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Unterm Kirschbaum

Unterm Kirschbaum

Titel: Unterm Kirschbaum
Autoren: Horst Bosetzky
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fragliche Stelle gefunden. »Ja, der Ede zittert bei der Vernehmung und sagt über Hradschek: ›He is so anners.‹ Male, die Köchin staunt, weil Szulski vor seiner Abreise gar keinen Kaffee getrunken hat. Und Jakob wundert sich, als er Szulski die Treppe runterkommen sieht, ›dat he so ’n beten lütt utsoah‹. Auch wird sein Gruß nicht erwidert. ›… as ick to em seggen deih: »Na Adjes, Herr Szulski«, doa wihr he wedder so bummsstill un nickte man blot so.‹«
    »Sehr schön«, sagte Mannhardt. »Ich sage ja, dass wir mit Freddie und Gudrun die Schlüsselfiguren vor uns haben.«
    Derart plaudernd kamen sie nach Letschin, hakten alles ab, was abzuhaken war, und fuhren weiter Richtung Oder, den Blick auf die Hügel gerichtet, die schon drüben im Polnischen lagen. Kurz danach hatten sie Kienitz erreicht.
    »Schön, dass sie den -ky nun schon mit einem eigenen Dorf geehrt haben«, sagte Mannhardt, der ab und an schon mal Kriminalromane las. Nach einigen Irrfahrten hatten sie das Gasthaus ›Am Deich‹ erreicht.
    Freddie und Gudrun waren ihnen durch die umfassende vorangegangene Recherche so vertraut, dass sie die beiden schnell ausmachen konnten. Freddie stand hinter der Theke, zapfte Bier und goss Getränke ein, während Gudrun in der Küche war und dem dunkelhäutigen Koch zur Hand ging. Wenn man sich auf die Zehenspitzen stellte, konnte man sie hinter der Durchreiche deutlich erkennen. Die Serviererin schien nach der Art, wie sie berlinerte, eine Einheimische zu sein.
    Mannhardt stieß Heike an. »Du, Omma, darüber kannst du morgen gleich berichten: Die letzte Frau unter 30 in den neuen Bundesländern, die noch nicht ab in den Westen ist, um sich einen gut bezahlten Job und einen Mann mit einem Intelligenzquotienten über 100 zu suchen. Wir haben also eine echt Zurückgebliebene vor uns.« Einem Zuruf des Wirtes entnahmen sie, dass die besagte junge Frau auf den Namen Muriel hörte. »Wahrscheinlich ist sie Melkerin von Beruf, weil ihre Mutter beim Lesen des Namens Muriel gedacht hat, das hat was mit Kühen zu tun: Muh!«
    Heike sah ihn böse an. »Erstens bin ich nicht Orlandos Oma, und zweitens, hör bitte auf, über die Märker zu lästern.«
    Um sich die Wirtsleute geneigter zu machen, bestellten sie, ehe sie zur Sache kamen, erst einmal das Teuerste, was auf der Speisekarte stand. Das waren Zander in Butter gebraten und ein Steak vom Strauß.
    »Einmal das Steak von Franz Josef«, sagte Mannhardt, als Muriel dann neben ihm stand, um die Bestellung aufzunehmen.
    »Nicht doch lieber von Botho oder den Österreichern, Johann Vater oder Johann Sohn?«
    Mannhardt war baff, Heike und Orlando grinsten schadenfroh. Es stellte sich heraus, dass Muriel eine entfernte Verwandte Gudruns war, in Berlin Politik und Kunstgeschichte studierte und nur an den Wochenenden als Serviererin arbeitete.
    »Schade, Opa, dass du keinen Beruf hattest, wo man Menschenkenntnis erwerben konnte«, sagte Orlando.
    »Wofür hat er mich denn gehalten?«, fragte Muriel.
    »Ach, da schicke ich Ihnen mal eine Mail oder eine SMS .«
    Muriel schien nicht abgeneigt, Orlando näher kennenzulernen, und schrieb ihm ihre Handynummer und ihre E-Mail-Adresse auf einen Bierdeckel.
    Mannhardt lachte. »Wie hat schon Emile Durkheim gesagt: ›Das Verbrechen eint die aufrechten Gemüter.‹«
    Muriel stutzte, dann ahnte sie, warum die Berliner hier waren. »Geht es um diesen Wiederschein beziehungsweise den Schulz und den Klütz?«
    »So ist es, und es wäre nett, wenn Sie Gudrun und Freddie fragen würden, ob sie nachher eine Viertelstunde Zeit für uns hätten.«
    Alles ließ sich glänzend an, und als die beiden später auf sie zukamen, sollte die Sache so schwer nicht werden.
    Heike stellte sich als Journalistin vor, präsentierte ihren Presseausweis und erklärte, dass der Fall Klütz mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder aufgerollt werde und dass dann Wiederschein und seine Frau wegen des Mordes an Siegfried Schulz auf die Anklagebank kämen. »Und Sie beide müssen dann an Eides statt aussagen, dass Sie damals nichts Auffälliges bemerkt hätten.«
    »Und überführt man Sie des Meineids, sieht es schlecht aus um Ihre neue Existenz hier«, fügte Orlando hinzu.
    Mannhardt konnte ihn kaum bremsen. »Langsam, Herr Staatsanwalt, langsam.«
    Aber dieser Eröffnungszug blieb nicht ohne Wirkung, denn Freddie setzte sich zu ihnen an den Tisch, um so leise sprechen zu können, dass die anderen Gäste nichts verstanden.
    »Ja …« Es folgte ein
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