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Unser Spiel

Unser Spiel

Titel: Unser Spiel
Autoren: Carre
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Universität Bath sucht einen Sprachwissenschaftler, der auch über globale Sicherheit lesen kann, wie die das nennen; ich nenne es das schärfste Oxymoron aller Zeiten. Befristet, könnte aber dauerhaft werden. Der Oberbonze dort war früher bei uns und ist positiv eingestellt, vorausgesetzt, Pettifer läßt sich nichts zuschulden kommen. Ich wußte gar nicht, daß Bath eine Universität hat.«, fügt er griesgrämig hinzu, als ob ihm niemand je etwas sagen würde. »Be stimmt nur so eine aufgemotzte TH.«
    * **
    Es ist der schlimmste Moment unserer über zwanzigjährigen Zusammenarbeit. Das Leben will es nun einmal so, daß wir auf irgendwelchen Hügeln in geparkten Autos sitzen müssen. Diesmal ist es ein Rastplatz auf einem Hügel in der Nähe von Bath. Larry sitzt neben mir, das Gesicht in den Händen vergraben. Über den Bäumen erkenne ich die grauen Umrisse der Universität, die wir eben besichtigt haben, und die beiden schmutzigen Metallschlote, die ihr bedrohliches Wahrzeichen sind.
    »Woran glauben wir also jetzt, Timbo? An Sherry beim Dekan und schmucklose Kiefernmöbel?«
    »Sag doch, an den Frieden, für den du gekämpft hast«, rate ich ihm lahm.
    Er schweigt, und das ist jedesmal schlimmer, als wenn er flucht. Er greift mit den Händen nach oben, gelangt aber nicht ins Freie, sondern stößt ans Wagendach.
    »Das ist eine sichere Zuflucht«, sage ich. »Eine Hälfte des Jahres langweilst du dich, die andere Hälfte kannst du tun und lassen, was du willst. Damit hast du’s bei weitem besser als der Durchschnitt der Menschheit.«
    »Ich lasse mich nicht zähmen, Timbo.«
    »Das verlangt auch niemand von dir.«
    »Ich will keine sichere Zuflucht. Hab ich nie gewollt. Das kann mir alles gestohlen bleiben. Sichere Zufluchten! Stillstand! Unidozenten und an den Preisindex gebundene Pensionen! Am Sonntag den Wagen waschen! Und du kannst mir auch gestohlen bleiben.«
    »Dir kann noch mehr gestohlen bleiben: die Geschichte, die Firma, das Leben und das Altwerden«, steigere ich noch seine Thesen.
    Trotzdem habe ich einen Kloß im Hals, das kann ich nicht leugnen. Am liebsten würde ich ihm eine Hand auf die bebende und verschwitzte Schulter legen, nur daß solche Berührungen zwischen uns nicht üblich sind.
    »Paß auf«, sage ich zu ihm. »Hörst du mir zu? Du bist hier dreißig Meilen von Honeybrook entfernt. Du kannst jeden Sonntag zum Lunch und zum Tee kommen und mir erzählen, wie beschissen das alles ist.«
    Es ist die schlimmste Einladung, die ich jemals in meinem Leben ausgesprochen habe.
    * **
    Bryant sprach in seinen Notizblock, den er sich vors Gesicht hielt, während er mir höhnisch die Liste von Larrys Telefongesprächen vorlas.
    »Mr. Cranmer taucht ebenfalls unter den Anrufern auf, wie ich sehe. Es sind nicht nur diese komischen Ausländer. Ein gebildeter Gentleman, immer sehr höflich, spricht eher wie jemand von der BBC als wie ein Mensch, um die Vermieterin zu zitieren. Tja, genau so würde ich selbst Sie auch beschreiben, wenn Sie gestatten.« Er feuchtete einen Finger an und blätterte fröhlich um. »Dann machen Sie plötzlich kehrt und brechen jeden Kontakt mit dem Doktor ab. Jaja. Keinerlei Anrufe mehr, weder von Ihrer noch von seiner Seite, volle drei Wochen lang. Könnte man als Funkstille bezeichnen. Haben ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen, Mr. Cranmer, Sir, und ich und Oliver, wir haben uns gefragt, warum Sie ihm das angetan haben. Wir haben uns gefragt, was da gelaufen ist, bevor Sie den Kontakt zu ihm abgebrochen haben, und was dann anschließend aufgehört hat. Stimmt doch, Oliver?«
    Er lächelte noch immer. Hätte ich mich auf dem Weg zum Galgen befunden, sein Lächeln würde sich nicht verändert haben. Meine Wut auf Merriman fand jetzt in Bryant ein dankbares Ziel.
    »Inspektor«, fing ich an und geriet dann immer mehr in Rage. »Sie nennen sich Freund und Helfer. Trotzdem besitzen Sie die Unverschämtheit, sonntags um zehn Uhr abends unbefugt und unangemeldet in mein Haus einzudringen – Sie, Sie und Ihr –«
    Bryant stand bereits. Sein mokantes Verhalten war wie eine Maske von ihm abgefallen. »Sie waren sehr freundlich, Sir, und wir sind schon viel zu lange hier. Vermutlich, weil die Unterhaltung mit Ihnen so anregend war.« Er klatschte eine Karte auf meinen Kaffeetisch. »Rufen Sie uns an, Sir, ja? Was auch immer passiert. Falls er anruft, schreibt, plötzlich vor Ihrer Haustür steht, Sie etwas von dritter Seite hören, das uns helfen könnte, ihn ausfindig
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