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Unternehmen Vendetta

Unternehmen Vendetta

Titel: Unternehmen Vendetta
Autoren: Jan Guillou
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mit seiner ganzen Familie ermordet worden.«
    »Aha. Das vereinfacht die Dinge ja etwas«, sagte Carl, ohne die Freude seines Offizierskollegen auch nur im mindesten zu teilen. Carl nahm seinen Schlüssel, nickte kurz und ging auf sein Zimmer.
    Er begann übellaunig, seine beiden Reisetaschen zu packen, wurde dann jedoch müde und legte sich aufs Bett. Er sah an die Decke. Er grübelte kurz darüber nach, wie Gaetano Mazzara hatte ermordet werden können. Waren es Don Tommasos Leute gewesen oder das italienische Militär? Sollte er auch dafür die Schuld auf sich nehmen? Oder galt auch hier das Märchen vom Bürgerkrieg der beiden Banden? Er schlug sich alle Gedanken an das, was gewesen war, aus dem Kopf und versuchte zum ersten Mal seit sehr langer Zeit nach vorn zu sehen. Er sollte sich »befehlsgemäß« in Rom einfinden und hatte nicht einmal nach dem Grund gefragt. Er hatte es trotzdem nicht eilig.
    Er versuchte zu schlafen, doch es gelang ihm nicht. Außerdem begann das Telefon zu läuten. Die Journalisten waren inzwischen auf den Beinen.
    Er rief den Empfang an und bat, künftig keine Anrufe von Journalisten mehr durchzustellen, sondern ihnen mitzuteilen, daß um zehn Uhr in der Sala Wagner eine Pressekonferenz stattfinden werde.
    Fünf Minuten später läutete es trotzdem wieder. Es war Oberst Da Piemonte. Er bat um ein sofortiges Treffen. Er werde einen Wagen hinüberschicken. Carl sah sich außerstande, nein zu sagen. Er stand auf, wusch sich mit kaltem Wasser das Gesicht und zog ein frisches Hemd an. Er wollte gerade aus der Tür gehen, als er plötzlich innehielt. Ihm ging mit einem Mal auf, was eine Pressekonferenz bedeutete, nämlich für ihn privat. So ging er wieder ins Zimmer zurück, nahm den Hörer ab und wählte ihre Nummer. Nach dem vierten oder fünften Läuten hatte er sie geweckt.
    »Entschuldige, daß ich dich geweckt habe«, sagte er.
    »Das macht nichts. Ich wollte sowieso gerade aufstehen«, begann sie schläfrig, um dann gleichzeitig mit ihrem Zorn wach zu werden. »Du neigst dazu, unregelmäßig anzurufen. Kapierst du denn nicht, daß ich mir Sorgen mache«, fuhr sie fort. Er spürte, wie er sich am Telefon fast krümmte.
    »Ja«, erwiderte er leise. »Vielleicht ist das der Grund, weshalb es mir so schwerfällt, dich anzurufen. Ich mag dich nicht anlügen, und das weißt du.«
    »Aha. Das, was du da unten tust, ist in Wahrheit also gefährlich. Ist es das, was du mir sagen willst?«
    »Nein. Nein, es ist nicht gefährlich, jedenfalls jetzt nicht mehr. Es ist alles vorbei. Die schwedischen Geiseln sind frei und sind jetzt bei mir im Hotel. Sie fliegen nachher nach Hause und sind heute abend wieder in Schweden.«
    »Wow!« rief sie aus, und es hörte sich an, als wäre der plötzlich hochkochende Zorn verraucht. »Das ist ja fabelhaft. Warum hast du das nicht gleich gesagt? Wann kommst du nach Hause?«
    »Es wird wahrscheinlich noch einen Tag dauern. Es gibt hier noch eine Menge Papierkrieg, denn am Ende gab es noch ein ziemliches Durcheinander. Außerdem darfst du nicht alles glauben, was morgen in den Zeitungen steht.«
    »Was meinst du mit Durcheinander? Warum kannst du nicht gleich nach Hause kommen?«
    »Es sind etliche Personen gestorben, und dann muß man Papiere ausfüllen. Ich kann dir das jetzt nicht erklären, aber es ist jedenfalls alles vorbei. Ich fliege heute abend nach Rom und rufe dich von dort an. Versprochen.«
    »Diesmal ganz bestimmt?«
    »Ja, bestimmt. Ich sehne mich nach Hause, ich liebe dich, und wir sehen uns bald wieder. Ich habe in Stockholm übrigens keine Bleibe. Darf ich bei dir übernachten?« fragte er in einem Ton, als wäre es kein Scherz. Sie lachte aber hell auf, als hätte er etwas sehr Witziges gesagt, und zwang ihn zu versprechen, rechtzeitig Bescheid zu sagen, wann er kommen würde, damit sie einiges vorbereiten könne.
    Er fühlte sich erleichtert, als er auflegte. Er hielt den Hörer noch einige Zeit in der Hand und lächelte zum ersten Mal seit sehr langer Zeit still vor sich hin, bis er auf die Uhr sah und die Nummer von Samuel Ulfssons Privatwohnung wählte. Wie sich zeigte, hatte er Sam um ein paar Minuten verpaßt. Dieser war schon auf dem Weg ins Büro. Er bat Sams Frau, dort anzurufen und zu sagen, daß die Schweden frei seien und schon heute abend wieder zu Hause sein würden. Er werde sich später am Tag mit weiteren Einzelheiten melden.
    Die Nachricht war in Schweden jedoch nicht mehr neu. Die ersten Agenturmeldungen waren schon in den
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