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Unterwegs in der Weltgeschichte

Unterwegs in der Weltgeschichte

Titel: Unterwegs in der Weltgeschichte
Autoren: Hans-Christian Huf
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Hitler, ein selbst ernannter »Kunstmaler«, der schon früh mit der Polizei Schwierigkeiten bekommt, weil er sich hochstapelnd als »akademischen Maler« ausgibt, aber in Wirklichkeit niemals auch nur irgendeinen Beruf erlernt hat, niemals einer regelmäßigen Arbeit nachgegangen ist und sich seiner österreichischen Wehrpflicht durch Flucht nach München entzogen hat; der als 25-Jähriger im Februar 1914 zur Musterung in Salzburg zwangsvorgeführt wird und als »schwächlich« und »waffenunfähig« gilt, seine österreichische Staatsbürgerschaft aufgibt und mehrere Jahre durch Männerwohnheime und billige Absteigen vagabundiert; ein Staatenloser ohne jeden Schulabschluss, der sich zuerst mit seiner Waisenrente und später dann mit Zeichnungen populärer Gebäude finanziell über Wasser hält, die er, menschenscheu und eigenbrötlerisch, wie er ist, von seinem jüdischen Spezi Siegfried Löffner verkaufen lässt; der aber nach etlichen Jahren der Erfolglosigkeit mit seinen hervorstechendsten Eigenschaften, seiner Egozentrik, seinem Rednertalent und seinem erwachenden wahnhaften Machtwillen zur einflussreichsten und folgenschwersten Persönlichkeit des 20. Jahrhunderts aufsteigt: zum Reichskanzler, »Führer des Deutschen Volkes« und Begründer des »Dritten Reiches«.
    Seine deutsche Staatsbürgerschaft erreicht der vorbestrafte Staatenlose übrigens erst 1932 in einem dubiosen Hauruck-Verfahren: Der Innenminister des Freistaates Braunschweig Dietrich Klagges, neben Wilhelm Frick in Thüringen damals der einzige NSDAP -Landesinnenminister in Deutschland, ernennt den völlig unqualifizierten »Schriftsteller« kurzerhand zum Regierungsrat der Braunschweigischen Gesandtschaft in Berlin, mit dem diffusen Auftrag, die Braunschweiger Wirtschaftskontakte zu verbessern; einer Aufgabe, der Hitler natürlich keinen einzigen Tag nachkommt und die er auch schon einige Monate später wieder offiziell aufgibt, die ihn aber als Beamten zum deutschen Staatsbürger macht.
    Die Biografie Adolf Hitlers zerfällt in zwei Teile, die so gegensätzlich verlaufen sind, wie es sich in der Rückschau kaum begreifen lässt. Er ist der Mann, von dem Historiker gesagt haben, dass erst der Erste Weltkrieg und seine Folgen ihn eigentlich gemacht hätten. Oder wie es der große Publizist Sebastian Haffner einmal geschrieben hat: Hitlers Fronterfahrung als Freiwilliger und Gefreiter im Ersten Weltkrieg war sein bestimmendes Bildungserlebnis, allerdings auch sein einziges.
    Es ist der Mann, der vor 1919 weder durch besondere politische Ambitionen noch durch antijüdische Einstellungen, noch durch eine besondere Lust an Gewalt aufgefallen wäre – über fast die gesamte Zeit des Ersten Weltkriegs ist er Meldegänger, also ein Soldat, der sich durch feindliche Linien schleichen muss und dabei weniger schießt, als dass vielmehr auf ihn geschossen wird. Eher passiv, einzelgängerisch und abgesondert als aktiv und anführend. Es ist nicht überliefert, dass Hitler sich jemals geprügelt hätte oder im persönlichen Gegenüber einen Menschen geschlagen oder gar getötet hat. Es ist aber derselbe Mann, der nach 1920 einen Machthunger und rabiaten Politwillen entwickelt, für dessen Stärke es in der Geschichte wohl kaum eine Parallele gibt; der ohne jeden Skrupel die industrielle, massenhafte Ermordung der europäischen Juden initiiert, ebenso die Vernichtung Hunderttausender Oppositioneller, Homosexueller, Sinti und Roma, geistig und körperlich Behinderter in sogenannten Konzentrationslagern. Der Mann, der den Zweiten Weltkrieg mit seinen über sechzig Millionen Opfern auslöst und am 16. Juli 1941 seinen Generälen den ultimativen Befehl gibt, »alles auszurotten, was sich gegen uns stellt« und »jeden, der nur schief schaue, tot(zu)schießen«. Der an seinen Sieg nachweislich bereits 1943 selbst nicht mehr glaubte, aber dann noch zwei Jahre lang den Untergang der Welt inszenierte, inklusive der völligen Zerstörung wunderbarer Städte und bedeutender Kulturgüter. Derselbe Mann, der romantische Opern liebte, angeblich aus Respekt vor Tieren fleischlose Kost bevorzugte, nicht rauchte, nicht trank, sexuelle Ausschweifungen verabscheute und von dem seine Privatsekretärin Traudl Junge später zu Protokoll gegeben hat, dass in seiner Umgebung niemals Schnittblumen stehen durften, weil
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