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Unter uns Pastorentoechtern

Unter uns Pastorentoechtern

Titel: Unter uns Pastorentoechtern
Autoren: Fred Secombe
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wartete eine Weile, ob etwas zu hören wäre — erfolglos.
    Offensichtlich wurde die Maus ihrer Reputation voll gerecht.
    Auf Zehenspitzen schlich ich am Tisch vorbei auf den Kamin zu. Die Feuerstelle war von einer Schwelle aus oxidiertem Metall umgeben, und dahinter befanden sich ein paar gemusterte Kacheln, auf denen ein Utensilienständer mit Zange, Schürhaken und Schaufel stand. Der Feuerrost lag frei, und durch die Stäbe konnte man in den Aschenkasten schauen. Falls Mrs. Richards recht hatte, befand sich die Maus im Aschenkasten. Ich beschloß, mit dem Schürhaken auf den Rost zu klopfen, um zu sehen, ob das irgendein Lebenszeichen hervorrief. Und siehe da, als ich es tat, ertönte von unten ein Rascheln.
    Der Moment für entschiedenes Handeln war gekommen. Mit wild klopfendem Herzen und schwer atmend kniete ich neben dem Kamin nieder, den Schürhaken in meiner Rechten erhoben. Dann wurde mir mit einem Geistesblitz klar, daß ich mit der Schaufel aus dem Ständer bessere Chancen haben würde, das Nagetier zu erschlagen, als mit einem Schürhaken. Ich nahm die Schaufel und benutzte die Spitze des Schürhakens, um den Aschenkasten herauszuziehen.
    Eine winzige Hausmaus, noch verängstigter als ich, hockte in einer Ecke des Aschenkastens. Ich ließ die Schaufel mit einem mächtigen Schlag hinabsausen, brachte damit jedoch nur den Utensilienständer zu Fall. Inzwischen entkam das Nagetier in Panik und mit blitzartiger Geschwindigkeit über den Rand des Aschenkastens und verschwand unter dem Büfett.
    „Ist Ihnen etwas passiert?“ erkundigte sich Mrs. Richards mit besorgter Stimme.
    „Nein, mir geht es gut“, rief ich, „und der Maus auch. Sie hat sich irgendwo unter Ihrem Büfett verkrochen.“
    „Holen Sie sie lieber da raus“, rief meine Wirtin schrill. „Ich will nicht, daß sie sich in meinen Schubladen einnistet.
    „Das brauchen Sie nicht zu befürchten“, beruhigte ich sie im Namen der Maus. „Ich versuche noch einmal, sie zu erwischen, aber wir müssen leise sein.“
    Diesmal kam keine Antwort. Meine Botschaft war angekommen.
    Mit erhobener Schaufel wartete ich auf den Knien auf den nächsten Zug der Maus. Es war eine sehr geduldige Maus. Die Minuten vergingen, und mein Waffenarm begann zu schmerzen.
    Wenn diese Pattsituation andauert, dachte ich, werde ich binnen kurzem nicht mehr in der Lage sein, meinen Arm zu bewegen, geschweige denn das verflixte Biest mit der Schaufel zu erschlagen.
    Plötzlich kam ein Rascheln entlang der Fußleiste in Richtung der Tür, hinter der Mrs. Richards sich verborgen hielt.
    Ich schleuderte die Schaufel nach der lästigen Kreatur. Wie nicht anders zu erwarten, verfehlte ich die Maus, traf aber statt dessen die Tür mit einem Getöse, als wäre das Jüngste Gericht hereingebrochen.
    „Was war das?“ rief Mrs. Richards.
    „Ich habe danebengetroffen“, sagte ich.
    „Bitte beeilen Sie sich“, bat die alte Dame. „Ich möchte ins Bett gehen, aber das kann ich nicht, solange diese Maus da ist.“
    Ich hob die Schaufel auf und näherte mich dem leeren Feuerrost, um zu sehen, ob die Maus dorthin zurückgerannt war. Inzwischen war meine Furcht vor der flinken, huschenden Kreatur einer wilden Entschlossenheit gewichen, sie zu vernichten.
    Ich spähte in den Raum unter dem Rost, der jetzt seines Schutzes durch den Aschenkasten entblößt war. Dort versteckte sich in der hintersten Ecke meine Beute.
    Ich kniete nieder, zählte bis drei und stieß mit der Schaufel zu. Als ich den Kontakt mit lebendigem Fleisch spürte, lief ein Schauder meine Wirbelsäule hinab. Es war alles vorbei. Das arme Geschöpf war zu Tode zermalmt. Ich stieß einen Schrei aus, der sich aus Erleichterung und Abscheu zusammensetzte.
    „Ist alles in Ordnung?“ kam Mrs. Richards’ flehende Stimme.
    „Ja, kommen Sie herein und schauen Sie sich’s an“, sagte ich mit triumphierendem Unterton wie eine Hebamme, die den ängstlichen Vater in den Kreißsaal bittet.
    Vorsichtig betrat sie das Zimmer. Ich hielt ihr die Schaufel entgegen, auf der die kaum der Rede werten Überreste der Ursache aller Aufregung lagen.
    „Uh!“ sagte sie mit einem Schaudern — als ob sie den Kadaver eines Drachen vor sich hätte, der sie zu verschlingen im Begriff gewesen wäre. „Danke, Mr. Secombe. Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn Sie mir nicht behinderlich gewesen wären.“

2
     
     
    Ich stand auf der Kanzel des schäbigen kleinen Wellblechtempels, der dem heiligen Padarn geweiht war, und
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