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Unser Leben mit George

Unser Leben mit George

Titel: Unser Leben mit George
Autoren: Judith Summers
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zu
hysterisch zu klingen. »Und diese Krätze, äh, können Menschen die auch
bekommen?«
    »O ja, sie ist sehr ansteckend.
Kopfflechte übrigens auch.«
    »Aha.«
    »Die Ansteckung erfolgt besonders durch
direkten Hautkontakt, zum Beispiel wenn Sie den Hund streicheln oder mit ihm
schmusen. Jede Berührung eigentlich.«
    Da George im Sprechzimmer auf dem
Untersuchungstisch saß, berührte ich ihn auch gerade. Was noch schlimmer war, ich
konnte ihn nicht loslassen. Hätte ich es getan, wäre er vom Tisch gesprungen,
und wenn es das Schicksal gewollt hätte, hätte er sich womöglich alle vier
Beine dabei gebrochen.
    »Man kann sich aber auch auf indirektem
Wege anstecken«, fuhr John ungerührt fort. »Zum Beispiel am Bettzeug, an
Polstermöbeln und Teppichen, solche Sachen. Aber vermutlich darf George wohl
nicht auf Sessel und Sofas?«
    Ich nickte. Mir war übel. In meiner
Vorstellung wuchs der Fußpilz mir schon aus den Ohren, und die Krätzmilben wühlten
sich durch meinen Kopf. Ich stellte mir vor, wie mir das Haar bei der nächsten
Wäsche büschelweise ausfallen würde. Plötzlich juckte es mich am ganzen Körper.
Ich hatte Krätze! Bald würde ich kahl und von Grind bedeckt sein und müsste mit
einer Glocke in der Hand in Hampstead herumlaufen und rufen: »Unrein! Unrein!«
    »Andererseits könnten auch alle diese
Hautprobleme durch eine Nahrungsmittelallergie ausgelöst sein«, fuhr John fort.
»Oder durch eine Hausstauballergie. Oder sonst eine Allergie, wie zum Beispiel
Pollen. Am besten teste ich George auch gleich dagegen. Was die Pusteln auf
seinem Bauch anbetrifft...« Er nahm ein Stück Heftpflaster, drückte es darauf
und zog es wieder ab. »Die sehe ich mir mal unter dem Mikroskop an.
Wahrscheinlich wimmelt es hier von Bakterien!«, sagte er genießerisch.
    »Hmm... Wie lange wird es dauern, bis
wir wissen, was George fehlt?«
    »Kopfflechte, nicht so lange. Krätze — na
ja, der Test braucht ein paar Wochen. Manchmal sogar Monate. Leider kann man
das nicht beschleunigen.«
    »Was soll ich denn bis dahin machen?«,
jammerte ich.
    Er sah mich an, als sei ich verrückt
geworden. »Sie machen natürlich weiter wie bisher. Außerdem sollten sie George
mit einem pilztötenden Shampoo baden. Massieren Sie es gut ein, lassen Sie es
zehn Minuten drauf, dann spülen Sie es ab. Keine Sorge, Sie brauchen es nicht
jeden Tag zu machen. Dreimal in der Woche genügt.«
    Armer George! Die Ergebnisse kamen erst
kurz vor Weihnachten, und bis dahin war er gesellschaftlich ein Ausgestoßener.
Statt von jedem Besucher geknuddelt zu werden, wollte niemand ihm mehr zu nahe
kommen, selbst Joshua und ich nicht. Doch es stellte sich heraus, dass sein
Hautproblem weder Kopfflechte noch Krätze war, auch war er gegen nichts
allergisch außer gegen sich selbst. Er litt unter einer Autoimmunkrankheit, die
Anfang 2006 erfolgreich behandelt wurde: mit teuren Antibiotika,
entzündungshemmenden Medikamenten und einem speziellen immuntherapeutischen
Impfstoff, der aus seinen eigenen Antikörpern gemacht wurde und wiederum mehrere
hundert Pfund kostete. Gott segne die Haustier-Krankenversicherung, die das
meiste davon übernahm!
    Aber das war immer noch nicht das Ende
von Georges gesundheitlichen Problemen. Im Juli 2006 drang ein spitzer
Grassamen in sein Ohr ein und wanderte tief in seinen Gehörgang. Ich merkte es,
weil er vor Schmerzen ununterbrochen den Kopf schüttelte und am Ohr kratzte,
bis es blutete. Die Tierärztin versuchte, den Samen mit einer Pinzette
herauszufischen, aber George hielt nicht still. Schließlich musste sie dem
armen Kerl eine Vollnarkose geben, um ihn davon zu befreien.
    Vierzehn Tage später fuhren Joshua und
ich mit George in die Ferien nach Cornwall, zusammen mit unseren Freunden, den
Alwyns, und ihrem Jack-Russell-Terrier, Molly. Gleich am ersten Tag kletterten
wir alle sechs zusammen mit den Hunden über die Felsen, um in einer
idyllischen, aber ziemlich abgelegenen Bucht ein Picknick zu machen. Wir hatten
kaum alles ausgebreitet, als wir ein schmerzhaftes Jaulen hörten: George hatte
einen geköderten Angelhaken am Strand gefunden und hineingebissen. Der Haken
ragte aus seinem Maul wie der Lippenring eines Punkers. Doch dem Lärm nach zu
urteilen, hielt George nicht viel vom Piercing.
    Am Strand war ein Mann, der versuchte,
den Haken mit einem Vielzweckmesser (aus dem Innovations- Katalog, wie
sich herausstellte) zu entfernen. Aber der Widerhaken steckte zu tief in
Georges Lefze, und er traute sich
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