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Unter dem Wolfsmond – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Unter dem Wolfsmond – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Titel: Unter dem Wolfsmond – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
Autoren: Steve Hamilton
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ihnen an, einen nach dem anderen. Bei zweien erkannte man den Indianer auf den ersten Blick. Der Rest war wie Vinnie – jede Menge gemischtes Blut. Vielleicht sah man es an den Wangenknochen. Oder an den dunklen bedächtigen Augen.
    Alle tranken. Die meisten, wenn nicht alle, würden sich an diesem Abend betrinken. Mehr als einer würde in einem Zustand jenseits aller Trunkenheit sein. Ich wußte, daß das Vinnie bedrückte. »Manchmal fühle ich mich schuldig«, hatte er einmal zu mir gesagt, »daß ich nicht im Reservat lebe. Viele von meinem Stamm denken, ich hätte sie verlassen. Als ich dort aufgewachsen bin, konnte ich die Straße runtergehen und in jedes Haus reingehen, wenn ich wollte. Einfach reingehen. Den Kühlschrank aufmachen und mir ein Butterbrot schmieren. Hinsetzen und das Fernsehen anmachen. Wir waren wie eine große Familie.«
    Er hat mir nie erzählt, warum er das Reservat verlassen hat. Vielleicht wollte er ein eigenes Haus besitzen, statt auf dem Land des Stammes zu wohnen. Oder dieses ›Alle-eine-große-Familie‹, wovon er gesprochen hatte, war ihm vielleicht einfach zu viel geworden.
    Er wohnt in Paradise, von mir aus gesehen ein Stück die Straße runter. Er ist mein nächster Nachbar und wohl auch mein engster Freund, direkt nach Jackie. Er hält die Bank bei Siebzehnundvier im Bay Mills Casino, wenn er nicht seine Roter-Himmel-Jagdmasche abzieht.
    »Weißt du, was der Unterschied zwischen einem weißen und einem indianischen Bankhalter beim Siebzehnundvier ist?« hatte er mich einmal gefragt. »Das klingt jetzt wie ein Klischee, ist aber wahr: Der weiße Bankhalter spielt niemals selbst. Die Jungs in Las Vegas? Sie sehen tausend Leute, die die ganze Nacht Siebzehnundvier spielen, und vielleicht fünfzig davon gehen als die Riesengewinner nach Haus, stimmt’s? Meinst du etwa, daß die Bankhalter ihre Gehaltsschecks kassieren und dann selbst mit dem Geld spielen? Ich hab zwei Vettern, die jede Woche jeden Cent verlieren, garantiert. Sie kassieren ihren Scheck, kaufen Bier und was zum Essen und gehen dann stracks ins Kasino und verspielen den Rest. Und das jede verdammte Woche, Alex. Und was ich auch tue oder sage, ändern kann ich nichts.«
    Vinnie saß am Tisch und starrte auf den Elchkopf an der Wand. Niemand sprach ein Wort. Es war weiter nichts als eine stille frostklirrende Winternacht im Horns Inn.
    Bis das blaue Team einmarschierte.
    Sie stürmten das Lokal mit jeder Menge Lärm und einem Schwall Polarluft, der die Gläser auf unserm Tisch erklirren ließ. »Verdammt noch mal«, sagte einer von ihnen, »seht euch diesen Schuppen an!«
    Sie schoben ein paar Tische am gegenüberliegenden Ende des Raumes zusammen. Es waren neun Männer und neun Frauen. Die meisten trugen lederne Bomberjacken. Sogar mit ihren Pelzkragen waren sie niemals warm genug.
    Mein neuer Freund, der Mittelstürmer, ging zum Tresen und befahl dem Mann, die Pitcher anrollen zu lassen. Er hatte einen typischen Hockeyhaarschnitt, kurz an den Seiten und hinten lang.
    »Wer zum Teufel ist der Bursche?« fragte ich schließlich.
    »Wer, der Mittelstürmer?«
    »Ja, Mr.   Wichtigtuer.«
    »Das ist Lonnie Bruckman. Ganz schöner Brocken, wie?«
    »Spielt der immer high?«
    Vinnie lachte. »Ist dir das aufgefallen?«
    »Das war wohl nicht zu vermeiden.«
    »Schlittschuhlaufen kann er jedenfalls, oder? Ich schätze, er hat irgendwo in der zweiten Mannschaft gespielt. Die meisten Jungs in seiner Mannschaft sind eingeschmuggelte Profis. Alte Mannschaftskameraden aus Kanada. Jede Woche spielt ein Neuer für ihn.«
    Bruckman brachte zwei Pitcher an die Tische. Als er noch weitere holen wollte, bemerkte er uns. Unser Glücksabend.
    »Hey, da sind ja die Indianer«, rief er. Als er zu uns kam, konnte ich ihn mir genauer ansehen, ohne die Hockeyverkleidung. Was auch immer er sich reinziehen mochte – in der Zwischenzeit hatte er eine weitere Dosis davon genommen, vermutlich im Auto auf dem Weg hierhin. Koks oder Speed oder beides. »Schönes Spiel, Jungs«, sagte er. »Kann ich euch zwei Pitcher bringen?«
    Niemand sagte ein Wort.
    Er schaute auf Vinnies Glas. »Was haste ’n da, LeBlanc? Rum und Coke? Laß mich dir einen ausgeben.«
    »Das ist Pepsi«, erklärte Vinnie.
    »Du verarschst mich wohl«, sagte Bruckman. »Ein Indianer, der nicht trinkt?« Er lachte, als sei das das Komischste, was er seit Wochen gehört hatte.
    »Wir sind alle versorgt hier«, sagte Vinnie. »Trotzdem vielen Dank.«
    »Hey, Alter«, wandte er sich
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