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Unterm Kirschbaum

Unterm Kirschbaum

Titel: Unterm Kirschbaum
Autoren: Horst Bosetzky
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tiefer Seufzer. »Ich will kein Denunziant sein … Und nachdem Klütz gestanden hatte, war ja auch alles klar.«
    »Aber nun …?« Mannhardt sah ihn bittend an.
    »Aber nun, wo Klütz sein Geständnis widerrufen hat, da … Ich hab’s natürlich in der Zeitung gelesen und geahnt, dass hier mal jemand aufkreuzt und wieder alles aufwärmt.«
    Heike bemühte sich, ihm die Brücke zu bauen, die nötig war. »Und als Sie gelesen haben, dass Klütz alles abstreitet, ist Ihnen wieder in den Sinn gekommen, dass Wiederschein es ja doch gewesen sein könnte.«
    »Ja, mit Klütz zusammen.« Freddie beugte sich noch weiter zu ihnen herüber und schloss die Augen. »Wenn ich den Mann so vor mir sehe, der da morgens zum Porsche gegangen ist, dann … Das war nicht der Schulz. Und Kaffee getrunken hat er auch keinen, und kein Wort mit mir oder Gudrun gesprochen.«
    »Ja, da kann ich mich nur ganz voll anschließen«, sagte Gudrun. »So war es damals, hohes Gericht.«

     

11.
    »Vorwärts, Hradschek!«
    Und zwischen den großen Ölfässern hin ging er bis an den Kellereingang, hob die Falltür auf und stieg langsam und vorsichtig die Stufen hinunter. (…)
    Was noch geschehen mußte, geschah still und rasch, und schon um die neunte Stunde des folgenden Tages trug Eccelius nachstehende Notiz in das Tschechiner Kirchenbuch ein:
    »Heute, den 3. Oktober, früh vor Tagesanbruch, wurde der Kaufmann und Gasthofsbesitzer Abel Hradschek ohne Sang und Klang in den hiesigen Kirchhofsacker gelegt. Nur Schulze Woytasch, Gendarm Geelhaar und Bauer Kunicke wohnten dem stillen Begräbnisakte bei. Der Tote, so nicht alle Zeichen trügen, wurde von der Hand Gottes getroffen, nachdem es ihm gelungen war, den schon früher gegen ihn wach gewordenen Verdacht durch eine besondere Klugheit wieder zu beschwichtigen. Er verfing sich aber schließlich in seiner List und grub sich, mit dem Grabscheit in der Hand, in demselben Augenblicke sein Grab, in dem er hoffen durfte, sein Verbrechen für immer aus der Welt geschafft zu sehn. Und bezeugte dadurch aufs Neue die Spruchweisheit: › Es ist nichts so fein gesponnen, ’s kommt doch alles an die Sonnen. ‹ «
    (Theodor Fontane, ›Unterm Birnbaum‹)

     

     
    Als Mannhardt, sein Enkel und Heike beisammensaßen, kamen sie natürlich auch auf diese Passage in Fontanes Roman zu sprechen und darauf, wo es Parallelen gab und wo im Fall Schulz/Wiederschein/Klütz die Dinge doch ganz anders lagen.
    Orlando fasste zusammen, wie es in ›Unterm Birnbaum‹ zugegangen war: »Hradschek hat den ermordeten Szulski bei sich im Keller vergraben, da war gleich die Erde, eine Hausplatte aus Beton gab es damals nicht. Nun will er ihn fortschaffen und in die Oder werfen, weil das Gerede der Leute nicht aufhört und man über kurz oder lang an der richtigen Stelle suchen könnte. Als er unten ist, rollen oben Ölfässer über die Falltür, und er kann sich nicht mehr selbst befreien. Seine Leute, die nicht im Hause sind, bemerken sein Fehlen erst am nächsten Morgen und finden ihn dann tot im Keller. Die Hand des verscharrten Szulskis ragt aus der Erde. Wie Hradschek dort unten ums Leben gekommen ist, verschweigt Fontane, vielleicht ist der Mörder beim Anblick der Leiche kollabiert.«
    »Das bringt uns doch nichts«, sagte Heike. »Denn Schulz ist nicht – von wem auch immer – in Wiederscheins Keller vergraben worden, sondern unter Klütz’ Garage.«
    »Trotzdem kommt Wiederscheins Keller eine zentrale Bedeutung zu«, sagte Mannhardt. »Ich habe das so im Gefühl, und mein Gefühl, das trügt mich nie. Denkt mal daran, was uns der Junge gesagt hat, als wir in Frohnau waren: ›Da drin spukt es.‹«
    Nach diesen Worten waren sich sein Enkel wie die Gefährtin seines Lebens einig in ihrem Hohn und Spott, und Mannhardt musste gewaltig an sich halten, nicht aufzustehen und zu sagen: ›Ihr könnt mich mal …!‹
    »Könnten wir bitte ein bisschen konstruktiver sein!«, bat er mit gepresster Stimme.
    »Bitte.« Heike wurde dienstlich. »Was schlägst du vor?«
    »Es geht doch darum, wie wir Wiederschein zu einem Geständnis bringen können, und da scheint mir nach wie vor der Königsweg zu sein, ihn mit dem Tatort zu konfrontieren.«
    »Das Gästehaus des ›à la world-carte‹ ist doch längst abgerissen«, sagte Orlando.
    »Aber das Haupthaus steht noch«, hielt ihm Mannhardt entgegen.
    »Und?«, fragte Heike.
    »Wir müssen versuchen, Wiederschein in seinen Keller zu locken, um ihn dort weichzuklopfen«,
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