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Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta
Autoren: Jan Guillou
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zwischen allen Untiefen hindurch und wiederholte schließlich, als die Frage nach Massenmord oder ähnlichem zum vierten oder fünften Mal gestellt wurde, daß diese Mafiosi seinen besten Freund getötet hätten und daß dies seine Entschlossenheit unleugbar beeinflußt habe. Im übrigen brauche er sich nicht so viele Fragen dieser Art zu stellen, denn er sei nur Offizier. Er gehorche den Befehlen seiner Vorgesetzten oder seiner Regierung und brauche sich folglich nicht mit politischen oder kriminalpolitischen Fragestellungen zu befassen.
    Nach einiger Zeit betrafen die Fragen eher alberne Dinge wie sein Privatleben, und überdies begann man sich auch für die schwedischen Geiseln und deren Erlebnisse in der Gefangenschaft zu interessieren. Manche wollten sogar wissen, was ihre Frauen bei den ersten Anrufen zu Hause gesagt hätten.
    Man brachte Carl dazu, sich in die Mitte der vier Schweden zu stellen, und machte Aufnahmen, auf denen sie ihm alle gleichzeitig die Hand zu geben versuchten.
    Er machte sich bereit zu gehen, als eine junge italienische Journalistin fast verzweifelt eine Frage in den Saal rief, die er nicht verstand, aber die ihm Åke Malm übersetzte. Er bereute, die Frage überhaupt zugelassen zu haben, denn es war eine Frage, die man ihm schon früher gestellt hatte.
    »Muß ein Offizier Befehlen um jeden Preis gehorchen? Gibt es keine Grenze für das, was das eigene Gewissen zuläßt?«
    »Die Antwort auf diese Frage kennen Sie sehr genau«, erwiderte er und drängte sich dann schnell aus dem Saal. Die vier schwarzgekleideten Carabinieri schützten ihn vor allen weiteren Fragen.

EPILOG
    Am folgenden Tag wurde in der schwedischen Botschaft in Rom ein Empfang gegeben, bei dem Carl, Luigi Bertoni-Svensson und Åke Stålhandske der italienische Verdienstorden verliehen wurde, L’Ordine al Merito della Repubblica. Anwesend war nur Carl, und die anderen wurden namentlich nicht genannt. Den Beschluß, die drei Männer auszuzeichnen, hatte der Präsident der Italienischen Republik persönlich gefaßt. Dieser hatte sich sehr großzügig gezeigt, denn Carl Gustaf Gilbert Hamilton wurde die Klasse grande ufficiale zuerkannt, seinen anonymen Helfern die Klasse commendatore. Dabei hatte keiner der Schweden im Staat oder beim Militär eine derart hohe Stellung, daß diese Klassen gerechtfertigt gewesen wären.
    Für diese außergewöhnliche Ausnahme gab es jedoch sichtlich Gründe in Form überschwenglichen Lobs, nicht nur wegen heldenmütiger Einsätze, sondern auch wegen der Bedeutung, die es für Italien gehabt hatte, daß ein Nicht-Italiener eine ebenso entschlossene wie effektive Methode gezeigt hatte, mit der organisierten Kriminalität umzugehen, der weltweit bekannten Plage der Nation.
    Diese sowie andere Manifestationen lösten juristische Debatten aus, die noch weit außerhalb der Grenzen Italiens Wellen schlugen.
    Als die Presseberichte eine immer blutigere und immer abstoßendere Vorstellung von dem vermittelten, was die schwedische Streitmacht tatsächlich auf Sizilien bewirkt hatte, kam es bei bestimmten schwedischen Funktionsträgern hinter verschlossenen Türen zu einer erregten Diskussion. Die fotografischen Beweise hatten dabei eine nicht unerhebliche Rolle gespielt.
    Einige dieser Funktionsträger meinten, das, was Hamilton und seine Helfer auf Sizilien getan hätten, lasse sich nach schwedischem Recht nur als vorsätzlicher Mord bezeichnen. Nach geltenden schwedischen Rechtsgrundsätzen können Bürger, die im Ausland Verbrechen begehen, in Schweden vor Gericht gestellt werden. Dies wiederum beruht auf einem anderen schwedischen Grundsatz, nämlich niemals schwedische Staatsbürger auszuliefern. Schweden hat somit die Verpflichtung auf sich genommen, seine Verbrecher selbst vor Gericht zu stellen.
    So fiel es einigen nicht schwer, darauf hinzuweisen, daß selbst sehr großzügige italienische Bestimmungen über »Notwehr« und ähnliches nach schwedischer Betrachtungsweise veritable Massaker weder begründen noch legalisieren könnten.
    Im Grunde mußte der Reichsanwalt zu der Frage Stellung nehmen, der dem Wortlaut des Gesetzes nach ein von der Regierung völlig unabhängiger Beamter ist. In Wahrheit ist es jedoch nicht mehr so. Der Reichsanwalt ist ebenso wie die meisten anderen Beamten in Schweden der Regierung verpflichtet, die ihn ernannt hat.
    Und als die Frage in der Staatskanzlei zur Sprache kam, befand sich das Land in der intensiven Schlußphase des Wahlkampfs.
    In dieser Situation
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