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Unser Leben mit George

Unser Leben mit George

Titel: Unser Leben mit George
Autoren: Judith Summers
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die
Mitralklappe sein«, sagte Maddy.
    Ich nickte. Von der gefürchteten
Mitralklappeninsuffizienz hatte ich bereits gehört, wusste aber wenig darüber.
Maddy erklärte es mir nun so schonend wie möglich. Es war eine ernste,
degenerative und lebensverkürzende Krankheit der Mitralklappe im Herzen, einem
Ventil mit zwei Flügeln, die wie eine Einwegtür dafür sorgen, dass das Blut nur
in einer Richtung durch das Herz fließt. Wenn das Blut aus der linken Vorkammer
in die linke Herzkammer fließt, sorgt die Mitralklappe dafür, dass es nicht
wieder zurückfließen kann. Bei einer Insuffizienz dieser Klappe verliert das
Ventil allmählich seine Elastizität und schließt nicht mehr richtig. Die Folge
ist, dass das Blut wieder in die Vorkammer zurückfließt, was dieses abnormale
Geräusch verursacht, das sie durch ihr Stethoskop gehört hatte. Wenn die
Krankheit sich verschlimmert, erweitern sich beide Kammern, was sich wiederum
auf die Lunge auswirkt. Wenn die Krankheit schlimm verläuft, versagt die
Mitralklappe schließlich ihren Dienst ganz, was zum Herzstillstand führt. Und
damit zum Tode.
    Menschen können daran auch erkranken,
ebenso wie alle Hunde. Die Krankheit trat jedoch bei Cavalier King Charles
Spaniels ganze einundzwanzigmal häufiger auf als bei jeder anderen Rasse. Über
fünfzig Prozent aller Cavaliere mit über fünf Jahren waren davon betroffen, und
praktisch jeder Cavalier, der mehr als zehn Jahre alt war. Wahrscheinlich war
es ein Ergebnis der aristokratischen Inzucht.
    Es gab also keinen Ausweg. In der
Vergangenheit hatte ich mich immer glücklich geschätzt, dass Georges Herz
gesund war. Jetzt war auch das vorbei. Das Blut rauschte in seinem Herzen hin
und her wie der Rückstau in einem Abflussrohr. Auf einer Gefahrenskala von eins
bis sechs, sagte Maddy, würde sie Georges Zustand etwa bei drei einordnen.
Vielleicht war es bisher einfach nicht bemerkt worden, meinte sie. Das sei
unmöglich, wandte ich ein. Ihre Vorgänger in der Praxis hatten Georges Herz im
Laufe der letzten acht Jahre unzählige Male abgehört und waren immer
beeindruckt gewesen, weil keine abnormalen Geräusche zu hören waren. Also
musste das neu sein. Hatte ich bemerkt, fragte sie, dass George in letzter Zeit
körperlich weniger aktiv sei, denn das sei ein weiteres Anzeichen für eine sich
langsam entwickelnde Erkrankung der Mitralklappe. Körperlich weniger aktiv? Ich musste schallend lachen. Schlafen war seit jeher Georges
Lieblingsbeschäftigung.
    Draußen auf dem Parkplatz öffnete ich
die hintere Autotür. »Auf den Rücksitz, George!«, sagte ich. George sprang
hinein und setzte sich gehorsam auf seinen Platz. Aber kaum saß ich am Lenkrad,
da hatte er sich auch schon zwischen den Sitzen nach vorn hindurchgequetscht,
war über die Handbremse geklettert und saß neben mir auf dem Beifahrersitz, wie
gewöhnlich. Er war glücklich, Auto zu fahren, vier Räder statt vier Beine waren
schon immer die liebste Form der Fortbewegung für ihn gewesen. Wir fuhren heim,
wie wir es seit mehr als acht Jahren taten, wobei er aufrecht neben mir saß,
die schwarze Nase hoch erhoben, so dass er durch die Scheibe sehen konnte,
damit ihm bloß nichts entging. Verstohlen sah ich ihn an, und als ich an der
Ampel anhalten musste, streckte ich die Hand aus und kraulte sein rechtes Ohr.
George sah mich an und tat einen tiefen, zufriedenen Seufzer. Plötzlich hatte
ich einen Kloß im Hals, und sosehr ich mich auch bemühte, ich konnte ihn nicht
herunterschlucken.
    Als wir zu Hause waren, ging ich sofort
in mein Arbeitszimmer, George auf den Fersen. Ich setzte mich an den Computer,
und sowie er eingeschlafen war, googelte ich die Begriffe Mitralklappe und Krankheit und Cavalier. Was ich fand, war äußerst
deprimierend. Das späte Auftreten einer Mitralklappeninsuffizienz bei Cavalier
King Charles Spaniels bedeutete meist einen schnelleren Krankheitsverlauf über
die folgenden zwei Jahre. Außer einer Vergrößerung des Herzens musste man mit
Symptomen wie Atemnot, Hecheln nach Anstrengung und gelegentlicher Schwäche der
Hinterbeine rechnen. Es könne zu einem Rückstau in der Lunge und daraus
resultierendem Ödem kommen, weitere Krankheitsmerkmale seien eine
Beeinträchtigung der Nieren- und Leberfunktion sowie ›Ohnmachten‹, was
reichlich viktorianisch klang.
    Ach ja, und Gewichtsverlust. Aber in
dieser Beziehung bestand bei George noch keine Gefahr.
    Als ich in dem Artikel an dem Punkt
angekommen war, wo es hieß, die Krankheit führe
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