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Unser sechzehntes Jahr (German Edition)

Unser sechzehntes Jahr (German Edition)

Titel: Unser sechzehntes Jahr (German Edition)
Autoren: Nancy Salchow
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der Schule und er hat MICH eingeladen! Morgen, 17.00 Uhr. Klar, es ist nur ne Bandprobe, aber wenn er erstmal gemerkt hat, wie gut ich in die Band passe, ist es nur ne Frage der Zeit, bis er erkennt, dass ich das perfekte Gegenstück zu ihm bin, auf der Bühne und natürlich auch sonst . Wir werden die Schulpartys und irgendwann die ganze Welt rocken! Er an der E-Gitarre, ich am Mikro. Wenn das keine coole Kombi ist.
    Die anderen Jungs aus der Band kenne ich bisher nur vom Sehen. Ich bin sooo froh, dass ich den Aushang am schwarzen Brett gesehen habe. Sängerin für Schulband gesucht. Das schreit doch förmlich nach mir!
    Mama und Papa habe ich bisher nichts erzählt. Sie würden mir nur wieder mit ihrem "Lern lieber für die Schule" kommen, aber sie haben keine Ahnung, worauf es wirklich im Leben ankommt. Wozu brauch ich irgendwelche bescheuerten Zahlen und chemischen Formeln, wenn ich erstmal die Bühnen dieser Welt erobert habe?
    Zur ersten Bandprobe gehe ich heimlich. Ich werde sagen, dass ich bei Kerstin bin. Das kaufen sie mir schon ab. Darf nur nicht vergessen, Kerstin vorher einzuweihen.
    Oh man, das wird so hammermäßig! Ich kann es immer noch nicht glauben. Fiona Klewe, der neue Stern am Rockhimmel. Ich muss mir nur noch nen anderen Namen zulegen, Klewe klingt so 08/15. Und Fiona irgendwie auch. Was zieh ich bloß zur ersten Probe an? Es gibt noch so viel zu tun. Aber das Wichtigste: Ich sehe Theo!!! Das ist alles so aufregend!
     
    Fiona
     
    _________________
     
    Der Strand ist wie leergefegt. Ein unbarmherziger Wind trägt Fremdkörper wie fallen gelassenes Kaugummipapier und Papiertaschentücher über den Sand, um sie einige Meter weiter wieder abzulegen. Nur hier und da das Gesicht eines drahtigen Einzelgängers oder eines robustes Rentnerpärchens, das den eigenwilligen Charakter eines Herbstspaziergangs zu schätzen weiß.
    "Warum ist Papa nicht mitgekommen?" Sie hat die Hände tief in den Manteltaschen vergraben. Das dunkle Haar flattert ihr unbändig in die Stirn.
    "Du weißt, dass er zum Arbeiten seine Ruhe braucht, Nathalie. Gönn ihm die Zeit. Wir waren den ganzen Tag  über zusammen. Und außerdem ist ein Strandspaziergang unter Frauen doch auch nicht zu verachten, oder?"
    Sie streicht sich eine Strähne aus dem Gesicht. "Kann schon sein. Ich frage mich nur, warum er ausgerechnet heute arbeiten muss."
    "Ich habe ihn zu diesem Urlaub nur unter der Bedingung überreden können, dass ich ihn wenigstens abends an seinen Artikeln schreiben lasse."
    "Aber es ist mein Geburtstag."
    "Wenn wir zurückkommen, werden wir zu Abend essen. Du, Papa und ich. Bis dahin ist sein Artikel sicher fertig."
    Sie zuckt mit den Schultern. Eine für sie typische Geste, wenn sie nicht einverstanden ist, aber es ihr an Argumenten mangelt.
    Ich bemühe mich, sie so unauffällig wie möglich zu betrachten, während wir nebeneinander durch den Sand stapfen. Die kindlichen Züge in ihrem Gesicht scheinen mehr und mehr den weiblichen zu weichen. Sie hat Armins Nase, seine Augen und seinen Mund, trotzdem ist ihr Gesicht durch und durch feminin.
    Von mir hat sie die Ungeduld und die Begeisterungsfähigkeit. In stillen Momenten erwische ich mich bei der Frage, wie die Charaktereigenschaften einer Mutter auf ihre Tochter abfärben können, wenn diese Eigenschaften das letzte Mal lange vor ihrer Geburt zum Vorschein gekommen sind. Die Fähigkeit, mich zu begeistern, mich aufrichtig und unbeschwert zu freuen, habe ich Nathalie nie wirklich vorleben können. Sie kennt mich fürsorglich, diplomatisch, an guten Tagen vielleicht sogar zufrieden. Aber das volle Ausmaß meiner Begeisterungsfähigkeit hat sie niemals kennen gelernt. Umso dankbarer bin ich, dass diese Gene scheinbar von ganz allein den Weg zu ihr gefunden haben.
    "Hat er dir denn bisher gefallen, dein Ehrentag?", frage ich.
    "Die Shoppingtour war toll. Und die neuen Schuhe sind super." Stolz streckt sie einen Fuß in die Luft, um ihre neueste Errungenschaft zu bewundern.
    "Ich glaube, ein weiteres Schuhpaar und die Verkäuferin hätte uns hochkant rausgeschmissen", sage ich.
    Nathalie kichert albern. "Ja, das war klasse. Ich werde ihren Blick nach dem bestimmt zwanzigsten Anprobieren nicht vergessen."
    Ein paar Meter vor uns spielt ein Mann mit zwei kleinen Mädchen Fangen. Eine junge Frau sieht ihnen lachend dabei zu. Offensichtlich eine junge Familie. Nathalie bleibt stehen, als sie sie entdeckt.
    "Ist alles in Ordnung?" Ich verlangsame meine Schritte.
    Sie schweigt.
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