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Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta
Autoren: Jan Guillou
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wenn niemand übersetzt…«
    Åke Malm erbot sich zu dolmetschen. Und dann prasselten die Fragen erneut los. Carl ignorierte nach und nach all die Fragen, deren Beantwortung ihm schwerfallen würde, und ging nur auf solche ein, die er beantworten zu können glaubte.
    »Wie viele schwedische Nachrichtendienstoffiziere sind auf Sizilien im Einsatz gewesen? Es handelt sich doch um Offiziere des Nachrichtendiensts?«
    »Die letzte Frage kann ich mit ja beantworten. Wie viele hier im Einsatz gewesen sind, darf ich aus Sicherheitsgründen nicht sagen. Die beteiligten italienischen Behörden kennen jedoch die Zahl und haben uns alle bevollmächtigt.«
    »Wie viele Personen wurden von Ihnen getötet?«
    »Diese Frage kann ich nicht exakt beantworten, glaube aber, daß es sich um vier oder fünf Personen handelt.«
    »Vier oder fünf? Die Gesamtzahl der Todesopfer beläuft sich doch auf fünfundzwanzig oder dreißig oder noch mehr?«
    »Ja, mag sein. Das liegt jedoch daran, daß wir zwei konkurrierende Organisationen sozusagen zu einem Bürgerkrieg aufgehetzt haben.«
    »Inwiefern aufgehetzt?«
    »Wir haben ihre Organisation unterwandert und sie dazu gebracht anzunehmen, daß sie sich im Kriegszustand befinden. Zu einem bestimmten Zeitpunkt haben wir die Seite, welche die Geiseln gefangenhielt, über die Zusammenhänge aufgeklärt und im Austausch gegen die Freilassung der Geiseln Frieden angeboten.«
    »Haben Sie direkt mit der Mafia verhandelt?«
    »Nun ja. Wir haben einige klare Drohungen für den Fall übermittelt, daß wir unsere Mitbürger nicht zurückerhalten. Ich weiß nicht, ob man das verhandeln nennen kann. Mir scheint es eher zweifelhaft.«
    »Wie ist es zu Don Tommasos Tod gekommen?«
    »Es bestand die Absicht, einen friedlichen… ja, also nur die Geiseln zu übergeben. Aber es ist etwas schiefgegangen. Sie eröffneten das Feuer, wir erwiderten es, und unsere Feuerkraft war bedeutend größer.«
    »Bedeutend größer? Sie haben ihren Wagen in die Luft gesprengt?«
    »Ja, das ist zutreffend, ja. Nächste Frage.«
    »Sie sind offenbar der Meinung, dies sei eine gelungene… Operation, heißt es wohl in der Militärsprache?«
    »Ja, selbstverständlich. Unsere eigenen Verluste waren vergleichsweise gering, und außerdem haben wir unsere Mitbürger freibekommen, die als Geiseln gehalten worden waren.«
    »Meinen Sie nicht, eine Art Overkill betrieben zu haben?«
    »Schon, was die Nebenwirkungen betrifft. Allerdings muß man berücksichtigen, mit wem wir es zu tun gehabt haben. In unserem Land haben wir keine Mafia. Es ist also schwierig, einen Vergleich anzustellen. Ich persönlich bin jedoch der Auffassung, daß man die Auswirkungen des eigenen Einsatzes der Fähigkeit und den Absichten des Feindes anpassen muß. Insoweit sind wir unserem Gegner so entgegengetreten, wie er es verdiente. Allerdings bin ich kein Italiener und möchte auch keine Ansicht dazu äußern, mit welchen Bedingungen Sie es hier in Italien zu tun haben. Wenn Sie die Mafia mit Samthandschuhen anfassen wollen, ist das Ihre Sache. Mir als Schweden fällt es schwer, diese Einstellung zu verstehen.«
    »Haben Sie keinen Augenblick gezögert, als Sie etwas planten und durchführten, was sich am Ende als Massenmord erwies?«
    »Ich distanziere mich ganz entschieden von diesem Ausdruck. In Wahrheit geht es um bestimmte unvermeidliche Nebeneffekte. Wir haben mit diesen Mafiosi in der Sprache gesprochen, die sie selbst sprechen und die sie verstehen. Im übrigen möchte ich betonen, daß diese Verbrecher zu Beginn unseres Aufenthalts hier meinen besten Freund und Offizierskameraden ermordet haben, als wir beide unbewaffnet waren. Danach haben wir beschlossen, nicht mehr unbewaffnet aufzutreten.«
    »Ist es wahr, daß Sie diese Organisationen tatsächlich dazu gebracht haben, sich gegenseitig zu bekämpfen, oder sagen Sie das nur, um Ihre eigenen Aktivitäten zu verbergen? Und wie hätte es Ihnen übrigens gelingen sollen, sich in Mafia-Organisationen einzuschleichen, wenn Sie nicht einmal Italienisch sprechen?«
    »In unserer Sektion des schwedischen Nachrichtendiensts gibt es Personal, das perfektes Italienisch spricht«, erwiderte Carl.
    Ihm ging jetzt auf, daß er manchen Fragen recht leicht ausweichen konnte, indem er sie nur zum Teil beantwortete, so daß der fragende Journalist schon im nächsten Augenblick von irgendeinem Kollegen niedergetrampelt wurde. Nach einiger Zeit wurde es fast zu einem perversen Spiel. Carl kreuzte leicht und locker
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