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Unsortiertes

Unsortiertes

Titel: Unsortiertes
Autoren: Darius von Benin
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mir mal bitte
zu meinem Wagen.“
     
     
    Für das Zusammenraffen seiner Sachen brauchte er keine Viertelstunde,
sein Rucksack und die Sporttasche, die er bei sich hatte, landeten im
Kofferraum meines Audis A6 Avant. Die Stimmung auf der Fahrt zum Bahnhof war
etwas gedrückt, viel gesprochen wurde nicht. In der Komödienstraße, der Dom war
schon in Sichtweite, legte er seine Linke auf meinen rechten Unterarm.
    „Kannst du mal bitte rechts ranfahren?“ Seine Stimme klang brüchig.
     
    „Sobald ich einen freien Platz finde!“ In der Kölner Altstadt kein
leichtes Unterfangen, aber ich hatte mehr Glück als Verstand, denn kurz nach
dem Hostel wurde direkt vor mir ein Parkplatz frei, ich hielt, ließ den anderen
Wagen ausparken und stellte mich dann in die Lücke.
     
    „Danke!“ Er drehte sich zu mir, strich mir sanft über die Wange. „Ich
wollte ja durch den Prozess meinen Bruder neu kennenlernen. Aber, um ehrlich zu
sein, viel näher bin ich ihm durch die ganze Verhandlung nicht gekommen,
jedenfalls bis heute, bis du aufgetaucht bist und deine Aussage gemacht hast.
Bei dir spielte Enrico die Hauptrolle, bei den anderen? Da war er die Leiche,
das Opfer oder was weiß ich!“ Er seufzte. „Ich habe eine Bitte!“
     
    Ich blickte ihm in die Augen. „Welche?“
     
    „Ich würde gerne wissen, wie er bei dir gelebt hat.“ Eine Träne
kullerte über seine Wange.
     
    Ich fing sie mit dem Finger auf. „Du willst mit zu mir nach
Düsseldorf?“
     
    „Wenn es dir nichts ausmacht!“ Justin schluckte. „Aber … ich will es
auch aus einem anderen Grund, nicht nur wegen Enrico. Ich will dich näher
kennenlernen, aber nicht, weil du der Lover meines Bruders warst, der mir viel
aus seiner Vergangenheit erzählen kann, sondern … weil … weil du …“ Er
schluchzte. „… weil du du bist. Ich weiß auch nicht, wie ich es sagen soll, es
ist …“
     
    Ich zog seinen Kopf zu mir, unsere Lippen trafen sich und unsere Zungen
tanzen Walzer. Die Zeit stand still, die Welt um uns herum schien sich
aufzulösen, das Universum schien sich im Innenraum meines Autos zu
konzentrieren. Was war los? Was war mit ihm los? Was war mit mir?
    Plötzlich klopfte es an die Scheibe, ich erschrak; aus dem
psychedelischen Farben, die bis gerade noch dominierten, wurde mit einem Schlag
wieder das Grau des Alltags. Unsere Köpfe lösten sich, ich drehte mich um und
blickte in die Augen einer Knöllchenschreiberin. Ich drückte das Knöpfchen, die
Scheibe senkte sich. „Ja bitte?“
     
    „Jungs, wenn ihr knutschen wollt, dann macht das, aber entweder fahrt
ihr dazu an den Aachener Weiher oder ihr zieht euch einen Parkschein!“ Sie
stemmte ihre Hände in die Hüften.
     
    Die Antwort, auf die sie wohl wartete, kam vom Beifahrersitz. „Wir
fahren, aber nicht zum Aachener Weiher, sondern nach Düsseldorf.“
     
    „Nach Düsseldorf?“ Sie schüttelte ihren Kopf. „Das wäre eigentlich
Grund genug, das Ticket zu erhöhen, aber macht jetzt, dass ihr wegkommt.“
     
    „Machen wir!“ Ich lachte sie an, startete den Motor und legte den
Rückwärtsgang ein.
     
     
     
    „Herr Jublinski! Da sind sie ja!“ Der Staatsanwalt wirkte irgendwie
erleichtert. „Ich hatte versucht, sie letzte Woche zu erreichen, aber ich habe
nur ihre Tante erwischt. Sie sind umgezogen?“
     
    Justin grinste. „Bin ich! Ich lebe jetzt bei meinem Freund in
Düsseldorf und werde da auch studieren.“
     
    „Sind sie der Glückliche?“ Der Robenträger blickte mich fragend an.
     
    Ich nickte lächelnd. „Gaynau, der Freund bin ich!“
     
    „Dann wünsche ich ihnen viel Glück oder was man in einer solchen
Situation auch immer wünschen mag.“ Er lachte, schaute dann Justin an. „Aber
darf ich fragen, warum sie ihrem Bruder nacheifern?“
     
    Der straßenköterblonde Student grinste. „Wieso nacheifern? Enrico
wollte eine Beziehung, war aber unfähig, eine feste Bindung einzugehen. Ich
wollte schon immer eine Bindung eingehen, habe aber nie den passenden Mann für
eine Beziehung gefunden, bis ich JFK traf. Wir laden sie auch zur Hochzeit ein,
denn sie haben uns ja mehr oder minder zusammengebracht.“
     
    Der dickliche Vertreter der Anklage schmunzelte immer noch. „Meinen
Segen haben sie, daran soll es nicht scheitern. Aber eins muss ich ihnen noch
sagen! Und da bin ich leicht böse auf sie!“
     
    Ich hob abwährend die Hände. „Wir sind uns keiner Schuld bewusst!“
     
    „Was haben sie mit meinem Referendar gemacht? Der kam ganz
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