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Unter dem Teebaum

Unter dem Teebaum

Titel: Unter dem Teebaum
Autoren: Ines Thorn
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rechte Hand, und Steves Blick fiel auf den weißen Knochen.
    Er griff sich mit der Hand an die Kehle und wiederholte: »Was willst du?«
    Orynangas dunkle Stimme drang zu den anderen Männern in ihren Verstecken.
    »Gekommen bin ich, um die Wahrheit zu finden. Gekommen bin ich, um den wahren Mörder Jonahs zu vernichten oder ihm zu vergeben, wenn er gesteht.«
    »We… welcher Jonah?«, fragte Steve, doch sein Gesicht war kalkweiß geworden.
    »Jonah vom Clan der Damala, zu Tode gekommen auf dem Gut Carolina Cellar.«
    »Amber hat ihn getötet«, stammelte Steve. »Ich habe einen Zeugen dafür.«
    »Die Ahnen sprechen anders«, donnerte Orynanga, sodass Steve erneut zusammenzuckte.
    »Ich war in der Nacht dabei und habe alles gesehen«, fuhr er fort. »Weder die junge Missus noch der alte Master haben Hand an Jonah gelegt.«
    Er hob die Hand mit dem weißen Knochen ein wenig, doch noch zeigte er damit nicht auf Steve. »Dein Hund starb damals. Erinnerst du dich, weißer Mann? Er ist für dich gestorben.«
    Steve schluckte so laut, dass die Männer hinter den Eukalyptusbäumen ihn hören konnten.
    »Ich kenne die Wahrheit, Steve Emslie. Aber ich möchte sie aus deinem Munde hören.«
    »Wenn … wenn ich damit herausrücke – was geschieht dann?«, fragte Steve und leckte sich über die trockenen Lippen.
    »Du bist Christ, nicht wahr? Du glaubst an den Gott der Weißen.«
    Steve nickte und sah sich um, als suchte er nach einem Fluchtweg.
    Orynanga lachte.
    »Es hat keinen Zweck zu fliehen, weißer Mann. Der Knochen tut noch auf hundert Meilen seinen Dienst. Aber das weißt du ja. Der Gott der Weißen sagt, wenn du deine Schuld gestehst und bereust, so ist sie dir vergeben. Wir wollen es genauso halten. Jonah ist bei den Ahnen. Nichts kann ihn von dort zurückholen. Es geht um die Wahrheit, weißer Mann. Es geht immer um die Wahrheit.«
    »Ich … ich kann mich nicht mehr erinnern, es ist alles schon so lange her«, stammelte Steve und versuchte noch immer, seine Haut zu retten.
    Orynanga schwieg, doch er hielt die Hand mit dem Knochen ein Stück höher.
    Steve sank in die Knie. Er fiel einfach vornüber und kniete vor dem alten Mann, weil seine Beine ihren Dienst versagten.
    »Ja, ich war es«, flüsterte er.
    »Ich kann dich nicht verstehen«, erwiderte der Eingeborene. »Sprich lauter!«
    »Ich war es. Ich habe Jonah getötet und die Axt Walter Jordan, der bewusstlos am Boden lag, in die Hand gedrückt.«
    Der Staatsanwalt griff zu einem Funkgerät, doch Creally machte ihm ein Zeichen, den Zugriff hinauszuzögern.
    »Warum?«, donnerte der Alte.
    »Weil ich Jonah gehasst habe. Er hat von Amber alles bekommen, was ich ersehnt habe. Erst er und dann sein schwarzer Sohn.«
    Der Satz war wie ein Schrei. Steve brach zusammen, legte die Arme schützend um seinen Kopf und fiel in ein tiefes Schluchzen.
    »Zugriff«, flüsterte der Staatsanwalt in sein Funkgerät. Sekunden später gingen die Türen des Zivilfahrzeuges auf, und die beiden Beamten legten Steve Emslie Handschellen an.
    Bevor Steve in das Auto gezerrt und weggebracht wurde, trat Jonah zu ihm. Er stand vor ihm und sah ihn an.
    »Ich wäre gerne wütend auf dich, Stiefvater«, sagte er. »Aber ich bin es nicht. Mein Herz ist voller Mitleid für dich und dein armseliges Leben.«
    Dann drehte er sich um und ging zu Ralph Lorenz, der ihm wieder einen Arm um die Schulter legte.
    Schon am nächsten Tag kam Amber aus dem Gefängnis frei. Und schon zwei Tage später war Orynanga zurück bei seinem Clan am Fuße des Uluru.
    Er starb drei Wochen später, und er starb glücklich und zufrieden. Sein Clan hatte das ihm anvertraute Land zurückbekommen, und er wusste es bei Jonah in den besten Händen.
    Steve Emslie wurde wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt, Harry Ulster erhielt eine Bewährungsstrafe wegen Meineids. Er verschwand aus der Gegend und wurde niemals wieder gesehen. Emilia war entsetzt darüber, dass ihr Vater ein Mörder war, doch nach einem Jahr begann sie, ihm Briefe ins Gefängnis zu schreiben. Er war und blieb ihr Vater.
    Das Gut erholte sich von der Krise, und die Outback-Station fand in den Feinschmeckermagazinen lobende Erwähnung, doch Emilia genügte das nicht. Sie bewarb sich in einem Gourmetrestaurant in Sydney um eine Ausbildung zur Köchin. Um die Outback-Station sorgte sie sich nicht. Sie war bei Maggie und Peena in den besten Händen.
    Peena brachte einen kleinen Jungen zur Welt. Sie war sehr glücklich mit dem Kind, um das Bob sich
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