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Unser sechzehntes Jahr (German Edition)

Unser sechzehntes Jahr (German Edition)

Titel: Unser sechzehntes Jahr (German Edition)
Autoren: Nancy Salchow
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ein schwieriges Alter. Nichts, worüber du dir Sorgen machen müsstest."
    "Du weißt, dass es weit mehr als das ist, Armin."
    Sein Blick weicht meinem aus. "Die Sache mit Fiona und euer Gespräch am Strand hat sie aufgewühlt, ja. Aber sie wird es verstehen."
    "Wann? Wann, Armin!"
    "Ich habe keine Ahnung. In ein paar Tagen. In ein paar Wochen."
    Ich fahre mit der Hand über meine Schläfe. "Ich hoffe nur, dass es bald sein wird, denn lange halte ich diese Spannung nicht mehr aus."
    "Aber sie ist doch gar nicht so angespannt. Ein bisschen durch den Wind vielleicht, aber eigentlich doch nicht sehr viel anders als sonst." Er bemüht sich um ein Lächeln. Dasselbe Lächeln, das er aufsetzt, wann immer er mir sagen will, dass ich mir zu viele Sorgen mache.
    "Klar, dass du das sagst. Du siehst sie nur spät abends und da fällt sie dir geradezu euphorisch um den Hals. Ihre Allüren lebt sie nur bei mir aus."
    "Soll das ein Vorwurf sein?"
    "Kein Vorwurf. Nur eine Feststellung", sage ich. "Ich verstehe einfach nicht, warum sie ihre Wut so sehr auf mich projiziert. Es ist unsere Vergangenheit, Armin. Deine genau wie meine. Warum hab ich das Gefühl, sie ständig allein verantworten zu müssen?"
    Er greift nach meiner Hand. "Du bist nicht allein, Dascha. Und das weißt du."
    "Und was nützt mir das, wenn sich meine Tochter mehr und mehr von mir entfremdet? Wenn sie nur noch das Nötigste mit mir spricht? Es ist fast wie bei…"
    Er legt den Finger auf meine Lippen. "So was darfst du nicht einmal denken."
    "Ich denke es aber." Ich löse mich aus seinem Griff.
    "Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun, Dascha. Das war damals und dies ist jetzt. Es sind sechzehn Jahre. Sechzehn Jahre ."
    "Aber sie hat die Fragen jetzt gestellt, also ist es egal, wie lange es her ist."
    "Was spielt es für eine Rolle, warum Nathalie entstanden ist? Wichtig ist einzig und allein, was sie uns bedeutet", sagt er.
    "Sag das nicht mir. Sag es ihr." Meine Stimme hat eine Lautstärke angenommen, die mich verunsichert. Nathalie ist oben in ihrem Zimmer. Was, wenn sie uns gehört hat? Ich senke den Blick. Fast schäme ich mich für meine Wut. Er kann nichts dafür. Im Grunde niemand.
    Er kommt näher. Seine Hand ist warm, als er meine Wange berührt. "Das geht vorbei. Vielleicht schneller als du denkst."
    "Warum bist du dir da so sicher?"
    "Weil ich unsere Tochter kenne."
     
    _________________
     
    Die Zeit, die man benötigt, um den Weg zum Blumengeschäft über den Park zu nehmen, ist in etwa doppelt so lang wie die der üblichen Strecke. Der Park ist namenlos und im Grunde unbesonders. Trotzdem als Kulisse für den Arbeits- oder Heimweg weit angenehmer als die gewöhnlichen Häuserwände, die sich in ihrer Farblosigkeit nur all zu gerne meiner Stimmung anpassen.
    Der Windzug vorbeifahrender Radfahrer. Irgendwo ein Lächeln. Der Dampf eines Coffee to go. Gesprächsfetzen. Vierbeinige Weltentdecker, die ihrem Herrchen oder Frauchen euphorisch die Spaziergeschwindigkeit vorgeben. Zigarettenrauch. Lesende Einzelgänger auf grün lackierten Parkbänken, unbeeindruckt vom Geschehen außerhalb ihres Buches.
    Ich atme. Nirgends fühle ich mich dem Leben näher als im Grünen.
    Wie immer fällt mir die alte Baracke hinter den Eichen auf. Vor zwanzig Jahren noch belebtes Herzstück des Viertels ist sie mittlerweile zum grauen Schandfleck der sonst so eleganten Gegend geworden. Ich frage mich wie so oft, was aus Frau Hagemann geworden ist, der Besitzerin des Blumengeschäftes im Erdgeschoss, in dem ich meine Ausbildung zur Floristin absolviert und auch danach noch viele Jahre bis zu meiner Selbstständigkeit gearbeitet habe.
    Ich erinnere mich an die Unbefangenheit, mit der ich damals das Leben angegangen bin. Die Naivität, nach der ich mich nicht selten zurücksehne. Und an Armin, den ich in meinem zweiten Lehrjahr im Blumengeschäft von Frau Hagemann kennen lernte. Er war junger Student und zwischen zwei Vorlesungen in den Laden geeilt, um Blumen für seine Mutter zu besorgen. Ihr Geburtstag. Er hatte ihn vergessen und versuchte nun, es mit einem besonders schönen Strauß wieder gut zu machen. Damals wusste ich noch nicht, dass er mich bereits seit Wochen durch das Schaufenster gemustert hatte und dankbar für diese glückliche Fügung war, aus der eigenen Vergesslichkeit einen Vorteil zu ziehen. Er lud mich an diesem Tag zu einem Eis ein. Ende August. Ich werde nie vergessen, wie heiß es war.
    Von dem Moment an gingen wir miteinander. Auch wenn es lange
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