zweischneidig: Große technische, zivilisatorische und humanitäre Fortschritte gibt es da; gleich daneben aber die gewaltigen Störfeuer schrecklicher Kriege, die in diesem Jahrhundert die unvorstellbare Zahl von mindestens 185 Millionen Gewaltopfern gekostet haben, wie es der ehemalige US -Präsident Jimmy Carter einmal hat hochrechnen lassen.
    Wie enttäuschend müsste trotz aller Fortschritte das 20. Jahrhundert auf die frühen Aufklärer wirken, wenn sie heute, nach über 200 Jahren, zurück auf die Erde kämen. Auf den Philosophen Immanuel Kant etwa, der noch
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