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Unter dem Wolfsmond – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Unter dem Wolfsmond – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Titel: Unter dem Wolfsmond – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
Autoren: Steve Hamilton
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saß nur da und sah auf die Tür. Seine Freunde saßen da und starrten auf den Tisch oder den Fußboden. Ich wollte irgend etwas sagen, um das lastende Schweigen zu brechen, aber mir fiel nichts ein.
    »Weißt du, was mich am meisten trifft?« fragte Vinnie schließlich.
    »Was denn?«
    »Hast du dir die Frauen angesehen, die mit ihnen rumzogen? Eine von ihnen, die kenn ich.«
    »Aha.«
    »Ich bin mit ihr zusammen aufgewachsen«, erklärte er. »Im Reservat.«
    Es war kurz nach eins, als ich ging. Vinnie bedankte sich bei mir, daß ich für seine Mannschaft gespielt hatte. Die meisten aus der Mannschaft bedankten sich ebenfalls. Ein paar von ihnen waren schon in ihren Biergläsern versunken.
    Ich ging zum Tresen und entschuldigte mich bei dem Mann für den Anteil, den ich an dieser Beinahe-Schlägerei in seiner Kneipe gehabt hatte.
    »Machen Sie sich da mal keine Gedanken«, sagte er. »Alles, was ich nicht morgen in der Zeitung lesen muß, ist nicht passiert.«
    Ich warf zwei Geldscheine auf die Theke. Zwei Männer schliefen auf ihren Barhockern, den Kopf in den Armen vergraben. Der einzige Unterschied zwischen beiden bestand darin, daß der links schnarchte und der rechts nicht. Ich glaube nicht, daß einer von ihnen ein Indianer war. Nur zwei Weiße, die jeden Abend, darauf hätte ich gewettet, in die Kneipe kamen und sich bis zur Bewußtlosigkeit betranken. Irgendwer hat mir mal erzählt, daß drei Prozent der Bevölkerung Michigans auf der Oberen Halbinsel leben, daß die aber 28 Prozent des Alkohols trinken, der im Staat konsumiert wird. Das sind nicht nur die Indianer, die das ganze Zeug verkimmeln. Trotzdem habe ich noch nie gehört, wie jemand gesagt hätte, was für eine Schande das ist, alle diese besoffenen Weißen, lauter degenerierte Trunkenbolde.
    »Hey«, sagte der Wirt, »sind Sie nicht dieser Privatdetektiv? Der, der für Uttley gearbeitet hat?«
    »War ich«, sagte ich.
    »Wo ist der eigentlich hin? Ich sehe ihn hier nie mehr.«
    »Das weiß ich nicht«, sagte ich. Und das war die Wahrheit.
    »Er hatte einen offenen Deckel bei mir«, sagte der Mann. »Den hat er noch nicht bezahlt.«
    »Wieviel ist es?« fragte ich. Ich holte meine Brieftasche wieder raus.
    Er hob die Hände. »Das ist eine Sache zwischen ihm und mir. Das laß ich Sie doch nicht bezahlen. Aber sollten Sie ihn mal sehen, sagen Sie ihm, daß er bei mir noch Schulden hat.«
    »Wenn ich ihn sehe, sag ich’s ihm.« Bei dem Gedanken mußte ich ein wenig lächeln. Aber nur ein wenig.
    Als ich vor die Tür trat, schlug mir der kalte Wind vom See her entgegen. Ich schloß die Augen und hielt mir die Handschuhe vors Gesicht. Als der Wind etwas nachließ, atmete ich tief durch. Die Luft hatte einen Geruch und eine feuchte Schwere, die mehr Schnee verhießen.
    Ich blickte über den St.   Marys River. Er war nun schon seit über einem Monat fest zugefroren. Die Schleusen waren für den Winter geschlossen. Der nächste Frachter würde sie allerfrühestens im März passieren. Vom anderen Ufer lockten mich die Lichter Kanadas. Ich könnte geradewegs über den Fluß hinüberwandern, wenn ich wollte. Kein Zoll, keine Maut. Ich wäre nicht der erste, der das täte. Es gab Geschichten von Männern, die ihre Frauen und Familien zurückgelassen hatten und über das Eis in ein neues Leben in einem anderen Land gewandert waren.
    Ich startete den Wagen und stellte die Heizung auf volle Pulle. Es dauerte gut zehn Minuten, um der Kälte den Biß zu nehmen. Die durchsichtige Plastikfolie, die das Seitenfenster am Beifahrersitz ersetzte, war da wenig hilfreich. Ich machte mir in Gedanken eine Notiz, morgen noch einmal bei der Autoglasfirma anzurufen und nachzuhören, ob das neue Fenster endlich da war. Sie hatten von zwei bis drei Wochen gesprochen, als sie es für mich bestellten. Das war vor fast drei Monaten.
    Im schwachen Licht der Straßenlaternen und der Kneipenfenster fuhr ich quer durch die Stadt. Vorne an meinem Kleinlaster hatte ich den Schneepflug montiert, und auf der Ladefläche lag ein etwa acht Zentner schwerer Betonblock, um die Reibung zu erhöhen. In dieser Nacht waren die Straßen frei von Schnee, aber ich wußte, daß das nicht lange dauern würde. Das tat es nie. Nicht bis zum Frühjahr.
    Als ich auf der Autobahn war, dauerte es eine ganze Weile, bis ich neunzig Stundenkilometer erreichte. Ich konnte spüren, wie die Maschine mit der zusätzlichen Last kämpfte. Auf der I-75 bis zur M-28 nach Westen durch den Hiawatha National Forest
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