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Unser sechzehntes Jahr (German Edition)

Unser sechzehntes Jahr (German Edition)

Titel: Unser sechzehntes Jahr (German Edition)
Autoren: Nancy Salchow
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leuchtende Braun ihrer Haare ist auffallend, während ich meines seit dem 35. Lebensjahr nur noch künstlich erzeuge.
    "Er hat eben was von Grafiken gesagt", murmelt Armin.
    "Wirklich? Habe ich gar nicht mitbekommen."
    "Ich glaube, Nathalies Name ist nicht gefallen."
    Mein Blick wandert zurück zu Nathalie. Ihre Aufregung ist unübersehbar. Ich möchte zu ihr gehen, ihre Hand nehmen und damit ihre Nervosität. Nur eine Fantasie. Eine Idee, die in ihrer Peinlichkeit nicht zu überbieten wäre. Sie ist Fünfzehn. Fast eine kleine Erwachsene. Sie braucht keine Hand, nach der sie greifen kann. Nicht heute.
     
    "Wir sind so stolz auf dich, Nathalie." Armin drückt ihr einen Kuss aufs Haar. "Du hast einen wichtigen Teil zu einem großen Projekt beigetragen."
    Sie scheint glücklich über das Ende der Präsentation. Erleichtert, der Position vor versammeltem Publikum entkommen zu sein.
    "Danke, Papa." Ihr Lächeln ist aufrichtig.
    Sie so unbefangen in seinem Arm zu sehen , hat etwas Merkwürdiges. Die Distanz mir gegenüber scheint im selben Verhältnis zu wachsen wie die Zutraulichkeit zu ihrem Vater.
    "Die Website ist super geworden", sage ich.
    "Ja", antwortet sie beiläufig, während ihr Blick auf ein hageres blondes Mädchen fällt, das auf uns zukommt. Jenny. Nathalies beste Freundin.
    Nathalie löst sich aus Armins Umarmung und fällt ihrer Freundin um den Hals. "Oh Gott, das war so krass, Jenny. Wir mussten ne halbe Ewigkeit da vorne stehen. Ich bin froh, dass es vorbei ist."
    Die beiden kichern vertraut.
    Ich schaue zu Armin. Seine Gedanken sind längst wieder im Büro. Er schaut auf die Uhr, dann zu mir. Er muss los. Er muss immer los.
    "Nathalie, bitte sei mir nicht böse, aber ich konnte mich nur für eine Stunde vom Büro freimachen."
    Sie nickt. "Klar, Papa. Super, dass du da warst."
    Ein flüchtiger Kuss. Lachen. Ihr Papa. Frei von jedem Makel. Frei von jeder Schuld. Ich freue mich über das Band zwischen ihnen und doch fühle ich mich beinahe aussätzig. Teenager haben ihre eigenen Gesetze, rede ich mir ein. Es gibt immer ein Elternteil, zu dem sie eine engere Bindung haben.
    "Mama!" Ihre Stimme erhebt sich.
    "Ja?"
    "Darf ich nun oder nicht?"
    "Was darfst du?" Ich bin irritiert.
    "Na, bei Jenny schlafen."
    "Ähm..."
    "Ihr habt gesagt, dass ich nach dem Projekt noch mit zu ihr kann."
    Ich schaue mich um. Armin ist schon weg. Wieder eine Entscheidung, die ich alleine treffen muss.
    "Hast du denn keine Hausaufgaben?", frage ich.
    "Nur Deutsch. Das mach ich mit Jenny zusammen. So wie immer."
    "Und deine Sachen? Hast du denn überhaupt was zum Übernachten dabei? Deine Zahnbürste?"
    Sie unterdrückt ein Augenrollen. "Mama, bitte. Ich bin kein kleines Kind mehr."
    Unsere Blicke treffen sich. Nein. Kein kleines Kind. Aber meine Tochter.
    "Also, darf ich nun?"
    Noch immer fällt es mir schwer, sie in anderen vier Wänden zu wissen als den eigenen . Doch die Hoffnung, auf diese Weise wieder Pluspunkte bei ihr zu sammeln, ist größer als meine Sorge.
    Ich lächle. "Meinetwegen. Ich gebe mich geschlagen."
    "Cool", sagt Nathalie. Zu Jenny. Nicht zu mir.
     
    _________________
     
    26. August 1994
     
    Liebes Tagebuch,
    ich habe mit Papa gesprochen. Endlich habe ich mich getraut. Es war nervig, aber nicht so schlimm, wie ich gedacht hätte. Er wollte wissen, was das denn für eine Band sei. Von Theo hab ich natürlich nichts erzählt. Also, von Theo und mir. Geht ja auch keinen was an. Mama und Papa würden durchdrehen, wenn sie wüssten, dass wir uns geküsst haben. Aber zurück zum Thema: Die Band. Besser gesagt, der Gesangsunterricht. Papa hat gesagt, er muss erst mit Mama reden (war ja klar!), aber er hatte anscheinend Verständnis dafür, dass ich das mit dem Singen ernsthaft durchziehen will. Habe dann so von Schulveranstaltungen geredet, wo wir auftreten würden. Fand er gar nicht schlecht. Aber dann kam natürlich dieselbe alte Leier mit der Schule. Nur unter der Voraussetzung, dass deine Noten nicht schlechter werden. Bla bla... Ich hab natürlich versprochen, dass ich mich weiter voll reinhänge für die Schule, dass meine Zensuren sogar besser werden und sie stolz auf mich sein werden. Dann hat er gegrinst. Ich glaube, ich konnte ihn echt überzeugen! Mal sehen, wann er nun mit Mama spricht. Hauptsache, sie macht mir nicht wieder nen Strich durch die Rechnung. Manchmal hab ich das Gefühl, sie will nur den Boss raushängen lassen und sagt einfach von Prinzip her schon gegen alles Nein. Zumindest gegen
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